„Der Wein weiß vieles abzufragen,
dem Wasser würdest Du’s nicht sagen!“
Trinkspruch auf einer Agraffe
Kreativität: Leidenschaft & Perfektion trägt Marcel Kube als sein Motto deutlich sichtbar mit sich herum – es ist als Tattoo auf dem rechten Unterarm festgehalten und schwingt bei jedem Arbeitsschritt (aber auch beim Weingenuss 😉 ) sozusagen mit. Marcel Kube ist Küchenchef im Atelier Sanssouci der Villa Sorgenfrei – und seit einer Woche einer der beiden vom Guide Michelin neu ausgezeichneten Sterneköche in Sachsen. Das macht ihn nicht zu einem besseren Koch, aber zu einem, der mehr beachtet und wohl auch beobachtet wird. Sein Auftritt bei Gräfes Wein & fein als kochender Gast im Radebeuler Feinkostladen mit angeschlossener kleiner Küche war schon lange geplant – und selbstverständlich blieb es dabei.
Vier Gänge gibt es jeweils an den Abenden der Reihe Gäste kochen für Gäste – das war, wie auch der Endpreis (und somit das Budget) vorgegeben. Beim Kube-Abend durfte es ein bissl mehr sein, denn zum einen lautete die Umschreibung für den ersten Gang eh „Viele Sachen in die Mitte“, zum anderen schob Kube noch einen Gang ein, den er gerade besonders mag. Obendrein wurden die vielen Sachen, die er mit seinen Helferlein in die Mitte der langen Tafel stellte, mehr als ursprünglich geplant. Aber so ist das, wenn der och seine Lieblingsgerichte aussucht, da findet man nicht so schnell ein Ende. Die Helferlein (mein Begriff, nicht der von Marcel Kube…) waren an diesem Samstag seine Freundin Sandra Bauer und Dominik Kühne (Kube: „der ist im Atelier Tournant und hat heute seinen freien Tag…“ ) sowie natürlich Birka Schabehorn, die seit Januar im Wein & fein die Küchengeschicke leitet.
Die Mitte gab es natürlich mehr als einmal – bei einer langen Tafel für (geschätzt) 26 Leute ist das auch besser so. Aber die Grundidee blieb: die kleinen Naschsachen sorgten dafür, ins Gespräch zu kommen, da sie auf Platten für jeweils einige Gäste gereicht wurden. Allergrößter Gesprächsbedarf bestand beim Kartoffelbrot mit Hähnchenhaut-Butter. Wie macht man die denn? „Ganz einfach!“ meint Kube – aber wenn man so kochen kann wie er, dann scheint alles einfach zu sein. Hier hat er also Hähnchenhaut knusprig gebacken, das Fett aufgehoben und mit Butter aufgeschlagen. Ein wenig Pfeffer und Salz – fertig. „Was Einfaches, aber lecker!“ sagt der Sternekoch und geht wieder in die Küche, nur um dann mit noch so einer Sache rauszukommen. Rotwein-Chorizo. Kennt man ja vom Spanier, aber irgendwie war die hier schon besonders. ob’s am Wein lag? Kube, der im Prinzip nicht viel spricht, sondern lieber macht, lächelt. „Was einfaches, Barolo!“ Es nimmt ihm keiner ab, aber alle freuen sich. Es gab noch mehr Kleinigkeiten, da hat man schon gut zu tun. Die ersten Damen achten auf ihre Figur und meinen, dass es ja nun eigentlich schon reiche – aber dabei hatten wir ja noch gar nicht richtig angefangen!
