Die Vielfalt des Rieslings

Weinabend mit Riesling

Wir sind ja bekennende Riesling-Liebhaber – da nutzen wir gerne die Möglichkeit, sich einmal quer durch die Weine eines der großen deutschen Weingüter zu probieren – aber eben nicht bei einer klassischen Probe, sondern im Realitätstest mit gutem Essen. Das geht (alljährlich im Februar) im Gasthaus zur Post in Ladbergen beim Weinabend. Dieses Mal war Steffen Brahner aus Wachenheim angereist. Er ist Geschäftsführer bei Dr. Bürklin-Wolf – das ist das Weingut, von dem man im Gault Millau WeinGuide Deutschland lesen kann, dass es „in keinem anderen Pfälzer Betrieb auch nur eine vergleichbar große Phalanx der hochwertigen trockenen Rieslinge“ gebe.

2008 CuveeBrut500.000 Flaschen erzeugt das Weingut, das seit 2005 komplett biodynamisch bewirtschaftet wird. Die Erträge belaufen sich dennoch nur auf durchschnittlich 50 hl/ha: Das Weingut verfügt über 86 Hektar Rebfläche, und die Namen der besten Lagen sind Musik in den Ohren (und Gaumen) von Weinliebhabern: Ruppertsberger Reiterpfad, Forster Ungeheuer, Forster Kirchenstück, Deidesheimer Kalkofen und andere mehr. Aus diesem riesigen Angebot konnten die Gäste beim Weinabend einen Sekt (2008 Dr. Bürklin-Wolf Cuvée Brut) und fünf Weine probieren.

Spundekäs und Westfälischer TrüffelZum Empfang in Poststube und Gartenzimmer des Hauses schickte die Küche unter der Leitung von Oliver Lisso den Service mit Spundekäs mit Paprika und Pumpernickel sowie Westfälischem Trüffel mit Preiselbeeren hinaus. Wer schlau war, aß sich nicht satt daran, denn es sollte im Biedermeier-Salon ja erst richtig losgehen! Der war, wie immer, geschmackvoll eingedeckt, wobei wir das mit dem Wort geschmackvoll dieses Mal durchaus wörtlich verstanden haben möchten: Kräutertöpfe auf der Tischmitte reizten zum Fingerreiben (na klar waren die echt und rochen!).

KaisergranatUnd dann kochte Oliver Lisso mit seinem Team fünf Gänge lang auf die Weine zu, die vom freundlichen Service erfreulicherweise großzügig aus- und nachgeschenkt wurden. Das Menü begann mit einem 2011 Wachenheimer Riesling, der zu Kaisergranat mit Fenchel-Passionsfrucht-Chutney und Korianderpüree getrunken werden wollte. Ein einfacher Ortsriesling, der das Zeug für einen feinen Sommerwein hat. Und, auch das muss ja mal gesagt werden, der sich auch vom Preisgefüge mehr „für alle Tage“ eignet als die später verkosteten Raritäten und Spitzenweine (hier geht’s zum Weinshop des Weinguts, da stehen die Preise). Der Begriff Ortsrieling deutet übrigens an, wie man in Wachenheim bei Bürklins die Weine einteilt: Nach dem Terroir. „Wir sind über die Weinberge geflogen, wir sind durch die Weinberge gegangen!“ erzählte Steffen Brahner, als er das System vorstellte. Und siehe da: Das Ergebnis der hauseigenen Recherchen anno 1990 deckte sich nahezu mit dem von 1828, als das Königreich Bayern (wie fast immer: aus steuerlichen Gründen) die Weinberge klassifiizierte. Nun gibt es also Gutsrieslinge, Ortsrieslinge und „PC“ wie „GC“ – wobei die Phantasiekürzel geschützte Begriffe wie Premiere Cru und Grand Cru asoziieren (sollen). Zum Wachenheimer Riesling hatte die Küche übrigens genau das Richtige zubereitet: Zusammen mit Kaisergranat und Fenchelchutney getrunken gewann der junge Wein gleich.

