1287 hatten es die Vrigenstener satt. Eigentlich mochten sie ja ihre schöne kleine Stadt mit dem schönen Marktplatz und den so toll gepflasterten Straßen. Auch die Häuser waren nicht übel, mit Kellern und solide aus Stein. Die Adelsburg am Rande der Stadt, der Wall um die etwa 25 ha große Fläche – eigentlich alles chic. Und alles neu: erst 1263 wurde die Stadt erstmals schriftlich erwähnt, gegründet ist sie aber ein paar Jahrzehnte zuvor – der Havelberger Bischof wollte es so. Wenn da nur nicht die bösen Nachbarn wären. Mecklenburger! Immer wieder kamen sie in kriegerischer Absicht und, man kann es nicht anders sagen, machten Vrigenstene platt. So ist das, wenn man als Grenzfestung gegen Mecklenburg gegründet wird und Pech hat.
1287 also hatten es die Vrigenstener satt und beschlossen, ihren Ort nicht wieder an gleicher Stelle aufzubauen, der ja auch wie auf dem Präsentierteller auf dem Ausläufer eines Höhenrückens lag. Das neue Freyenstein, wie der Ort heute heißt, liegt zwar nur wenige Gehminuten vom alten entfernt – aber in der nordöstlich angrenzenden Niederung gab es einen Stadtgraben – und die Fläche war nur noch halb so groß. Da klappte die Verteidigung dann besser.
Die alte Stadt wurde aufgegeben: die Häuser abgetragen, die Keller verfüllt. Oben Erde drauf und – zack: Ackerland stand zur Verfügung. Und so blieb nur noch der Flurname: Altstadt. Und ein paar Reste der Stadtbefestigung…
Die haben Archäologen wieder ausgegraben. Sie fanden in den Kellern Alltagsgefäße wie Becher, Flaschen, Krüge und Kannen. Und sie fanden natürlich die Keller, in denen das alles lag – außerdem Straßenreste. Das und moderne Untersuchungsmethoden ergeben ein recht plastisches Bild vom alten Vrigenstene. Und das kann man sich sogar ansehen, denn im Sommer 2007 öffnete der Archäologische Park Freyenstein seine Pforten.
Ein besonders gut erhaltener Steinkeller wurde 2007 freigelegt und mit einem modernen Glaspavillon geschützt. Der hervorragend erhaltene Keller besteht aus Feldsteinen und besitzt einen eingewölbten Zugang mit einer Treppe. Sorgfältig in die Wände eingefügte Lichtschächte und Nischen dienten zur Beleuchtung und Aufbewahrung von Vorräten. Der Keller gehörte zu einem größeren Fachwerkgebäude, das dicht an der breiten Straße zum Marktplatz stand. Die geborgenen Funde und die solide Bauweise belegen den Wohlstand der Bewohner des Hauses.
Einiges ist echt, Vieles ist nachempfunden. So geht man die Hauptstraße entlang auf Holzplanken – die sind neu. Ganz hinten geht’s rechts ab, auf einem 5,60 m breiten Steinweg – der ist echt. Er führt zur Burg, bzw. eigentlich zu der Stelle, wo mal die Burg stand. Von der weiß man allerdings vergleichsweise wenig, weswegen es konsequenterweise kein Modell von ihr gibt. Statt dessen ersetzen zehn farbige Banner die Umbauung des Burghofes – mit Darstellungen aus alten Handschriften – und vier Flaggen stehen da, wo vielleicht einmal ein Wohnturm stand. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Und auch vom Graben rund um die Burg wissen wir nur so viel: Er war zwölf Meter breit und bis zu fünf Meter tief, aber meistens trocken. Als Schutz soll das dennoch ausgereicht haben – sagen die Archäologen…
Und sie sagen es auch den Besuchern: Auf Tafeln und mit einer Audioführung entlang verschiedener Figuren aus Cortenstahl. Dumm wird man dabei nicht!
Hinweis:
Der Besuch fand statt im Rahmen einer Pressereise des Tourismusverband Prignitz e.V. im September 2016 zur Vorstellung der Marke „Zeitschätze Prignitz – Zentrale Archäologische Orte“.
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