Gastwinzer an diesem Abend war Bernd Kastler vom Weingut kastler friedland, das es seit April 2014 im benachbarten Ortsteil Zitzschewig (der Name spricht sich nach dem Wein übrigens bedeutend leichter aus als vorher…) gibt – mit Lagen aus der gesamten Lößnitz. Wein machen sie mittlerweile von Trauben aus 4 ha, ein Großteil davon sind eigene Lagen der beiden Winzer Bernd Kastler und Enrico Friedland. Zu den kräftig-aromatischen Vorspeisen hatte Bernd Kastler eine Scheurebe ausgesucht. Klingt mutig, war es auch – aber wenn man’s begründen kann, geht ja viel. „Ich denke, die Scheurebe passt zu den vielen Aromen der Vorspeisen, mit ihren fruchtigen Noten!“ Gut gedacht! Und dass es zum eingeschobenen und nun offiziell zum ersten Gang erklärten Signature-Dish von marcel Kube einen Silvaner gab, der in Sachsen nur von kastler friedland angeboten wird und (Zitat des Winzers) „Lust auf Mehr erweckt“, war eh grandios. Der Gang heißt Wildkräuter-Buchtel mit Wildkräutern | Pilze und Dresdner Berle, wobei die Berle eine hiesige Spezialität ist und sich wie Parmesan über das Gericht hobeln lässt. Es muss halt gar nicht immer Käse von weit her sein …
Lustig fand ich die Idee, Angeldorsch wie Königsberger Klops schmecken zu lassen, also zumindest fast. Aber mit Kapern, Blattspinat und Salzzitrone als Highlight dazu. Und dazu einen Wein, der eigentlich nicht geplant war. „Da hätte ich gestern noch gesagt: das geht überhaupt nicht!“ bekannte Bernd Kastler – denn es gab einen Traminer dazu! Das Volksgetränk der Sachsen ist ja nicht was, das man sich zu Fisch vorstellt. Aber: die Salzigkeit der Kapern und die Säure der Salzzitrone paarte sich gut mit der Lieblichkeit des Traminers. Experiment gelungen! Dass so ein Wechsel überhaupt ging, war dann die Gelegenheit für einen kleinen Werbeblock. Und der ging in etwa so: Wein & fein bietet für die Weine von kastler friedland einen Weinverkauf zu Weingutspreisen an – hat also (in fußläufiger Nähe) ein Lager mit all den Weinen. Und da Winter ist, sind die sogar halbwegs gekühlt – was spontane Entscheidungen wie einen Weintausch ja erst möglich macht.
Beim Hauptgang wäre es fast sprachpolizeilich politisch geworden, aber Matthias Gräfe (an dem ja ein fulminanter Alleinunterhalter verloren gegangen ist – aber so als Gastgeber und Weininspirator kann er das Geschick ja auch gut gebrauchen…) hatte vorgesorgt. Ja, man darf diese Sauce und ihre Art der Zubereitung Zigeuner Art nennen. Gut dass wir drüber gesprochen hatten, denn so konnten wir eine teuflisch zarte Poularde in nicht ganz so teuflisch scharfer Sauce einfach nur genießen, wahlweise mit einem Spät- oder einem Weißburgunder (beide Jahrgang 2015, beide im Holzfass ausgebaut, beide passend, sehr sogar). Und, um es kurz zu machen, die Kerner-Auslese zum Dessert dann sowieso.
Eigentlich, dachten wir uns so, könnte der Herr Gräfe sich öfter mal solche Gäste ins Haus holen. Dann hat man wenigstens was Leckeres zum Lachen mit den Nachbarn am Tisch.
Das Menü
- Viele Sachen in die Mitte: Rotwein-Chorizo | Drillinge und Speck-Mayo | Schinkenbrot mit Pilzmarmelade | Tapiokabrot mit Karotte und Vadouvan | Kartoffelbrot mit Hähnchenhaut-Butter
- Wildkräuter-Buchtel mit Wildkräutern | Pilze und Dresdner Berle
- Dorsch Königsberger Art mit Rote Bete | Salzzitrone | Blattspinat
- Poulardencrepinette Zigeuner Art mit Rauchpaprika | Trüffel und Kloßkroketten
- Rumtopf mit Kaffee-Schokoladencreme und Marmorkuchen
Die Weine
alle Weine vom Weingut kastler friedland, Radebeul, Sachsen
- 2017 Scheurebe
- 2017 Silvaner
- 2017 Traminer
- 2015 Spätburgunder
- 2015 Weißburgunder (große Flasche!)
- 2015 Kerner Auslese
Der Preis
4-Gang-Menü inkl. Weine vom Winzer, 1 Reparaturwein und Wasser 69,00 €
Gräfe‘s Wein & Fein
Hauptstraße 19
01445 Radebeul
Tel. +49 351 / 8365540
www.graefes-weinundfein.de
Kochsternstunden-Menü:
Termine, Köche, Winzer und Menüs auf der Webseite von Gräfe’s Wein & fein.
Etliche Termine sind bereits ausgebucht, also bitte auf jeden Fall vorher reservieren.
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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