Saurer Wein und frisch geräucherter Lachs

Besuch bei Bernd Kämpfe / Weinterrassen Kämpfe

Weinterrasse Kämpfe

Seit sich die Lachse seit der Jahrtausendwende wieder elbaufwärts trauen, halten sie sich auf ihrem Weg zu den Laichplätzen in den oberelbischen Seitenflüsschen kurz vor Meißen hart Steuerbord. Es hat sich scheinbar rumgesprochen in Lachskreisen, dass jeden Freitag am Ufer linker Hand (pardon: Flosse) Bernd Kämpfe und seine Mädels aus Küche und Service den Räucherofen im Weinberg anschmeißen, weil am Abend selbst geräucherter Lachs auf der Karte steht. Allerdings irren die Lachse sich in einem Punkt: Was da abends frisch auf den Tisch kommt, stammt nicht aus der Elbe. Die Lachse dort stehen nämlich unter Schutz – noch sind es zu wenig.

Die Weinterrassen liegen unterhalb des Weinbergs Proschwitzer Katzensprung an der Straße von Meißen nach Diesbar-Seußlitz – von außen erkennbar an Weinfässern, Weinlaub und (im Sommer zumindest) reichlich Blumenschmuck. Zur Gaststätte geht es ein paar Stufen hoch – wobei der Restaurantname durchaus ernst zu nehmen ist: auf halber Höhe gibt es eine Sommerterrasse mit Blick ins Elbtal und zur Albrechtsburg, eine kleinere, dafür geschütztere Frühlings-bzw. Herbstterrasse und ganz oben den Wintergarten – den nahmen wir, weil’s bei der Witterung Anfang September angemessen war.

Wir saßen zu fünft in der Liebeslaube – so heißt die leicht erhöhte Ecke hinten, in der man prinzipiell auch kuscheln könnte. Was dagegen spricht: Unten ist es rammelvoll, der Winkwitzer Heimatverein ist zu einer Weinprobe gekommen – und der Winzer Bernd Kämpfe entpuppt sich als brillanter wie wissender Unterhalter. Da ist man doch automatisch Zuhörer, also nix mit Kuscheln. Statt dessen Wein vom Winzer. Zum Einstieg gab es einen Rotling – also einen Wein, der aussieht wie ein Rosé, aber aus roten und weißen Trauben hergestellt ist. In diesem waren Spuren von Spätburgunder, Regent, Dornfelder sowie Müller-Thurgau und Weißburgunder. Wieso gerade diese Zusammensetzung? „Da kommt rein, wovon ich wenig habe!“ lautet die herzerfrischend ehrliche Antwort von Bernd Kämpfe. Zu wenig wäre noch korrekter – also zu wenig, um den Wein sortenrein auszubauen. Der getrunkene Verschnitt war recht dunkel (es gibt auch einen im Angebot, der deutlich zarter ist – aber auch nicht so gut schmeckte).

Bernd Kämpfe, der seine erste Weinprobe 1976 bei Vincenz Richter hatte und seitdem einiges dazu gelernt hat, baut seine Weine trocken aus – wer es mag und die Steigerung verträgt: furztrocken. Das merkten wir besonders bei dem danach probierten Müller Thurgau und vor allem beim Riesling – der manchem sicher den Ausruf „boah ist der sauer!“ entrungen hätte. Sächsisch-sauer hat ja Tradition, aber nach dem dritten Glas geht’s…

Nebenan probieren sie gerade den dritten Wein, was ja bei einer Probe gerade die Hälfte markiert. Die Sitten sind streng beim Kämpfe: „Bitte austrinken, wäre doch sonst schade drum!“ – „Nu kloar doch!“ Bernd Kämpfe macht in Heimatkunde, spricht von Klöstern wie Heilig Kreuz gegenüber und St. Afra in Meißen auf dem Berg. Und er philosophiert vom Leben und seinen Freuden. Und er fragt in die Runde, ob sich jemand denken könne, warum er wohl ausgerechnet einen Mönch als Wappen habe? Keine Ahnung überall. Also erzählt der Winzer. Von den etwa 30 Nonnen in Heilig Kreuz. Von einem Mönch, der aus St. Afra kommend die Nonnen besuchte und, ähm, wie sagt man? „Sexerprobe!“ mutmaßte ein Gast, nicht schlecht. Aber egal wie: Um wieder zu Kräften zu kommen, trank er Wein. Und das verschaffte ihm die Ehre, das Logo zu zieren. Neben vielen anderen Dingen, natürlich.

Am Tisch war mittlerweile der Lachs serviert: Was für ein Duft! Der Gargrad perfekt, die Tranche nicht zu klein und offensichtlich sehr frisch. Dazu gab’s eine Ofenkartoffel mit reichlich Sauerrahm, cremig und prima gekräutert. Ein starker Geschmack – was dazu trinken? Der Müller ging, war aber ein wenig zu schwach, um gegenzuhalten.Was besser passte: Eine Scheurebe von Schloss Proschwitz…

Update 2023: Bernd Kämpfe verstarb am 17. März 2023.

Weinterrassen Kämpfe
Elbtalstraße 28
01662 Meißen

Tel. (03521) 73 84 61
www.weinterrassen.de/

Geöffnet (aktualisiert 2020):
Auf Bestellung täglich zu jeder Zeit

[Besucht am 12. September 2014 | Zu Beiträgen und Karte der hier besprochenen Winzer und Besenwirtschaften in Pirna, Dresden, Radebeul, Coswig und Meißen]

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*