Champagnerlehrgang in sechs Lektionen

Kochsternstunden 2019: Champagnerabend im Restaurant finesse

KSS Champagnerabend finesse

Essen und Trinken wollen gelernt sein. Und ja, man lernt auch in diesem weiten Feld nie aus! Zum Beispiel Champagner: da denkt man doch gleich an dieses gewisse Prickeln und an den Auftakt eines dann vielleicht schönen Abends. Zum Essen dann einen guten Roten oder Weißen, je nach Geschmack – und wenn’s gut läuft, am Abend an der Bar dann noch ein Glas Schampus. Aber halt! Wie fad ist das denn, alles so zu machen wie immer? Wie wäre es denn, mal nur so zum Beispiel, mit einem fünfgängigen Menü – und davor, dazu sowie danach nur Champagner?!

Geht das? Ja, das geht. Gut sogar. Hartmut Richter, dessen kleines Ladengeschäft in der Nähe der Frauenkirche den Begriff Weinboutique im Namen hat, hat seine Bar R9 in den vergangenen Jahren durch beharrliches Werben für jegliche Art von gutem Champagner zum HotSpot für die Freunde prickelnder Getränke gemacht. Um seine Dienst- und Recherche-Reisen in die Champagne beneiden ihn viele – aber man profitiert auch als Daheimgebliebene(r) ganz gut davon, denn er kommt ja nie mit leerem Kofferraum zurück. Und mit so Ideen wie: wir begleiten ein komplettes Menü nur mit Champagner. „Warum machen wir das?“ fragt Hartmut Richter sich und das Publikum und gibt vorsichtshalber gleich mal selbst die Antwort: „Champagner ist ein Wein – mit dem Unterschied, dass Kohlensäure drin ist. Also kann man natürlich auf ein komplettes Menü mit Champagner begleiten!“

Als er das sagte im Restaurant finesse, hatten ja alle Gäste bei diesem Abend im Rahmen der Kochsternstunden schon ein erstes Glas im Steh’n getrunken (also mindestens eins – die Flasche war groß, drei Liter, Doppelmagnum…): Alexandre Bonnet, Brut Grande Réserve. Das ist Richters Hausmarke, die er selbst aus dem Süden der Champagne importiert. Dieser hatte 80 Prozent Pinot Noir (natürlich weiß gekeltert) drin und 20 Prozent Chardonnay, was wir uns alle für später merken sollten, aus Gründen.

Aus Vertus, „dem südlichen Teil des Nordens der Champagne“, kam als zweiter Champagner des Abends der EB (wie extra brut, also theoretisch zwischen null und sechs Gramm Restzucker) von Doyard Mahé. Die Cuvée Désir besteht zu 100 Prozent aus Chardonnay und hat 4 g Restzucker. Die meisten Trauben stammen aus der 2014er Ernte, einige aus der stillen Reserve des Hauses. Zeit zu reifen hatte er auch, denn degorgiert wurde erst im November 2017. Leicht und elegant ging der uns über die Zunge. Der Anweisung/Empfehlung des Moderators folgend, nahmen wir erst einen groooßen Schluck, um den Gaumen ordentlich teilhaben zu lassen, um dann das Wechselspiel vom Champagner mit dem Sashimi vom Ketalachs auszutesten (wobei eher die Begleiter Soja und Koriander die Herausforderung waren). Aber ja: kann man so machen!

Der Preis für die hässlichste Flasche des Abends ging an Alexandre Bonnet. Er wurde allerdings im Zusammenhang mit dem Preis für die tollste Geschichte überreicht, und die geht so: Bei der Hausrenovierung entdeckte man am 8. Februar 2012 einige Ledersäckchen mit Goldmünzen, um exakt zu sein: 497 Goldmünzen. Die 20-Dollar-Münzen wogen je 33,437 Gramm, und natürlich hat man sie (pardon für das billige Wortspiel) versilbert und sich von den 720.000 Euro aus der Versteigerung der Münzen was gegönnt. Unter anderem zur Erinnerung einen besonderen Champagner, in der Goldflasche. Augenpulver außen, aber dank der Assemblage von 80 Prozent Chardonnay und 20 Prozent Pinot Noir ein weicher, buttriger Champagner. Hätte man zur Consommé trinken können, die unter dem märchenhaften Titel „Wilde Praline segelt auf Hoher See“ auf den Tisch kam, aber wir haben uns in Trennkost geübt, was ja auch mal ganz gesund sein soll.

Elvis Herbeck und Marcel SpahnAn diesem Abend standen in der Küche des finesse zwei Köche: Küchenchef Elvis Herbek und, als Gastkoch, Marcel Spahn. Der ist eigentlich Küchenchef im Restaurant VEN. Beide Restaurants nehmen an den diesjährigen Kochsternstunden teil – aber auch wenn das ein Wettbewerb ist, haben sie kein Problem damit, so einen Abend gemeinsam zu gestalten. Miteinander statt gegeneinander – ein Zeichen wahrer Kollegialität unter den jungen Köchen. Zwei Gänge (unten in der Auflistung die mit dem +) stehen so ähnlich im VEN-Menü, die anderen drei (diese *) gibt’s beim Wettbewerb im finesse.

