Der wissende Aussteiger

Besuch von San Morroig, dem Wohnsitz von Erzherzog Ludwig Salvator (S'Arxiduc Luis Salvador)

Son Marroig
Der Pavillon ist aus Marmor und kommt aus Italien. Er steht aber auf Mallorca, an einer der schönsten Stellen der Insel. Aufstellen lassen hat den Pavillon Ludwig Salvator, offizieller Titel: Erzherzog von Österreich und Prinz von Toskana. Sein inoffizieller Titel hat ihm zwar kein Geld gebracht (das zu haben ihm die von ihm geliebten Dinge ja erst möglich gemacht haben), gereichte ihm aber sicher zur Ehre: S’Arxiduc nannten ihn letztendlich die Mallorquiner – ihren ungekrönten König.

Als sie den jungen Erzherzog kennen lernten, hielten sie ihn freilich eher unverhohlen für einen Spinner: hat er doch seit 1873 steiniges Land im Nordwesten der Insel gekauft, das den Bauern nutzlos erschien. Und merkwürdige Regeln stellte der Aussteiger auch noch auf für sein am Ende 16 Kilometer langes und bis zu 10 Kilometer tiefes Eigentum zwischen den Orten Valldemossa und Deià: hier durften keine Bäume gefällt und keine Häuser errichtet werden. Tiere durfen nur zu Nahrungszwecken getötet werden und genossen ansonsten ein schönes Leben auf dem Areal.

Ludwig Salvator, der trotz seiner großzügigen Apanage von 100.000 Kronen jährlich sich lieber in der Gesellschaft einfacher Menschen bewegte und auf sein Äußeres keinen besonderen Wert legte, war ein wissenschaftliches Multitalent, ein begnadeter Beobachter und fleißiger Chronist. Sein siebenbändiges Monumentalwerk „Die Balearen“ ist ein zuverlässiges und genaues Zeugnis jener Epoche – wie auch die genaue Beschreibung der Äolischen Inseln in acht Bänden. Es scheint nichts gegeben zu haben, was den dicken Luigi (wie der Gatte von Sissi ihn sicher nicht ganz ohne Neid nannte, weil Sissi 1892 ihren 55. Geburtstag und das Weihnachtsfest mit eben jenem Luigi auf Mallorca verbrachte). Ob Zärtlichkeits-Ausdrücke und Koseworte in der friulanischen Sprache (online lesen), die Sammlung mallorquinischer Märchen oder seine Betrachtungen zur Weltausstellung und der aufkommenden Suche nach Sehnsuchtsorten auf Mallorca – der Erzherzog hatte immer was zu sagen (und das war kein Blabla!).

Son MarroigSon Marroig, war der Hauptwohnsitz von Ludwig Salvator auf Mallorca – wenn er mal nicht mit seinem Forschungsschiff Nixe unterwegs war. Die Finca ist (seit 1927) ein Museum (die Webseite ist auch eine Art Museum, seit 2010/2011 nicht unbedingt aktualisiert). Wer immer schon einmal eine Jungfrau aus Alabaster aus dem 13. Jahrhundert sehen wollte: gibt es dort zu sehen. Außerdem Gemälde an den Wänden, Bücher in Vitrinen, antike mallorquinische Möbel, mallorquinische Stoffe und griechische Statuetten. Aber vielleicht am schönsten: der architektonische Gesamteindruck. Und noch schöner: jeder Blick aus dem Fenster. Und nochmal schöner: der Garten. Natürlich mit dem Tempel aus Marmor aus Carrara, der leider umzäunt ist. Allerdings kann man (wenn man beispielsweise eine Hochzeit dort bucht) auch im eingezäunten Gelände feiern und unterm Marmortempeldach sich küssen…

Lochfelsen Sa Foradada Son Marroig_6591Die Halbinsel Sa Foradada, die man unten erblickt, ist ein lohnendes Kurzwanderziel. Zweieinhalb bis drei Stunden braucht man, aber nicht (nur) wegen der Strecke (je nach Abweichungen vom Pfad 6,5 bis 7 km, ca. 280 m runter und  wieder hoch – steil manchmal), sondern auch wegen der schon atemberaubenden Blicke. Miradores, Ausblicke, hat Luis Salvador ja auch künstlich erschaffen – aber hinter jeder Schleife des Serpentinenwegs gibt’s neue Motive, einige nah dran (Olivenbäume, Mulis, Schafe, keuchende Touris), einige weiter weg (die Halbinsel, vor allem aber das Loch im Felsen, der Sonnenuntergang (wenn man zur richtigen Zeit bei passendem Wetter dort ist) am Horizont).

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