“Schütte niemals Wasser in den Wein!”

Gespräch mit Marios Kolios, Winzer in Statos-Ayios Fotios, Zypern

Marios Kolios

1999 gründete Marios Kolios sein Weingut. Er macht Wein auf über 1.000 Metern Höhe – naturnah und gut. Wir besuchten den Winzer auf Zypern

Natürlich ist es – vor allem im Sommer – heiß auf Zypern. Sehr heiß sogar – und trocken. Aber von künstlicher Bewässerung hält Marios Kolios nichts. Der 55 Jahre alte Winzer lächelt verhalten und sagt: “Never pour water into your wine!” Da sind wir uns schnell einig, auch wenn er im Moment von der Wachstumsphase des Weins spricht und wir bei einer Weinprobe in seinem Weingut eher an den Maratheftiko im Glas denken.

Rebstöcke auf kargem BodenMaratheftiko ist eine autochthone Sorte Zyperns, aus der aromatische und gehaltvolle Rotweine gekeltert werden. Sie ist sowas wie die Königin der Trauben, allerdings auch fast so selten wie Königinnen (sie wird zur Zeit nur auf etwa zwei Prozent der Weinfläche angebaut) und durchaus auch zickig. Das fängt schon bei der Blüte an: alleine schafft sie’s nicht. „Alles nur Frauen!“ meint der Winzer auf seine lakonische Art. Also gibt’s in der Nähe immer auch eine andere Sorte, damit die Bienen was zu bestäuben haben. Spannenderweise ist das oft eine Weißweinsorte, Spourtiko. Eine „verrückte Sorte“ nennt der Winzer den Maratheftiko – wohl auch, weil nach der Blüte viele Triebe abfallen und später wieder nachwachsen. Klingt komisch? Ist aber so. Dass dadurch entstehende Trauben mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten heranwachsen, nutzen gute Winzer natürlich aus (statt über die Mehrarbeit zu jammern).

Maratheftiko wächst am besten hier oben auf rund 1.100 Metern Höhe auf kargem Kalkstein. Wir sind da ein paar Tage zuvor durchgewandert und hatten uns an offensichtlich sehr alten Rebstöcken nicht satt sehen können. Nun wollten wir wissen, wie alt die denn seien? Einige Stöcke seien bis zu 110 Jahre alt, wusste der Winzer zu berichten – die entlang des Vouni Trails aber wohl nur 40 bis 50 Jahre.

Kolios Winery Im WeinkellerDas Weingut, weil sich ja nicht jeder auf Zypern gut auskennt, liegt in landschaftlich bezaubernder Gegend. Toskana auf hohem Niveau, könnte man sagen (also hügelig und lieblich, mit Zypressen an den Straßen – aber eben 800 bis 1.100 Meter hoch gelegen). Das berühmte Kloster Chrysorrogiatissa (ja, griechische Namen können nüchtern betrachtet ganz schön komplex sein!) ist quasi gleich um die Ecke. Die Höhe tut den Trauben gut, weil es nachts hübsch kalt wird. Das aus dem Nichts gebaute Weingut macht einen schnieken Eindruck – „the wife likes design!“ bekennt der Winzer. Das merkt man im Keller, der nicht nur sehr aufgeräumt wirkt, sondern eben auch mit zu Mustern gelegten Flaschen arbeitet. „The wife“ ist übrigens auch für das Restaurant zuständig, das zum Weingut gehört (aber sein Angebot nur auf Vorbestellung anbietet).

Wir kommen noch einmal auf die Bewässerung zu sprechen. Marios Kolios lehnt sie ab. “Wir bevorzugen Regen!” Und wie oft regnet es? “Manchmal nicht genug…” Die genaue Antwort wisse eh nur Gott. Also wenn es um die Zukunft geht. Wenn es um die Vergangenheit geht, weiß der Winzer sie auch. Der vergangene Winter sei zu trocken und die Sonne danach zu heiß gewesen. “Wir sind halt nicht weit weg vom Mittleren Osten!” Die Erträge sanken – aber: “Wir haben die besten Rotweine bekommen, hoch konzentriert!”

Da ist der Winzer dann hin- und hergerissen zwischen Geschmack und Wirtschaftlichkeit. “I like it strong!” gibt er zu, da sind kräftige und alkoholreiche Weine eher willkommen. Seine Roten haben zwischen 14 und 15 %vol, aber das sei für ihn auch aus einem anderen Grund wichtig: Er mag Chemie beim Wein nicht, arbeitet am liebsten mit der Natur um Einklang. Und wenn Weine alkoholreich seien, spare er Schwefel. “Warum Geld für etwas ausgeben, was ich nicht brauche und das die Natur zerstört?”

Saint Fotios, MaratheftikoZwei verschiedene Maratheftiko gibt es im Weingut Kolios. Der eine heißt Saint Fotios und ist nur im Stahltank vergoren. Der von uns probierte 2014er schmeichelte dem Gaumen, hatte gut eingebundene Tannine. Wir hatten ihn zuvor bereits in einem Restaurant probiert und im Supermarkt nachgekauft, die 14,5 %vol merkt man dem Wein nicht an. Und die 5 Euro ab Weingut (ca. 6,50 € im Supermarkt bzw. 15 € im Restaurant) auch nicht: der schmeckt eindeutig nach mehr (in allen Bedeutungen des Wortes).