Vegetarisch ging es weiter mit einem Gemüsebeet, in dem ein Mus von Kerbelknollen mit Kerbelgrün die Basis bildeten für eine Gemüsevariation, die ans Leipziger Allerlei erinnerte – mit lila und roter Karotte, Kohlrabi, Morcheln, Kresse und Quinoa-Popkorn. Dazu gab es – endlich mal! –ein Glas Champagner. Dieses Mal ein Jahrgangschampagner aus dem Jahrgang 2008, der sich in der Magnum nahezu jugendlich frisch gehalten hatte. 100 Prozent Chardonnay (aus dem Haus Doyard Mahé). Der Empfehlung des Meisters folgend nahmen wir nahezu geschlossen einen großen Schluck pur (der schönste Teil der Zeremonie!), einen zum Pürree (der aufregendste Teil!), dann wieder einen pur und einen zur Morchel. Ganz schön anstrengend, so ein Champagnerlehrgang am Abend…

KSS Champagnerabend finesseZur Erholung schenkte der Herr Richter dann zur Abwechslung einmal ein Champagner aus, der 100 [ aus Pinot Noir (also Spätburgunder) hergestellt ist. Daraus hat Alexandre Bonnet einen kraftvollen Champagner Rosé gezaubert, der genug Wucht hatte, mit dem 36 Stunden lang geschmorten Rinderbäckchen mitzuhalten (und dort vor allem auch mit der Sauce).

Der letzte Champagner überraschte: der war ja gar nicht trocken! So pur getrunken durchaus herausfordernd – aber mit dem Dessert (in dem unter anderem Minze zur Marshmallow wurde und Karamell vorkam) gab es die Wandlung zu einem richtig gut passenden Begleiter. Mit der Cuvée Riche, Demi Sec von A. R. Lenoble bekamen wir dann auch wenigstens einmal am Ende des Abends einen Champagner, in dem die klassischen Rebsorten gemeinsam vorkamen – Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay.

Den hier nacherlebten Champagnerabend gab’s nur einmal (mit einer kleinen Wiederholung…) – aber wer auf den Geschmack gekommen sein sollte, kann sich ja den 10. Mai schon mal in den Kalender eintragen. Da erlebt die Fête du Champagne ihre Premiere im Stadtmuseum: eine Champagner-Gala, bei denen die fünf Champagnerhäuser Doyard-Mahé, Taittinger, Leclerc-Briant, Maison Alexandre Bonnet und Charles Heidsieck vertreten sein werden. In der imposanten Eingangshalle des Dresdner Stadtmuseums werden sie – vorzugsweise aus Magnumflaschen – je drei Cuvées ausschenken. „Und das ohne Limit, solange der Vorrat reicht!“ freut sich Hartmut Richter schon heute. „Wir konnten alle hinterher noch Taxi fahren!“, hatte Hartmut Richter das Probeessen für den Abend zusammengefasst. Den Spruch sollte man sich für die Fête du Champagne merken! Aber eigentlich galt er auch schon für den Champagnerabend…

Das Menü

  • Sashimi vom Ketalachs, Soja, Koriander, Crunch, Raffinesse*
  • „Wilde Praline segelt auf Hoher See“+
  • Gemüsebeet [vegetarisch], Kerbel, Morchel, Karotte, Perlzwiebel+
  • 36h geschmorte Rinderbäckchen, Baumkuchen, Peluschken, Rübe, Minze*
  • CheeseCAKE 2.0*

Gänge mit einem * kommen aus dem Kochsternstundenmenü des Restaurant finesse, die mit einem + sind Variationen des Menüs im VEN.

Die Champagner

  • Alexandre Bonnet, Brut Grande Réserve
  • Doyard Mahé, Cuvée Désir, Extra Brut
  • Alexandre Bonnet, Tresor Cache, Brut
  • Doyard Mahé, CuvéeMillésim, Chardonnay
  • Alexandre Bonnet, Champagner Rosé, Expression Brut
  • A. R. Lenoble, Cuvée Riche, Demi Sec

Der Preis

Menü inklusive Champagner, Mineralwasser und Espresso 139 €

finesse
Schützengasse 13
01067 Dresden

Tel. +49 351 / 48454930
www.restaurant-finesse.de

Öffnungszeiten:
Mi–Fr 11.30–14.30 Uhr und 17.30–22.30 Uhr
Sa und Di 17.30–22.30 Uhr

[Besucht am 1. März 2019 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]


Hinweis:

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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