Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht.
Wir sind dabei, die Fotos neu einzubinden, aber das kann etwas dauern – sorry.
An die drolligen Trullis mit ihrer lustigen Zipfelmützenoptik hatten wir uns in der Landschaft des Itria-Tals und dessen Ausläufern ja schon gewöhnt. Nun also auf nach Alberobello, wo die Trullis sich zur Stadt zusammengefunden haben.
Da stellt man sich natürlich die Frage: Was machen die eher schlichten Häuser, die ohne Mörtel nur durch geschicktes Steinauflegen gebaut werden, in der Stadt? Sie passen prima in die Olivenhaine, sie bezaubern am Horizont von Wiesen mit roter Mohnblumenpracht und wogendem Getreide. Aber in der Stadt, mit Nachbarn links und rechts?
Die Erklärung ist einfach und hat (wenn sie nicht nur gut erfunden, sondern wirklich wahr ist) einen Hauch von symphatischer Schlitzohrigkeit. Graf Giangirolamo II. Acquaviva d’Aragona fand nämlich eine Lücke in der Steuergesetzgebung und nutzte sie aus. Besteuert wurde der Grundbesitz seinerzeit nach der Zahl der dort stehenden Häuser – und Trullis waren doch nichts anderes als Steinhaufen, oder? Also zumindest wenn Inspektoren und Steuereintreiber kamen, waren sie das tatsächlich: Die losen Steine ließen sich (relativ) schnell tatsächlich zu Steinhaufen zusammenbrechen – und wenn die Herrschaften dann fort waren, wieder zum Trullo aufbauen.
Wann das war? Unsere Reiseliteratur (Michael Machatschek, Apulien, Michael Müller Verlag) und die Wikipedia behaupten: Im 17. Jahrhundert. Im Fernsehen wissen sie es besser und behaupten, Ende des 15. Jahrhunderts, wissen es im Filmtext sogar ganz genau: „Er siedelte 1481 Bauern auf seinen Gütern im Itria-Tal und ließ die Trulli-Stadt Alberobello errichten.“ Ist ja auch egal, es ist lange her. Heute gibt es in Alberobello Trullis en masse – 1.430 in den beiden Vierteln Monti und Aia Piccola. Monti hat das größere touristische Potential – will heißen: Da wohnt kaum noch jemand Normales, weil Kneipen und Souvenirläden mehr Rendite bringen. Gegenüber ist es ohne Schnulli in den Trulli schöner. Erstens kann man da auf Hunderte von Zipfelmützen sehen, zweitens stören einen kaum (andere) Touris.
Ihren Reiz aber haben beide Viertel. Der Vorteil der touristischen Anbieter ist, dass sie die Leute in die Läden locken – man kann also in die Trulli gehen und manchmal lohnende Ausblicke von den Terrassen erheischen. Es gibt immer mal wieder Sensationelles – behaupten jedenfalls die Schilder an solchen Häusern. Nicht sensationell, aber sehenswert: Die Kirche San Antonio, die 1927 gebaut wurde und in 20 Metern Höhe – Trullidächer simuliert. Einerseits passt das zu Monti, andererseits ist ein Trullo nicht wirklich 20 Meter hoch, so dass diese Kirche auch gut in Disneyland stehen könnte, wo man auch nicht alles so ernst nehmen sollte.
Schon zweistöckige Trulli sind ja eine Sensation – normalerweise breiteten sich die Häuser nämlich eindimensional aus: Wurde es zu eng, baute man ein Trullo neben das vorhandene und verband sie miteinander. Auf diese Weise entstanden die Trulli-Drubbel, die man immer wieder sieht. So richtig in die Höhe geht des Trullo Sovrano, der mit zwölf der konischen Kuppeln bis zu 14 Metern hoch ist – und irgendwie gar nicht romantisch (und eigentlich auch nicht mal imposant) aussieht.
Das Haus steht auf der anderen Seite von Alberobello neben der Kirche Santi Medici Cosma e Damiano, der Wallfahrtskirche der Medici. Die ist ehrlicherweise nicht als Trullo getarnt, sondern empfängt den bergan steigenden Besucher mit einer neoklassizistischen Fassade aus dem Jahr 1885. Die Kirche selbst ist älter: Seit 1635 wurde an ihr gebaut, und Spuren der Renaissance entdeckt man vor allem in ihrem Innern. An den beiden Türmen gibt es eine Sonnenuhr und eine analoge normale Uhr, die sehr unterschiedliche Zeiten anzeigen – man kann hier sozusagen auch pünktlich kommen, wenn man zu spät ist.
Auf dem Weg dahin kommt man durch eher ursprüngliches Trullligebiet. Keine Häkelwarengeschäfte, kein Touristennepp – wunderbar. Das Museo del Territorio klärt viele Fragen rund um die Trulli. Es besteht aus etwa 20 Trulli, in denen man auch erfährt, was die großen weißen Zeichen auf den Schindeln der Dächer bedeuten, und wie vielfältig die Abschlusssteine der Dächer, die Pinnacoli, gestaltet sind.
Die Trulli von Alberobello gehören seit 1996 zum UNESCO Welterbe – und auch wenn sie kommerzialisiert werden, kommt dort kein Mensch auf die Idee, das Gesamtbild durch irgendwelche Baumaßnahmen zu zerstören. So dumm sind nämlich nur die Dresdner, die kräftig weiter an ihrer Waldschlösschenbrücke bauen und damit riskieren, den Titel zu verlieren und in die Welterbe-Geschichte einzugehen als Ignoranten und Arroganten. Aber das ist eine andere Geschichte…
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