Dafür, dass das Wein & fein in Radebeul immer noch kein richtiges Restaurant ist, sind wir ganz schön oft da. Aber vielleicht sind wir es ja genau deswegen und nicht trotzdem. Verwirrt? Hier kommt die Aufklärung: Gräfes Wein & fein ist eigentlich ein Ladenlokal, in dem es (pardon, die Erklärung ist bei dem Namen ja fast banal) Wein und andere feine Dinge gibt. Diese anderen Dinge sind hauptsächlich Käse und Wurst, vorzugsweise aus der Region. Dann und wann ist aber auch der hintere Teil des Hauses aktiviert – dort gibt es eine kleine Küche. Kochfrei, wie wir Anfang des Jahres bemerkten – aber mit einer mehr als engagierten Köchin, wie wir dann erfreut feststellen konnten. Aber da greife ich ja ein wenig schon vorweg.
Außerhalb der Kochsternstunden-Öffnungszeiten gibt es das Restaurant nur auf Vorbestellung – ein kleines Grüppchen sollte es dann auch schon sein. Wir waren exakt das (ein kleines Grüppchen), hatten angerufen und den Wunschtermin bekommen – alles gut. Eine Karte gab’s nicht: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt! Wobei wir vorher Unverträglichkeiten einzelner Gäste durchgegeben hatten, so dass die Küche unter Nicolle Kirsten das berücksichtigen konnte. Die (also nicht die Küche, sondern die Frau Kirsten) wird auf der Webseite von Wein & fein als „Radebeuler Perle & Studierte Kulturwissenschaftlerin“ vorgestellt – wobei ihr Thema schon arg ins Jetzt wies: Die Soziologie des Weintrinkens. Wir widmeten uns dem Thema im Laufe des Abends ebenfalls, allerdings mehr so von der praktischen Seite.
Mit einem Rieslingsekt vom VDP-Weingut Karl Schaefer begrüßte Matthias Gräfe die Gäste. Der aus biologisch erzeugten Trauben gewonnene Riesling brut „Quetschenbaum“ wurde nach dem Prinzip der traditionellen Flaschengärung hergestellt und zeigte sich mit kleinen feinen Perlen im Glas. Geschmeckt hat’s auch, und den Spruch mit dem einen Bein, auf dem sich – na, den kennen Sie ja. Danach gab’s im Laufe des Abends natürlich begleitende Weine zu den vier Gängen – aber nix aus Sachsen: „Die Weine wachsen doch vor Ort, da kann man ja sogar die Winzer besuchen!“ Also tranken wir zur Vorspeise – eine Büffelmozzarellarolle und eine Tomaten-Oliven-Foccacia den berühmten Urologenwein des Weinguts Knipser. Der (nach dem Rieslingsekt von Schaefer) zweite Pfälzer des Abends war der 2012 Riesling trocken HPB, zu dem es in dem Büchlein „111 deutsche Weine, die man getrunken haben muss“ eine hübsche Geschichte gibt. HPB, so lernen wir, seien die Initialen eines „Urologen aus Speyer mit Stahlmagen“, der nach einem sehr säurebetonten Wein gefragt hatte. Den sollte er haben – und wir nun auch.
Der Gräfesche Humor ist sehr feinsinnig, weswegen wir nach dem sauren Wein einen Wein von Sauer bekamen – von Horst Sauer. Der 2011 Escherndorfer Lump ist natürlich kein bisschen sauer – sondern ein fruchtiger und saftiger Silvaner trocken aus Franken, der dem Filet von der Lachsforelle auf Pfifferlingsrisotto sehr schmeichelte. Das war, um endlich auch mal was zum Essen zu sagen, ein wunderbar cremig-schmelziges Risotto, dem nicht nur die namensgebenden Pfifferlinge Geschmack gaben, sondern auch einige knackig-zarte Erbsenschoten. Der Hauptgang nannte sich Bauernfrühstück „mal anders“ – und wir waren gespannt, was da denn anders sein sollte. Zuerst einmal war das mit dem begleitenden Wein anders: Es gab einen Roten von Roth, einen 2012 Lemberger aus Württemberg. Den nahmen wir nach einem Probeschluck nicht – irgendwie mochte ich die gerbstoffbetonten 14% nicht. Die Alternative hatte auch 14%, aber besser eingebunden. Und der 2011 Weißer Burgunder Kastanienbusch von Gies-Düppel (aus Birkweiler in der Pfalz) war genau der passend etwas andere Wein zum ebenso etwas anderen Bauernfrühstück: krosse Bratkartoffeln, ein Rindersteak und obendrauf ein Spiegelei. Das könnte, jede Wette, auch dem Bauern zum Frühstück schmecken.
Wir hatten am Anfang des Abends über eisenreiche Ernährung gesprochen – da war Pfirsich-Trifle zum Dessert nicht wirklich allererste Wahl. Sollte es ja auch gar nicht sein, sondern eher ein süßer fruchtiger Abschluss. Und was ist mit Eisen? Na, da nahmen wir einfach ein Gläschen 2004er Eiserne Hand – eine Scheurebe Beerenauslese vom Weingut Hiestand in Rheinhessen!
Ladenlokal Gräfes Wein & fein
Hauptstrasse 19
01445 Radebeul
Tel.: 0351 | 8 36 55 40
www.graefes-weinundfein.de
Geöffnet (Ladengeschäft):
Di-Fr 10.30–18.30 Uhr
Sa 9.30–14.30 Uhr
… und auf Anfrage
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