Die hohe Kunst des Wegsehens

O'Sarracin

Wir hatten, wie immer, am Abend zuvor reserviert. Für 19 Uhr und drei Personen. Wir kamen pünktlich und erhielten einen gemütlichen Tisch, der normalerweise die richtige Größe für einen einzelnen Gast gehabt hätte. Wir richten uns ein, so gut es geht – aber wenn schon die Karten kuscheln, wird es sicherlich eng – mit Wasser, Wein und Essen.

Wenige Minuten später kommt ein Ehepaar, wird (wie wir) an den Tisch gebracht. Es ist einer, an dem im Ernstfall auch drei ausreichend Platz gehabt hätten. Sie haben’s also gut zu zweit. Sie haben es sowieso gut, denn die Bedienung kümmert sich rührend um die Beiden. Sie tut es freundlich und laut. Da wir ein wenig gelangweilt sind, weil wir gerne etwas bestellen würden, hören wir zu. Die Ansagen in italienischen Restaurants sind ja immer eine Wucht. Die Bedienung erzählte, was der Koch am Morgen frisch gekauft hätte und was er daraus alles Tolles machen könnte!

Anschließend kam sie zu uns, die Bedienung. Was wir trinken wöllten? „Keine Ahnung“, sagte ich. „Das hängt davon ab, was wir essen!“ Immerhin hätte ich mitbekommen, was der Chef so alles eingekauft habe… „Jaaaaaa“, hob die Bedienung an, ob wir das bekommen könnten, hinge davon ab, ob und was der Nebentisch bestelle! Na, dann eben nicht. Wir bestellten nach Karte und erlebten nebenan, was alles gehen könnte, wenn man Stammgast wäre: Bevorzugte Behandlung nach der Methode „last come first served“. Aber wir hatten ja uns, saßen eng und mussten daher nicht so laut reden. Schon eine Dreiviertelstunde nach Betreten des Restaurants kamen die Vorspeisen: Ein sehr ordentliches Vitello Tonnato (8,50 €) mit zartem Kalb und schmackhafter feiner Sauce. Definitiv eins der besten von uns in Dresden probierten! Nicht so oft im Angebot bei hiesigen Italienern ist Scamorza in padella e pomodori (7,90 €), ein gebratener geräucherter Mozzarella auf einem Bett von Rucola mit Bruschetta-Tomaten, zu dem es geknofeltes geröstetes Brot gab: Eine pikante Vorspeise, die gerne häufiger auf der Karte stehen könnte!

Von den Hauptspeisen muss etwas zu der Pizza auf dem Bild oben gesagt werden: Die ist, auf Wunsch der Bestellerin, tomatenbefreit. Sieht also sonst ein wenig arttypischer aus! Aber sie schmeckte. Prima Teig! Vergnügen bereitete auch Tagliatelle al filetto d’agnello (10,50 €) – mit separatem kleinen Lammfilet, perfekt gebraten. Die Bandnudeln umhüllt mit köstlichem Tomaten-Rotwein-Ragout, abgeschmeckt mit Rosmarin: Wir waren schon wieder begeistert!

Das schreit ja geradezu nach einem köstlichen Abschluss! Und noch einem Schluck Wein! Wir warteten, nebenan wurde bedient. Die Hohe Kunst des Wegsehens beobachteten wir geschlagene 45 Minuten. Dann kam Miss Servicekraft und fragte nach Caffèdessertsignores? Aber da wollten wir nur noch die Rechnung, und das nicht einmal gerne…

Ò Sarracin
Ristorante Italiano da Vincenzo
Oskarstr. 2 ( am Wasaplatz )
01219 Dresden

Telefon 0351 4676815
www.o-sarracin.de

Geöffnet:
Montag 17 – 23 Uhr
Mittwoch – Sonntag 11.30 – 14.30 Uhr und 17 – 23 Uhr

[Besucht am 11.11.2012 | Lage | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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