Bistecca bei Mario

In Florenz (15)

Trattoria Mario

Wie heißt eigentlich das Gegenteil von „Geheimtipp“? Bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund (obwohl: ich habe noch nie einen gesehen!)? Wie auch immer: die Trattoria Mario ist so eine Adresse, die munter überall weiter gereicht wird. Und womit? Mit Recht! Denn trotz der Menschenmengen, die hier jeden Mittag (außer sonntags oder im August) hineinströmen, und trotz der zahlreichen Artikel in allen möglichen und unmöglichen Publikationen weltweit: Der Laden ist klasse!

Die 1953 gegründete Trattoria liegt in Sichtweite zum Mercato Centrale, dem größten Markt von Florenz. Der hat täglich (außer sonntags) von sieben Uhr morgens bis zwei Uhr geöffnet – und wo geht man dann mittags hin? Genau: zu Mario. Das heißt, eigentlich geht man ja heute zum Romeo, denn der Sohn vom 1980 verstorbenen Mario (der bei der Gründung selbst noch als Sohn seiner Eltern mitmachte) steht heute in der Küche.

Die Küche ist das, was man heute eine Showküche nennen würde: Ein einsehbarer Glaskasten, in dem eine Reihe singender, pfeifender, scherzender und durchweg wuselig flink arbeitender Köche ihr Handwerk verrichten. Bei Mario ist das allerdings kein neumodischer Kram, sondern schon seit irgendwann in den 70er Jahren so. Entlang der Küche sind die Tische aufgestellt – mit Hockern nach Melkschemel-Art. Warum das? Ganz einfach: Es ist so eng gestellt und so voll, dass für Stühle kein Platz wäre! Nicht vom Bild verwirren lassen – das ist um halb vier aufgenommen, als eigentlich schon geschlossen war. Vorher bin ich nicht an die Kamera gekommen, die unterm Tisch lag. Es war zu eng…

Natürlich saßen wir nicht allein am Tisch, sondern zusammen mit einem italienischen Paar, das mit uns in der Traube vor der Tür stand. Leider reichten unser Italienischkenntnisse nicht für eine gediegene Unterhaltung – aber nett war es auch mit Minimalkonversation. Um noch einmal auf die Enge und die Hocker zurück zu kommen: Wenn man drin sitzt, ist das egal – der Rücken des (oder der) hinter einem Sitzenden ist sowas wie eine Lehne, passt also!

Wir wollten eigentlich nur eine Kleinigkeit zu uns nehmen, weil am Abend schon ein Tisch in derTrattoria dei 13 Gobbi reserviert war. Aber dann sahen wir, wie am Nebentisch vier Geschäftsleute Bistecca alla Fiorentina serviert bekamen, und da wurden wir schwach und orderten es auch. Das war ein gewagtes Unterfangen, denn am Abend sollte es ebenfalls das Bistecca geben – unser Scout Clau hatte die Location extra deswegen ausgesucht. Andererseits ist ein Vergleich ja nie schlecht.

Das Besondere an dem florentinischen T-Bone-Steak ist die Herkunft: Wenn es echt ist, stammt es von einem Chianini-Rind. Das ist eine alte Rasse, die weißen Tiere wurden schon von den Etruskern und den ollen Römern bevorzugt. Heutige Gourmets wissen die Würze des Fleischs zu schätzen, das 50 Prozent mehr Proteine als Fleisch anderer Rinderrassen – und etwa ein Drittel weniger Kalorien. Dann ist ja gut, denn wenn wir zweimal ein Drittel einsparen, ist das doch ein Schnäppchen!

Wir ordern also eins für Zwei und bekommen ein ordentliches Stück Fleisch im Rohzustand gezeigt. Bene! Wenige Minuten später sehen wir es wieder: Drei bis vier Minuten auf der einen und ebenso kurz auf der anderen Seite war es dem Grill ausgesetzt und ist immer noch gehörig groß und innen nahezu roh. So muss das sein, anders geht es gar nicht: „La Bistecca alla Fiorentina is only served rare“ steht für die Touris unmissverständlich auf einem Schild – und nur wenn der (männliche) Service auf eine arg niedliche Asiatin trifft, die das so nicht mag, kommt ein Stück Fleisch vielleicht noch einmal nach heftigem Flirteinsatz auf den Grill.

Da liegt der Batzen nun also vor uns – ein Kilo schwer und vorsichtshalber mit nichts anderem als einem Glas Rotwein und etwas Brot bestellt. Aber was soll ich sagen: Es lässt sich bewältigen! Und schmeckt grandios! Es ist das Fleisch an sich, denn außer Salz und vielleicht etwas Olivenöl kommt da nichts ran. Zart, würzig – und im Zusammenspiel vom röstigen Äußeren und nahezu rohen Inneren ein formidabler Genuss, der die 35 Euro pro Kilo sicher wert war.

Der Rest des Angebots ist übrigens deutlich günstiger: Eine reichhaltige, sehr gut aussehende und herüber riechende Ribollita kostet 4,50 Euro, Roast Beef 7,50 Euro. Wie Romeo eine Ribollita macht, kann man übrigens nachlesen.

Trattoria Mario
Via Rosina 2r
Ecke Piazza del Mercato Centrale
50123 Florenz

Tel. 055 – 218550
www.trattoriamario.com

geöffnet täglich außer sonntags 12 bis 15.30 Uhr

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