Der Sachse (was nach hiesigem allgemeinen Sprachgebrauch auch die Sächsin inkludiert) reist ja gern. Nicht nur in die Ferne, sondern auch in die nähere Umgebung. Aber wer kennt schon alles? Der da: Peter Ufer, Journalist, Moderator, Theatermacher und Autor. Also okay, vielleicht kennt er nicht alles – aber doch Einiges. 99 lohnenswerte Ziele „rund um Dresden“ hat er jetzt zusammengestellt in einem Buch: „Rund um Dresden für Liebhaber – 99 Orte, überraschend. anders.“ heißt es – genau in dieser durch Punkte und Kleinschreibung dahinter so merkwürdigen wie Aufmerksamkeit erheischen wollenden Form. Die erwähnten Liebhaber sind, das sollte gleich zu Beginn gesagt werden, nicht auf Menschen im (womöglich heimlichen) Zustand der Liebe beschränkt: da geht es um Liebhaber der Gegend, vielleicht auch des Autors oder seiner Bücher (es gab auch schon Dresden für Liebhaber, sicher nicht zufällig auch überraschend. anders. und 99 Orte).
Peter Ufer ist von Haus aus Journalist und Autor, er kann schreiben. Das ist ja in Zeiten von Qualitätsjournalismus hinter Bezahlschranken nicht selbstverständlich, aber immer wieder schön. Noch besser kann er glaub‘ ich aber reden, so frei von der Leber weg: Als er jetzt im Verkehrsmuseum das Buch im Rahmen einer (gut besuchten, es mussten Stühle nachgeschleppt werden!) Präsentation vorstellte, gerieten die Passagen zwischen den vorgelesenen Geschichten fast besser als die sorgfältig ausgefeilten Sätze aus dem Buch. Wie konnte das passieren? Nun ja, Ufer ist nicht nur Journalist und Autor, er macht auch im feinen kleinen Theater von Tom Pauls in Pirna mit. Manchmal hatte man den Eindruck, auf der Lesebühne des Verkehrsmuseums stünde ein Bruder im Geiste der Ilse, wenn Sie wissen was ich meine (wenn nicht: Ilse Bähnert-Vorstellungen sehr langfristig einplanen, die sind immer schnell ausverkauft).
Im Buch, um das es ja bei der Lesung ging, fehlen diese Zwischenstücke naturgemäß, was schade ist. Denn ohne die sind die kurzen Stücke nicht leicht hintereinanderweg zu lesen – vielleicht, weil jedes für sich so dicht und voll mit Informationen ist, vielleicht auch, weil das geschriebene Wort manchmal zu arg bemüht klingt. Ufer liebt das Spiel mit Worten, die Gefahr zum Verspielten liegt da nahe. Da siedelt der Hochadel hoch oben (S. 174), da will August der Starke mit seiner Mätresse im siebten Himmel einen Höhepunkt erleben und schafft es doch nur bis zum Spitzhaus (S. 156), und das eingeklammerte (h) bei den Urvätern von Glashütte kann er sich auch nicht verkneifen (S. 72). Aber es gibt auch ganz und gar unmanierierte Geschichten, zur Erholung quasi. Die mit den sorbischen Osterreitern, in der es zwischendurch immer mal faustisch zugeht (S. 124), oder die ganz persönliche vom Theater in Pirna, das wie so vieles Andere beim Elbhochwasser im Juni 2013 gelitten hat (S. 142).
Was hilft: Nicht hintereinanderweg lesen, sondern häppchenweise. Und zwischendurch sich an den Bildern erfreuen, die Jörg-R. Oesen jeweils rechts vom Text beisteuert. Sie sind wohltuend unaufgeregt und durch die Bank lange anzusehen. Und wenn dann der Blick wieder nach links zum Text schweift, entdeckt man vielleicht ja doch noch was Neues. Das nächste Ziel für den Wochenendausflug zum Beispiel.
Man kann das Buch online bestellen (und zahlt dort auch noch das Porto, das können andere preiswerter) oder über den guten Buchhandel beziehen.
Peter Ufer, Rund um Dresden für Liebhaber – 99 Orte, überraschend. anders.
Edition Sächsische Zeitung, ISBN 978-3-943444-20-9
214 Seiten, 14×21 cm, 14,90 €
Wir haben auch diese Buchlesung mit Dr. Peter Ufer genossen. Es war nicht unsere erste, was er uns auch im Buch ohne Hinweis oder Wunsch schrieb „herzlichen Danke für Ihre Treue“. Wunderbar die Idee, die wunderbaren Texte mit den einfach wunderschönen Bildern und die tolle Moderation. Das ist für uns gewünschter Journalismus. Margot und Steffen Stein