Immer im Februar lädt das Gasthaus zur Post in Ladbergen zu einem Weinabend ein – meist ist es ein Winzer, der seine Weine vorstellt und den Chefkoch inspiriert, dazu Passendes zu kochen. Dieses Mal waren es gleich sechs Betriebe, die ihre besten Weine aufgefahren hatten – ausgewählt vom Gasthaus-Team in einem nicht leichten Prozess, über den wir schon vor einiger Zeit berichtet hatten. (Und damit das gleich am Anfang einmal geschrieben ist: Ich war dabei, weil ich für das Gasthaus arbeite – PR und Internet und so. Aber was hier steht, hat damit nichts zu tun und ist ehrliche Meinung, freiwillig und unbezahlt 😉
Die Winzer vereint ein Gedanke: Qualität. Sie sind jung – und vom VdP Pfalz ausgewählt, sich zu mausern: Wenn sie wirklich wirlich gut sind, werden sie in den VdP aufgenommen, den Verband der Prädikatsweingüter. Eine Nachwuchs-Werbe-Aktion, sozusagen – aber eine sehr angenehme. Denn die Winzer machen feinen Wein! Und sie helfen der Pfalz, einen manchmal arg ramponierten Ruf zu restaurieren. Damit man ein wenig schlauer aus dem Gasthaus heraus geht als man herein gekommen ist, gab es einen kenntnisreichen Moderator: Axel Biesler, der gelernter Winzer, Sommelier und Weinjournalist ist und somit Weintheorie und -plauderei trefflich miteinander kombinieren kann.
Sechs Gänge hatte Oliver Lisso, Chefkoch im Gasthaus zur Post Ladbergen, mit seinem Team vorbereitet: Zu jedem Gang gab es einen Wein von einem der Winzer der sechs Spitzentalente. Soweit der Plan. Und dann ging es gleich furios los: Im Glas ein 2007 Laumersheimer Kirschgarten, Sauvignon Blanc, Weingut Ernst und Mario Zelt, Laumersheim, bei dem die Nase grandios war: Fruchtig und frisch und zitronig roch es, ein Hauch von Neuer Welt kam aus der Pfalz ins Westfälische – und dazu brachte der Service, der bis kurz vor Mitternacht das Lächeln nicht verlor und immer aufmerksam und freundlich servierte, ein Carpaccio von der Jakobsmuschel mit Limonen-Crème fraîche und Friséesalat. Siehe da: Der Wein gewann, und als bekennender Jakobsmuschelfan hatte ich das gleich zum Nochmalessen nach dem Dessert vorgemerkt (es dann aber sein gelassen, aber dazu später mehr!).
Glaswechsel: 2007 Heißbühl, Grauburgunder, Weingut Jürgen Leiner, Ilbesheim. Der Herr Leiner, erzählte Axel Biesler, arbeite nach den Regeln biodynamischen Anbaus. Das ist noch ein Zacken schärfer als die Biowinzer, weil Rudolf Steiners Lehren da einfließen, es wird (wer schon mal mit Globuli seine Zipperlein kurieren wollte, versteht das) mit extremer Verdünnung gearbeitet und mit der Kraft, die beim Rühren ins Wasser eingeht. Nicht jedermanns Sache, diese Theorie um Hornmist und Hornkies (und auch der Herr Biesler klang so, als ob er nicht so recht dran glauben wollte) – aber der Wein war eine Überraschung. Und der Wein wurde zum Hammer, als der Service ein pochiertes Landei auf Blattspinat, Perigord-Trüffel und Sauce Hollandaise brachte: Die Kommentare am Tisch reichten von „sensationell!“ über „sterneverdächtig“ bis zum schlicht geseufzten „Hach!“ Hier verschmelzen Wein und Gericht zu einem unvergesslichen Geschmackserlebnis. An unserem Tisch wollten sie das alle am nächsten Morgen zum Frühstück bestellen!
Wie sollte das nur weitergehen? Gang eins ein Knaller, Gang zwei sensationell? Und dann? Dann kam das kross gebratene Doradenfilet mit Auberginenkaviar und Kerbelpesto. Dazu gab es einen 2007 Kastanienbusch Taschberg, Riesling, Weingut Siener, Birkweiler – und das war natürlich nicht zu vergleichen mit diesem schlichten Landei. Eine Gemeinheit, denn für sich genommen waren die Dorade handwerklich extrem perfekt und das Auberginenkaviar ein schöner Ausflug ins Arabische – aber es passte erstens zueinander und zweitens auch hier wieder perfekt zum Wein.
Keine große und lange Diskussion bei der Dorade, aber mit dem nächsten Gang kam Debattierlust auf: Kann man denn so mittenmang im Menü schon eine Auslese servieren? Nun, man konnte: 2007 Heiligenberg, Riesling Auslese, Weingut Dengler-Seyler, Maikammer im Glas – und wer da naschte, ohne das Essen zu haben, tendierte schnell zur Zweifler-Fraktion. Aber dann brachte der Service Rebhuhn auf Rieslingkraut, glasierte Trauben und geräucherten Speck. Und plötzlich bröckelte die Zweiflerfraktion (so ganz verschwand sie nicht!) und es ging nur noch darum, dass man vielleicht, aber auch nur vielleicht etwas kleinere Portionen ab nun goutieren mochte. Wobei getreu dem Motto „Die schärfsten Kritiker der Elche warfen früher selber welche“ die Verfechter kleinerer Portionen schon mal die Reste vom Partnerinnen-Teller nahmen und auch noch sichtlich genossen!
Ähnlich heiße Debatten entspannen sich mit Blick auf den Hauptgang (Das Beste vom Müritz-Lamm, geschmorte Gemüse, Thymianjus) bzw. dem dazu gereichten Wein: ein 2005 Syrah, Weingut Rings, Freinsheim. Rotwein aus der Pfalz? Und dann auch noch ein Syrah? Ein nicht zu lösender Glaubenskrieg, bei dem man nur sagen kann: Erstaunlich, dass in der Pfalz so etwas wächst (bzw. ausgebaut wird, denn die Kunst des Weinmachens sollte man nicht verachten). Dem stillen teilnehmenden Beobachter reichte die Notiz: Alle Gläser ausgetrunken, gerne auch noch um Nachschenken gebeten. Ein Wort noch zum Gericht: Das „Beste“ war ganz offensichtlich ein Filetstück, dann aber noch – auch sichtbar, aber längst nicht so bekannt, ein Stück Bries auf Artischocke und gut versteckt in der Tomate geschmorte Lammschulter. Ein überzeugender Dreiklang, der mit dem Wein absolut harmonierte. Ein Gag am Rande: Am Filet lehnte etwas, was aussah wie Emmentaler. Aber es war Kartoffel – was zweifelsohne auch deutlich besser passte!
Das Finale war noch einmal ein ganz gaumenkitzliger Tusch: Marinierte Ananas mit Gewürz-Blätterteigschnitte und Nougatmousse mit einer 2007 Scheurebe Beerenauslese vom Weingut Kranz, Ilbesheim. Da kamen, was die Harmonie und den Schmelz an der Zunge und dem Gaumen anbelangte, Erinnerungen an das Landei auf. Lecker lecker lecker. Besonders gut für uns: Axel Biesler hatte ein kleines Quiz veranstaltet, und die Siegerin saß an unserem Tisch. Ihr Preis: Eine Flasche von der Beerenauslese. Ihre nette Geste: Öffnen und ausschenken an alle am Tisch. Wir haben es genossen!
Gasthaus zur Post
Dorfstr. 11
49549 Ladbergen
Tel.: +49 5485 93 93 0
http://www.gastwirt.de
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