Vyšehrad

Prager Palaver (11)

Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht. Es dauert etwas, bis die Fotos wieder hier erschienen – sorry.

Pfeil

Prag hat eine Burg, na klar. Aber eigentlich hat die Stadt zwei Burgen: Die jeweils andere kann man (kein Nebel vorausgesetzt) ganz gut am anderen Moldauufer sehen. Der Vyšehrad wurde bereits im 10. Jahrhundert gegründet – was ja eigentlich schon alt genug ist. Die Legende jedoch hätte es gern noch älter: Der Fels rechts der Moldau sei Sitz der sagenhaften Fürstin Libussa (Libuše) gewesen, heißt es. Stimmt aber nicht, meinen die Archäologen und verderben mit Wissenschaft den Spaß – egal.

HandschuhAuch wenn es nicht stimmt – es macht sich doch gut zu hören, dass hier die Wahrsagerin Libussa vor mehr als tausend Jahren gestanden haben und die Gründung von Prag vorausgesagt haben soll! Ein klassischer Ort ist die „hohe Burg“ aber auch ohne Legendenzauber: Die Přemysliden, das böhmische Herrschergeschlecht, hatten hier in der Tat zeitweise ihren Sitz, und Karl IV befand den Ort für so wichtig, dass er festlegte: Wer König werden will, muss seinen Krönungsweg zur Burg auf dem Hradschin auf dem Vyšehrad beginnen – zu Fuß und in vollem Ornat, versteht sich.

Nusle-BrückeWir kamen mit der U-Bahn. Die Station am Kongresszentrum liegt oberirdisch – und wenn man rauskommt, merkt man: Die U-Bahn war kurz vorher schon hoch in der Luft, denn sie befährt einen Hohlkasten unterhalb der Brücke (Nuselsky most). Eine interessante Konstruktion, über die – wer will – Details nachlesen kann. Zum Vyšehrad sind es einige Minuten trostlosen Fußwegs, da muss man durch – so wie dann auch durch die beiden Tore, die in die Burg führen. Aber die sind schon gar nicht mehr trostlos!

LeopoldtorTor Nummer eins ist das Tábor-Tor. Es wurde, entnehme ich der Wikipedia, um 1655 im Frühbarock an der äußeren barocken Befestigung errichtet. Dahinter lag die mittelalterliche Vorburg. Für Fotografen etwas mehr her macht das Leopold-Tor, 1678 im Stil norditalienischer Festungsarchitektur gebaut. Früher gab es hier einmal eine Zugbrücke, aber sie wurde 1842 durch eine Straße ersetzt, wohl weil die Burg da schon längst nicht mehr vor Feinden zu verteidigen war. Und die Touristen lässt man ja so rein…

Maria auf den Schanzen…und nach dem Leopold-Tor ist man dann auch drin. Im Vergleich zur Burg am anderen Ufer ist es hier sehr ruhig und beschaulich, es gibt Kleinode am Wegesrand wie die St.-Martins-Rotunde, die Kapelle der Jungfrau Maria an den Schanzen oder das vor 1685 errichtete Marterl – eine Pestsäule aus Sandstein, bei der das Mosaik mit den Heiligenbildern aber erst viel später hinzukamen (Anfang des 20. Jahrhunderts). Aber besonders schön ist eigentlich die Weite des Areals, verbunden mit den wenigen Besuchern: da lässt es sich schön Bummeln!

KirchtorImmer wieder sieht man natürlich schon, was dann früher oder später Höhepunkt des Besuches sein wird: Die St.-Peter-und-Paul-Kirche, deren Anfänge im 11. Jahrhundert zu finden sind. Aber was man heute sieht, ist deutlich jüngeren Datums: Josef Mocker, der es gerne neogotisch hatte und dafür auch mal gerne die vorherige Form vergaß, hat die Kirche 1885–1887 umgestaltet, die dominierende Doppelturmfassade wurde sogar erst 1902–1903 angefügt. Auch der Fassadenschmuck und die Innenausstattung stammen fast ausschließlich aus dieser Zeit. Das Hauptportal und die Tür hatten es uns besonders angetan – drinnen war zuerst wieder geschlossen (wir kommen gerne zur Mittagszeit an!) und später fanden wir es nicht so spektakulär – was aber auch an uns gelegen haben kann.

FriedhofsarkadenLange Zeit verbrachten wir hingegen auf dem Friedhof vor der Kirche. Der ist nämlich kein gewöhnlicher Pfarrfriedhof. sondern eine nationale Begräbnisstätte. Wer Friedhöfe mag, wird diesen lieben, und immer mal wieder bekannte Namen zu finden, ist eine willkommene Abwechslung. Besonders unter den Friedhofsarkaden, die prächtig ausgestattet sind, wird man fündig – und natürlich ist der Slavin als gemeinsame Ehrengruft verdienter Persönlichkeiten des tschechischen Volkes ein Ort, tschechische Geschichte Revue passieren zu lassen. Ein Tipp: Am Eingang zwischen den rechten und linken Arkaden ist draußen ein Schild mit den Orten einiger sehenswerter Gräber – wer gezielt etwas suchen will, kann es natürlich auch im Internet.

GlühweinDen Abschluss des Spaziergang bildete  (wer hätte anderes erwartet?) ein Kurzbesuch in einer Gaststätte. Ausnahmsweise mal nicht zum Essen, sondern nur auf einen Glühwein, waren wir im Rio’s Vyšehrad. Damit ist nichts gegen das Essen gesagt – Irene hatte uns das Rio’s als Feinschmecker-Restaurant empfohlen. Aber wir wollten uns ja nur kurz aufwärmen. Der Glühwein war lustig: Ein Glas a la minute warm gemachter Rotwein (im Wasserkocher) mit einer Orangenscheibe, dazu eine Stange Zimt, Zucker, ein Zitronenschnitz und ein Päckchen Honig. Aber was soll ich sagen: Hat geschmeckt!

Der Spaziergang ist auf der rote Weg auf der Prag-Karte – und er geht, wie man sieht, noch weiter 😉

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*