Dreierlei vom SaumagenDer nächste Gang war eine Verbeugung an die Heimat der ausgeschenkten Rieslinge – aber wer Oliver Lisso kennt, der weiß, dass er da immer noch etwas reinmogelt, was die Sache anders macht und meist auch aufwertet: Die Variation vom Pfälzer Saumagen mit Kastanie, Pfifferlingen und Sauerkraut war eine deftige Angelegenheit (aber bei aller Deftigkeit doch eine feine Sache, wenn ich das mal so schlicht formulieren darf). Dagegen musste ein PC Riesling ankämpfen: Der 2010 Wachenheimer Goldbächel war schon deutlich stoffiger und wurde bei uns am Tisch (auch in der Gesamtbewertung des Abends) einer der Lieblingsweine. „Edelstahl haben diese Rieslinge nie gesehen!“ erzählte Brahner, aber dafür lagen sie in altem Holz und durften spontan gären… 2010 war ja ein schwieriger Jahrgang – ach was schreib ich: Er war unmöglich! Ein richtiges Sauwetter! Hier zeigte sich aber wieder, dass gute Winzer gerade dann zu Spitzenform auflaufen. Einziger Nachteil: Die Menge des Weins lässt doch sehr zu wünschen übrig…

Dreierlei vom ZickleinZweierlei Riesling zu dreierlei Zicklein lautete die Devise für den Hauptgang. Ein GC, nämlich der 2008 Forster Ungeheuer im einen Glas und ein zehn Jahre alter Riesling, der aus gutem Grund im Rotweinglas serviert wurde: 2002 Ruppertsberger Reiterpfad. Diese zwei Weine, beide üppig und sehr schön, begleiteten Dreierlei vom Tecklenburger Zicklein mit Artischocken und Zitronen, Eisenkrautsauce. Zickenleber bekommt man sowieso nicht alle Tage, ein sehr schön rosa geratenes Carree steht da schon häufiger auf der Karte – wenn auch meistens nicht vom Zicklein! Die Nummer Drei im Trio war ein Stück aus der Keule – bei 65 Grad im Wasserbad über sehr lange Zeit gegart – gehörte das zum Zartesten, was wir je vo einem Zicklein bekommen haben. Bei dieser Zubereitung ist eines auch garantiert: Der Geschmack bleibt aufs Trefflichste erhalten. Und die beiden Weine? Erwiesen sich als grandiose Begleiter. Riesling zum Zicklein? Warum nicht, wenn es der Richtige ist!

Brie de MeauxDen Reiterspfad behielten wir (um exakter zu sein: Er wurde einmal mehr nachgeschenkt!) zum Brie de Meaux mit Wintertrüffel und Birnenbrot, und siehe da: Mit dieser Geschmackskombination im Mund konnte der zehn Jahre alte Riesling nochmals zulegen und sich üppig, fast barock, auf der inneren Liste bemerkenswerter Weine festschreiben. Kann man das toppen?

Karotten-Orangen-CremeMan kann: Mit dem 2010 Ruppertsberger Reiterpfad kam eine Auslese ins Glas als Begleitung zur Karotten-Orangen-Creme mit Vanilleeis und Lorbeerstrudel. Mehr als hundert Gramm Restsüße bereiteten großen Spaß, und „wir werden noch Jahrzehnte daran Spaß haben“, meinte Steffen Brahner. Da hat er’s als Geschäftsführer des Weinguts natürlich deutlich leichter als unsereiner…

Dr. Bürklin-Wolf’sche Gutsverwaltung GmbH
Weinstraße 65
D-67157 Wachenheim
Telefon 06322 / 9533-0
www.buerklin-wolf.de

Gasthaus zur Post
Dorfstr. 11
49549 Ladbergen
Tel.: +49 5485 93 93 0
http://www.gastwirt.de

Disclaimer:
Das Gasthaus zur Post ist Kunde von mir – dieser Text aber außerhalb der Aufträge entstanden.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*