Vor Jahren, als kurz nach der Wende die Zahl der guten Restaurants in Dresden noch sehr übersichtlich war, kam man an der Villa Marie nicht vorbei: Direkt am Blauen Wunder gelegen in einer 1860 gebauten Villa im italienischen Stil mit einer wilden Vergangenheit gab es da 1994 plötzlich einen Italiener, der so ganz anders war als die Pizzabäcker (von denen es im Jahre vier nach der Wende so viel auch noch nicht gab!). Ein Ort mit Atmosphäre, der schnell sein Publikum fand: Professoren trafen sich mit ihren Studentinnen, Rechtsanwälte und Künstler fanden hier das Ambiente für wichtige Gespräche.
Mittlerweile gibt es reichlich Restaurants in Dresden – aber die Villa Marie hat ihren Reiz immer noch nicht verloren. Karsten Heidsieck, gelernter Koch und vor seinem Dresdner Engagement in Mailand tätig, hat es verstanden, das toskanische Flair des Hauses über die Jahre zu retten und sogar Dependancen geschaffen: Das La Viletta in Striesen und die Piazza Nova an der Frauenkirche.
Bemerkenswert in der Villa Marie: Es gibt zwei, drei Stammgerichte, die man eigentlich essen muss! Anderes geht auch – aber nichts ist besser als der Dreiklang aus Vitello Tonnato, Lammcarré und Tiramisu. Das dünn geschnittene rosafarbene Vitello schwimmt nahezu in der Thunfischsauce, die von feinster Konsistenz und (seit Jahren) tadellosem Geschmack ist. Für mich eindeutig die Nummer eins in Dresden! Das Lammcarré hat vor Jahren den legendären mit Rosmarin gebratenen Lammrückens aus dem Ofen abgelöst – und zwar würdig: zartes würziges Fleisch, akkurat rosa gebraten. Eigentlich wäre man ja jetzt satt, aber so ein Tiramisu (im Ernstfall: eins für zwei – aber nicht immer ist Ernstfall 😉 nicht zu bestellen und zu genießen, wäre eine mittlere Schande.
Damit es nicht zu Missverständnissen kommt: Das zweite Drei-Gang-Menü war mit lauwarmem Ziegenkäse, einer Bistecca und einer Cremé Caramel keineswegs zweitklassig. Aber man muss sich eben trauen, von den Klassikern abzuweichen!
Beim Service scheiden sich die Geister: Es gibt offenbar Aushilfen, die zu früh aufs zahlende Publikum losgelassen werden – aber wenn man jemand von der Stammcrew erwischt, dann ist Freundlichkeit und Kompetenz eigentlich garantiert. Wie man an die rankommt? Einfach um eine Beratung bei der umfangreichen Weinkarte bitten – dann kommt schon jemand mit Ahnung!
Bei gutem Wetter sitzt man übrigens sehr italienisch draußen, im Garten (unter Netzen, um nicht von den herabfallenden Früchten der Bäume erschlagen zu werden) oder auf dem Balkon mit Blick aufs Blaue Wunder. Da tuckern dann die Dampfer durch, während es langsam dunkler wird, und die Stimmung ist nun überhaupt nicht mehr toskanisch – sondern typisch dresdnerisch!
Villa Marie
Restaurant – Bar
Fährgässchen 1
01309 Dresden
Telefon: 0351 / 315440
www.villa-marie.com
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