Christoph Hammel ist kein Leiser. Man hört ihn schon, bevor man ihn sieht. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Lauten hört man ihm gerne zu, denn er hat ja was zu sagen, und das auch noch auf sehr unterhaltsame Weise. Er liebt seine Weine, er schwärmt von ihnen wie von einer Geliebten – und er preist sie an (was er mit seiner Geliebten hoffentlich so nicht tut): Mega! Sensationell! Super! Der ist lecker! Nun gut: wo er recht hat, hat er recht.
Hammel war mit seinen Weinen nach Dresden in die Weinzentrale gekommen, um dort ein kleines Fest zu feiern – als Weinbegleiter zu gutem Fleisch, wie der Fleischversender Otto-Gourmet als Motto auf seinen dicken Katalog schreibt (natürlich auch auf der Webseite, aber sie haben eben auch einen sehr männerlastigen Katalog). Gunnar Tietz, jahrelang Sommelier im First Floor in Berlin (mit 1.500 Positionen auf der Weinkarte!) und wie Gastgeber Jens Pietzonka auch schon mal Sommelier des Jahres gewesen, präsentierte das Fleisch und erklärte (im Vergleich zum Winzer: ruhiger und sachlicher), was beim 4 Gänge-Menü (39 €, mit 4x 0,1 l Wein 54 €} auf den Tisch kam. Wobei: kein Menüzwang! stand auf der Karte, und: Essen und trinken, wie jeder es mag. Aber so wie ich das sah, wollten alle…
Das erste Pairing ging gleich in die Vollen: Von drauß‘ vom Grill kam Ottos Wagyu Burger auf den Tisch (nun gut: er kam mit Teller) und erntete Lob. So nach dem Motto: Nichts gegen die anderen Burger in der Stadt – aber dieser hat die Nase vorn. Gutes Fleisch, natürlich. Und gut gegrillt, schön saftig. Genau diese Komponente nahm der Wein auf: Hinter dem 2014 Stoff Weiß verbirgt sich eine Cuvée aus Scheurebe, Sauvignon Blanc, Gewürztraminer und Grüner Veltliner. 7.000 Liter haben eineinhalb Jahre als Cuvée auf der Hefe gelegen – genauer: sie haben dort zusammen gekuschelt und sich zu dem gemacht, was sie wurden. Alle gemeinsam und keine ist einsam, bittesehr. Die volle Wucht der Aromasorten wurde beim Ausbau im großen Holzfass eingedämmt, es bleibt (sorry, Namensspiel!) ein stoffiger Wein. Könnte man so wegschlürfen, oder aber zum Burger trinken. Das taten wir und nahmen aber für den Nachdurst nicht den Stoff nach, sondern den 2015er Liebfraumilch – auch eine Cuvée, dieses mal aber aus Kerner, Müller-Thurgau, Silvaner und Scheurebe. „Nicht trocken, aber ganz weit weg von lieblich oder süß.“ sagt der Hammel und flunkert, denn man schmeckt da schon eine gewisse Süße. Halbtrocken wäre noch gepranzt. Aber, oh Wunder warmer Sommerabende und guter Laune: Der Wein gefiel uns. Süffig wie nüschte, und auf jeden Fall besser als der Ruf der verkorksten Marke Liebfrauenmilch.
Süß mag er sowieso gerne, der Hammel. Und trotz Rauschebart mag er’s nobel, zumindest nennt er den Wein so: 2015 Nobel & Süß. Gewürztraminer und Scheurebe sind hier zusammen gekommen und waren im Ergebnis deutlich mehr als ein bissl süß. Christoph Hammel („Ich mache nur Weine, die ich selber mag!“) empfiehlt dazu beispielsweise Gänseleberpastete auf Brioche oder kräftige Käsesorten wie Parmesan, Münster, Blauschimmel – oder zart schmelzende Vollmilchschokolade. Gab’s aber alles nicht, sondern eine Silver Hill Peking-Entenbrust mit Asia-Gemüse und Mango. Das asiatische angehauchte Gemüse aber war eine wahnsinnig nette Begleitung zum Wein! Der hätte gar nicht weniger aromatisch oder süß sein dürfen! Dermaßen wohl angetan lernten wir dazu, denn Gunnar Tietz erklärte: Peking Ente ist ne Rasse. Hm, ich dachte immer, das sei eine Zubereitungsart. Na gut. Und dann, wo wir schon in der Duckologie sind, erfuhren wir als besonders wichtiges Detail: Die Nasenlöcher müssen offen bleiben. Also die der Enten. Aus Nordirland kamen die Enten, sie hatten ein Leben lang offene Nasenlöcher und sie schmeckten gut. Für mich der beste Gang des Abends.
Vielleicht auch, weil ich mir unter Livar Schweinebauch BBQ mit Mais und Linsen mehr versprochen hatte. Und auch der dazu gereichte 2015 Hammel Punk Rosé schien uns am Tisch sehr gehypt zu sein. Mit Verlaub: ein ordentlicher Rosé, aber um Bacchus willen nicht der beste der Welt. Wir hatten schon welche, die uns mehr gefielen – aber wir hatten ja auch schon Schweinebauch mit mehr Erinnerungspotential. Gemacht hat Christoph Hammel ihn zusammen mit dem Wine Punk Marco Giovanni Zanetti, dessen Rosé wir ja sehr mochten. Und damit’s keiner falsch versteht: diesen würden wir keineswegs wegkippen. Nur nicht meilenweit hinterher laufen. Aber das ist eh nicht nötig, denn der Rosé ist ausverkauft, insofern kann nun auch mit diesem Jahrgang keiner mehr nachprobieren. Außer Christoph Hammel, der hat noch zwölf Flaschen zu Hause. „Rosé trink ich das ganze Jahr. Im Sommer sowieso. Aber auch im Winter gegen die Depression!“ sagt er. Das kann man gelten lassen.
Ungehypt und für uns die Entdeckung des Abends: der 2011 Spätburgunder Herrenberg aus der Magnumflasche, beziehungsweise: aus der Karaffe, denn Jens Pietzonka hatte den Wein dekantiert. Der war so recht nach unserem Geschmack, samtweich mit leichtem Toastgeschmack. „Seid ihr gerade beim Späti?“ fragte Christoph Hammel, als er sich zu uns an den Tisch setzte – und er liebt ihn, natürlich. „Ein Top-Späti!“ nennt er ihn, und keiner widerspricht. Die geschmeidige Fülle bekam der Späti auch durch den Saftabzug, aber eigentlich war uns das egal: er passte zum Hereford Roastbeef Dry Aged mit Polenta und Steinchampignons – und hinterher zum Schwatzen. So muss Wein sein. Und in ’ner Magnum ist bekanntlich immer ausreichend viel drin…
Infos:
Christoph Hammel
Weingut Hammel GmbH
Weinstraße Süd 4
D-67281 Kirchheim/Weinstraße
Tel :+49 6359 86401
www.weinhammel.de
Gunnar Tietz
www.wein-guru.com
Otto Gourmet
www.otto-gourmet.de
Weinzentrale
Hoyerswerdaer Straße 26
01069 Dresden
Tel. 0178 6048718
www.weinzentrale.com
Öffnungszeiten:
Mo bis Fr ab 16 Uhr
Montags alle Weine im offenen Ausschank, Freitags ab 22 Uhr Restesaufen
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