Der Hummer umklammert mit seinen beiden Scheren wie verzweifelt die Beute vor ihm. Er sollte einsehen, dass das keinen Zweck hat: der Hummer ist rot – also ist er tot. Zum Verzehr freigegeben. Die Perlen, die er vor sich hat, sind auch nicht das, was er sich vielleicht gedacht haben könnte – wäre er noch am Leben und hätte in dieser Weise denken können. Die Perlen sind nämlich eigentlich Weinperlen – Kerner, um genau zu sein. Vom Ricco Hänsch, wie man sich denken kann.
Die Weinperlen gibt’s schon seit dem Frühjahr hier beim Winzer Hänsch. Der macht ja immer mal wieder gerne so experimentelle Dinge – wir erinnern uns an den Wein in ganz kleinen Flaschen (Wine in Tubes) vor fünf Jahren. Die Perlen minimieren den Wein – Stück für Stück, Perle um Perle – natürlich noch einmal enorm. Aber sie haben den Aha-Affekt in sich, weil man ihnen in ihrem unschuldigen Weiß den Inhalt ja erst einmal nicht ansieht. Als Gast einer kleinen Nachmittagsrunde im Weingut von Ricco Hänsch und mit dessen Freund Reinhart Kremtz als Einlader ahnt man natürlich: da steckt mehr dahinter.
Aus Sicht der Perlen ist klar, was dahinter steckt: der Hummer. Aber so ist das nicht gemeint. Es geht ja schließlich ums große Ganze, es geht um Hummer und Weinperlen. Und nicht nur Hummer, Weinperlen tummelten sich auch am Filet, an Meeresfrüchten, Quarkkäulchen und Käse. „Ich will mal testen, ob das geht!“ erklärte der Herr Kremtz und ergänzte sehr freundlich: „Also ihr sollt das testen!“ Weitergehende Fragen wie „Warum?“ wurden mit einem 2017 Weißburgunder von Ricco Hänsch und der alles offen lassenden Gegenfrage „Warum nicht?“ beantwortet. Also ran an Hummer, Jakobsmuschel, Riesengarnelen, Filet und Co. Das war alles, obwohl es da ja schon stand, als wir kamen, recht gut im Gargrad und sowieso geschmackvoll. Die Perlen, die überall dabei waren, gehen im Mund bei leichtestem Druck auf – und man hat Kerner im Maul, feinst dosiert. Der geht erstaunlich gut zu den Köstlichkeiten – kann aber natürlich nur eine Anregung geben, was man denn sonst auch so trinken könnte.
Kerner vielleicht? Wir versuchten eine Fassprobe des 2018er, der sich gut macht, aber sicher noch ein wenig braucht, um das volle Aroma auszuspielen. Mittlerweile lässt Ricco Hänsch ja seinen Weinen die Zeit, die sie brauchen – also warten wir geduldig ab und denken: das wird schon was Passendes! Zum Stichwort passend versuchen wir den genussvoll grinsenden und mit uns genießenden Reini Kremtz noch ein wenig zu löchern, aber die Bemühungen gestalten sich zu dem, was man bei Serien einen Cliffhanger nennt. Wir erfahren also, dass das Arrangement Teil eines Tests sei – für Systemgastronomie. Die Quelle der Weinperlen war ja eh kein Geheimnis, die Quelle des Essens konnten wir erfahren:“Systempartner für all diese Dinge ist das Bauernhäusl Meißen“, verriet Reinhart Kremtz. Das Bauernhäusl kennen wir – von Weinwanderungen und von Weihnachtsfeiern mit gnadenlos gutem Gänse-Menü. Was die mit Systemgastronomie zu tun haben – und wo das System gastronomisch realisiert wird – dazu schwieg der Gastgeber.
Aber wir wissen schon, wo und wann wir ihn weiter befragen können…
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