Maratheftiko aus dem BarriqueDer zweite Maratheftiko des Weinguts ist noch einmal eine Steigerung. Ausgebaut wurde er im Barrique, aber das Holz ist sehr zurückhaltend, betont allenfalls das Samtige und die komplexen Aromen des Weins. Wir hatten eine Flasche des Jahrgangs 2012 – “aber der ist spätestens in einem Monat ausgetrunken…”

Das Weingut, das Marios Kolios 1999 gegründet hat, ist 12 Hektar groß. Mehr soll’s auch nicht sein: Qualität hat auch was mit Menge zu tun. Kolios erntet alle Trauben per Hand, selektioniert im Weinberg und kontrolliert dann noch einmal die Trauben vor der Vergärung. Das Handwerk des Weinmachens hat er von der Pike auf gelernt. “Ich war elf, als ich meinen ersten Wein trank!” Die Eltern waren ja ein wenig entsetzt, als die Großeltern ihm den Wein anboten. “Nur einen Finger!” sagte der Großvater, und die Eltern stimmten zu. Was sie nicht ahnten: gemeint war nicht die Breite des Fingers, sondern die Länge!

Großeltern und Eltern waren Traubenproduzenten, der junge Marios war der erste, der selbst anfing, Wein zu machen. Zuerst nur für die Familie und für Freunde. Aber, wie man so sagt: es lief ganz gut – und da entschloss er sich dann, daraus den Beruf zu machen, der ihm sichtlich auch Berufung ist. “Ich bin ein Praktiker, habe das nicht studiert”, bedauert er manchmal ein wenig. Aber das Ergebnis zählt! Mittlerweile arbeiten seine beiden Söhne (sie sind 26 und 28) mit im Betrieb – und auch sie wollen von einem Studium nichts wissen.

Persefoni und IrisSie machen’s ja auch so ganz gut, um das mal sehr untertrieben zu formulieren. Seit drei Jahren machen die Jungs den Wein – und nicht nur die Eltern sind zufrieden: der 2017er Persefoni war unser Lieblingsweißwein auf der Insel. Die Rebsorte Xinisteri ist die wichtigste weiße Rebsorte auf Zypern. Auch sie fühlt sich hier auf knapp tausend Metern wohl (die Xinisteri-Anlagen vom Weingut Kolios liegen etwas über 900 Meter). Helle und aromatische Weine sind das Ergebnis – bei Persefoni (5 € Weingut / ca 6,50 € Supermarkt / ca 15 € Restaurant) schien uns die knackige Frucht am besten rausgearbeitet zu sein.

Etwas mehr Säure, aber auch deutlich mehr exotische Früchte in der Nase bringt Iris mit. Die Rebsorte Spourtiko ist ebenfalls eine einheimisch zypriotische, sie erinnerte uns ein wenig an (gut gemachten) Gelben Muskateller. Ein fabelhafter Trinkwein (4 € im Weingut).

Kolios WineryMavro ist die meist angebaute (rote) Rebsorte Zyperns. Sie macht rund 60 Prozent des gesamten Anbaugebiets aus – was insofern schade ist, als dass die Weine aus der Mavro-Traube eher einfache Tafelweine sind. Mavro könne man gut naschen, meint Marios Kolios, aber für Wein sei sie nicht gut, weil die große Traube viel Saft und wenig Schale habe. “Aber wir brauchen die Schale für den Geschmack!”

Was also tun, wenn man die Sorte mit am Berg hat? Rosé machen! Wir probierten 2017er Cornetto. Von der Farbe hätte ich den ja nie genommen, so einen Rosé von der kitschig-kaugummifarbigen Fraktion. Aber der Schein trügt: im Mund (und gaumenabwärts) kam großes Vergnügen mit herrlich sommerlichem Trinkfluss auf. Der Winzer nahm freudig Anteil an unserer Farbdiskussion: Seine beiden Söhne hätten eine Woche lebhaft debattiert, wie lange der Saft auf der Maische stehen solle: 24 Stunden? 36 Stunden? 48 Stunden? Der Vater hat sich rausgehalten (sagt er), aber “ein wenig dunkler hätte es ihm besser gefallen!”

Shiraz-Merlot mit Silbermedaille Cabernet SauvignonEigentlich wollten wir ja nur die einheimischen Rebsorten probieren – aber die Kolios Winery hat ja auch die traditionell europäischen wie Shiraz, Merlot oder Cabernet Sauvignon. Wir probierten einen 2013 Shiraz-Merlot (im Verhältnis 70:30), bei dem sich die Kraft des Shiraz und das Aroma des Merlot perfekt miteinander verbanden. Auf der Weinmesse Oenos 2018 in Thessaloniki gab’s dafür auch eine Silbermedaille – was den Winzer erfreut. Er würde den Wein aber dennoch noch nicht trinken, sondern ihn noch ein Jahr liegen lassen. Da gehen wir mit, denn mit etwas mehr Zeit werden die Tannine sicher besser eingebunden.

Ganz anders der 2011 Cabernet Sauvignon, der dunkelrot im Glas funkelt und 18 Monate im Barrique gereift ist. Mit 15 %vol kein Leichtfüßler, aber ein herrlicher Mund voll Gewürzen und Vanille.

Kolios Winery
8651, Statos-Ayios Fotios
Cyprus

Tel. +357 26724090

[Besucht am 14. April 2018]

Lage des Weinguts

 

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