Es sollen ja Gäste nur wegen der Susi aus Zwickau kommen, die so wunderbar lächelt und manchmal schulterfrei bedient. Oder wegen der Chefin vom Restaurant, die nur im ersten Moment etwas rau wirkt, aber eigentlich ganz herzlich ist. Beide sind ein starkes Team – aber nur deswegen kommt doch keiner. Sie wollen nämlich alle auch was essen (und trinken)!
Die Portionen sind, auf der kleinen Insel Hiddensee nicht unüblich, zu groß, um ein komplettes Menü zu essen. Also muss man mehrfach hin, um mal durchzukosten. Warum auch nicht?
Vorweg versuchten wir Hausgeräucherten Osteelachs mit Honig-Senfsauce (und Salat). Wir bestellten die Vorspeise geteilt für zwei Personen. „Kein Problem, natürlich bringen wir zwei kleine Teller – dann geht’s doch besser!“ Der Salat sei frisch, strahlt Susi, alles selbst zusammen geschnippelt, so wie die Kräuter im Dressing auch. Der Lachs war, selbstgeräuchert hin und Ostsee her, keine Offenbarung: zu dröge, zu straff. Also vielleicht doch lieber wegen des prima Service zum Hiddenseer?
Nein, wegen des Service und wegen des Essens! Zum Hauptgang gab’s eine Halbe Ente. Echt ’ne halbe, mit dicker Keule und kleinem Flügel und einer zwar sehr durchgebratenen, aber erstaunlich (und erfreulich) saftigen Brust. Dazu gab’s eine Sauce wie bei Muttern, genau so lecker wie der dazu gereichte Rotkohl. Echt prima!
Zum Gebratenen Hering gab es Bratkartoffeln der besseren Art und den im Prinzip gleichen Salat wie zur Vorspeise – mit einem Kraut, das wir nicht identifizieren konnten, das aber nach unserem Geschmack ein wenig hervorschmeckte. Der Herr am Nebentisch, der das gleiche Gericht bestellt hatte, brachte es auf den Punkt: So ein feiner schlichter Gurkensalat mit Sahne hätte besser dazu gepasst.
Labskaus ist ja wohl das seltsamste Gericht, was man im Norden genießen kann – vor allem wegen des meist undefinierbaren Aussehens. Etliche Zeitgenossen würden allein der Optik wegen sich das Wort „genießen“ verbieten. Aber sie haben ja keine Ahnung. Im Ernstfall hilft, was man mir beim ersten Mal empfahl: Augen zu und dann probieren.
Bei meinem ersten Mal (und das ist ja prägend) sah der Labskaus gruslig aus. Kartoffeln gestampft, Corned Beef, Rote Beete, Gurken. Eine Pampe, undefinierbare Farbe, aber saulecker. Beim Hiddenseer haben sie ein anderes Rezept: Alles sah gut aus, in etwa so wie Sauce Bolognese mit Gurken-Hering-Zwiebel. Schmeckte auch so – und während die Freunde am Tisch (jaja, Dresdner trifft man überall, vor allem auf Hiddensee) vor Freude jubilierten, sah ich das eher verhalten. Aber die Bratkartoffeln waren wieder gut.
Die Karte verzeichnet (ich gebe zu: überraschend für uns) einige wirklich gute Weine – aber nach dem Essen wurden wir dann zu norddeutschen Traditionalisten bei Rostocker Doppelkorn und brennendem Fischergeist…
Gasthaus & Pension „Zum Hiddenseer“
Wiesenweg 22
18565 Vitte
Tel. 038300-419
http://www.hiddenseer.de/
Geöffnet:
01.05. – 30.09. täglich ab 12 Uhr, außer Mittwoch.
01.10 – 30.04. täglich ab 17 Uhr, außer Mittwoch.
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