„Ich bin eine Winzerin“ steht auf dem T-Shirt der Frau, die am Fuße des Mariabergs steht. In der Hand hält sie ein Glas Rosé, gekeltert aus zwei Dritteln Spätburgunder und einem Drittel Dornfelder. „Die ganze Rotweinernte des Jahrgangs 2017 ist da reingegangen!“ sagt sie, probiert einen Schluck, guckt zufrieden und fährt fort: „Und es ist ein besonderer Wein, eine Hommage an unsere Mitarbeiter!“
Dass der resoluten Winzerin dieser Wein eine Herzensangelegenheit ist, merkt man schnell im Gespräch. Leise ist sie ja nie, aber wenn es um Slogans wie „Ausländer raus!“ oder „Frauen an den Herd!“ geht, dann regt sich die ehemalige Weinprinzessin (2010/11, im Jubiläumsjahr 850 Jahre Weinbau in Sachsen) viehisch auf. Gegen derlei dumme Sprüche müsse man sich wehren – und auch aktiv etwas tun, meint sie. Und so beschäftigt sie auch Syrer in ihrem Weingut – und hat gute Erfahrungen gemacht: „Bei uns arbeiten engagierte Christen und Muslime nebeneinander – und es klappt. Wie sind ein frauengeführtes Weingut – aber es gibt keine Probleme!“ sagt sie. Im Gegenteil, das Miteinander sei gedeihlich, die Integration schreite voran.
Die Muslims, die keinen Alkohol trinken, mit einem Wein zu ehren: das gehört wohl auch dazu. Und es ist, muss man sagen, ein schöner Rosé geworden, kräftig und bei Sonnenschein ein idealer Trinkwein. Allerdings gibt es den Wein, der unter dem Label „Edition Frieden“ erscheinen soll, offiziell noch gar nicht: Im Juni soll er auf den Markt kommen, für 13 € die Flasche. Dass wir ihn schon probiert haben, liegt an Pfingsten: da feierte Anja Fritz nämlich das Zehnjährige ihres Weinguts. 2004 war die gebürtige Braunschweigerin und ausgebildete Wirtschaftsassistentin für Fremdsprachen nach Stationen in Mexiko, München, Berlin und einer siebenmonatigen Weltreise ins Spaargebirge bei Meißen gekommen. Zum erworbenen Haus gehörten 600 Rebstöcke. So wurde Anja Fritz zur Hobbywinzerin, die von ihren Nachbarn viel lernte.
Nur ein Jahr später (also 2005) stand der Mariaberg direkt vor ihrer Haustür zum Verkauf. Anja Fritz griff zu – und gründete 2008 das Weingut Mariaberg mit einem Konzept aus Weinbau und Tourismus. Im eigenen Keller sorgte 2012 die Küfermeisterin Anke Schüler für den Ausbau der Mariaberg-Weine. Mit dem Kauf des benachbarten Reichelberges wuchs die Fläche auf 2,1 Hektar im gleichen Jahr an.
Anja Fritz nennt sich die einzige Steillagen-Winzerin Sachsens. Was das bedeutet? Schweiß und Kosten. In den Steillagen werden die Reben ausschließlich in Handarbeit bearbeitet – und da gute Weinberge von der Sonne geküsst werden, ist es da auch ohne Arbeit im Sommer gemütlich warm. „Steillagenweinbau ist ohne Technik, ist mit den Händen, mit den Füßen. Das heißt, 50 Kilo Düngesäcke transportieren von unten nach oben, Pflanzenschutz betreiben bei 25 Grad. Das ist das Besondere und natürlich, wenn man Trauben erntet, dass diese Tonnen von Trauben von ganz oben auch wieder nach unten kommen, ohne Transportmittel“, sagt die Winzerin.
Und dann sind da noch die Trockenmauern – überall dort, wo Steillagen sind, prägendes Bild für die Kulturlandschaft Weinberg. Aber vor allem wenn sie alt sind und marode, sind Trockenmauern eine kostspielige Angelegenheit. Anja Fritz ließ 700 Quadratmeter der Mauern sanieren. Kein Wunder, dass ihr die Reben lieb und teuer sind – wobei sie auch ein bissl stolz ist auf die alten Reben, die 30 Jahre und älter sind und 80 Prozent ihres Bestandes ausmachen.
2013 gründete Anja Fritz zusammen mit dem Diplom-Oenologen Martin Schwarz die gemeinsame Kellerei, die „Weinmanufaktur am Mariaberg“. Die beiden Steillagenwinzer keltern hier ihre Weine gemeinsam. Der Mariaberg bringt mit dem Jahrgang 2017 rund 12.000 Flaschen auf den Markt.
Weingut Mariaberg
An der Spaargasse 1
01662 Meißen
Tel.+49 170 4335586
www.weingut-mariaberg.de
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