Wer kennt das nicht: Man ist im Urlaub, trinkt einen Wein, isst einen Käse – kauft beides ein, nimmt es mit nach Hause. Und ist arg enttäuscht, weil es da nicht schmeckt.
Geht aber erstaunlicher Weise auch andersrum: Man ist gar nicht im Urlaub, sondern mitten in Berlin, trinkt einen Wein, isst einen Käse – und denkt: Hey, es ist Urlaub!
Eine italienische Insel hatte sich einen Nachmittag und Abend lang im Ballsaal 2 des Hotel Adlon breit gemacht – kulinarisch zumindest: „So schmeckt Sardinien!“ hatte die Italienische Handelskammer für Deutschland die Präsentation und Verkostung von Qualitätsprodukten aus Sardinien (so der Untertitel) genannt – und dove il piacere incontra la passione – Wo Genuss auf Leidenschaft trifft, da ist man als Italien-Liebhaber natürlich gerne dabei.
Zwölf Produzenten waren auf dieser Mini-Messe für Gastronomen und Feinkosthändler dabei – alle aus dem Süden der Insel (den wir noch nicht bereist haben, weil wir im Norden unterwegs waren). Sie hatten ihre Produkte an eigenen Tischen aufgefahren – aber was der Clou war: Aus diesen und nur diesen Produkten gab es ein Buffet mit Antipasti und ein wenig Pasta, dazu den Wein der anwesenden Winzer.
Wir haben sie nicht alle geschafft, sondern sind individuell subjektiv (wie immer!) herum gegangen. Gespräche mit den Produzenten – allesamt Mittelständler mit meistens sechs bis 20 Mitarbeitern – waren immer möglich, denn wo die eigenen minimalistischen Italienischkenntnisse versagten, kamen schnell dolmetschende Jünglinge und Mädel herbei und halfen. Sehr schön!
Wir begannen gleich mit einem Paukenschlag an Geschmackserlebnissen bei Sarda Affumicati. Tenerezze di Polpo sieht aus wie eine Blutwurst, ist aber Octopus – nur der, plus ein wenig Salz. Zum Carpaccio geschnitten eine Köstlichkeit! Genau wie Bottarga, hergestellt aus dem Rogen der Meeräsche. Eine sardische Spezialität, die eine salzig-würzige Geschmacksexplosion hervorruft. Kann man über seine pasta streuen, kann man aber auch wie ein Carpaccio in Scheiben schneiden und als Vorspeise essen (so haben wir es genossen).
Danach musste es ein Wein sein! Die Weine der Cantine di Dolianova hatten wir in schon in Dresden kennen gelernt, und unser Weinverführer Alberto von der Kulinaria war natürlich auch in Berlin anwesend. Dieses Mal gab es aber Informationen aus allererster Hand: Vertriebsleiter Gianni Covone war da und empfahl – ähm: alle seine Weine. Na klar, was soll er als Vertriebsleiter auch anderes machen? Aber natürlich kannte er seine Weine so gut, dass er die richtige Reihenfolge für uns wählte. Schnell schwenkten wir vom professionellen Probieren mit Spucknapf um ins genießerische mit Schlucken…
Nur gut, dass inzwischen das Buffet eröffnet war! So eine große Tafel ist ja wie eine Küche bei Parties: Hier steht man am liebsten beinander und schwatzt. Worüber? Übers Essen, natürlich! Getrocknete Tomaten, Artischocken und Kapern von Olisarda, erstaunlich fruchtig-feuchte getrocknete Tomaten von Mediterranea, Salami und Schinken von Salumificio su Sartizzu. Und Pasta, die Antonello Pintus, ein sardischer Chefkoch, bereitet hatte.
Dazu gab’s, natürlich, Wein! Weil er schmeckte, gingen wir gleich mal an den Stand der Cantina Trexenta. Agostino Pisano, Geschäftsführer des Weinguts, führte kenntnisreich durch seine Weine („das möchte sein!“ würde der Sachse an dieser Stelle sagen!) – am meisten lernten wahrscheinlich die Übersetzer dazu, für die diese Weine offenbar Neuland waren. Wie so oft gefiel uns der Beste am besten, aber von nichts kommt eben nichts. Und das Preis-Leistungs-Verhältnis erschien uns bei allen sardischen Weinen noch reichlich unverdorben. So etwas mögen wir!
Und dann? Zwei Absacker! Aus der Abteilung Essen natürlich sardischer Käse: Valeriano Pintus von der Argiolas Formaggi schnitt uns natürlich Ziegenkäse ab, aber die Entdeckung des Abends war ein ganz untypischer Blauschimmelkäse. Wie Gorgonzola, nur runder im Geschmack und irgendwie schmackhafter. Leider habe ich den Namen nicht notiert, aber das kriege ich noch raus…
In der Abteilung Trinken verteilten sich die Absacker (man achte auf die Mehrzahl!) auf zwei Stationen. Einen Moscato der Cantine di Dolianova, zu dem es leider leider leider keine cantucci gab – und das gesamte Sortiment der Cooperativa Ludus. Das ist eine Anstrengung für sich, denn die Verkostung von Limonello (heißt hier wirklich so, ohne c!) und Lakritzlikör erfordert einen tapferen Neinsager. Wie gerne würde man noch einen trinken! Aber das geht ja nicht, weil doch der Mirto seinen Job als Verdauungshelfer antreten musste!
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