„Wir brauchen doch die menschliche Nähe!“ sagt Benjamin Unger. Er ist aus Aue nach Dresden gekommen – Zeit hat er ja gerade, denn sein Hotel Blauer Engel und die hauseigenen Restaurants St. Andreas, Tausendgüldenstube und Lotters Wirtschaft sind geschlossen – „vorübergehend bis zur Verbesserung der Lage“, wie es in einem Extra-Fenster beim Besuch der Webseite heißt. Mitgebracht hatte Unger Stühle, die zusammen mit über 500 anderen vor der Frauenkirche aufgestellt eine Installation besonderer Art war. Leere Stühle – von denen, die sie gerne voll und besetzt hätten.
Ist das Kunst oder kann das weg? „Es ist Kunst und ausdrücklich keine Demonstration!“, sagt Kathleen Parma, (IceRollsFactory und Networks-PR) die zusammen mit Ute Stöhr (Zum Schießhaus) vor nicht einmal einem Monat zuerst eine WhatsApp-Gruppe mit Dresdner Gastronomen in Schwung brachte und wenig später auf dem gleichen Kanal die Aktivitäten dann sachsenweit ausweitete. Die Gastronomie erhielt so – quasi basisdemokratisch organisiert und fernab von Verbandsmitgliedschaften – eine Art Lobby für Sofort. Kleine Erfolge gab’s relativ schnell, zum Beispiel ein Gespräch mit dem Dresdner OB Dirk Hilbert.
Gespräche sind wichtig, bringen vielleicht sogar mittelfristig Ergebnisse. Aber damit ist den Gastronomen (wie vielen anderen Bereichen, die vom Stillstand durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen sind) nicht geholfen: sie haben teils existentielle Sorgen. Und das nicht nur für sich, denn hinter den 580 Betrieben stehen weit mehr als 20.000 Mitarbeiter*innen – und wenn man nur etwas weiter über den Tellerrand hinaus guckt, auch Landwirte und Händler, ob Gemüse, Fleisch oder Getränke. Irgendwo kommt ja her, was auf den Tellern und in den Gläsern ist!
Die Idee mit den leeren Stühlen kam, damit ein Brief mit Forderungen zum Erhalt der Sächsischen Gastro-, Hotel- und Eventbranche an den Ministerpräsidenten, den sächsischen Wirtschaftsminister und Vertreter des Landtages medienwirksam übergeben werden konnte. Im Brief machen die über 530 Unternehmer mit über 20.000 Mitarbeitern auf ihr nahendes AUS aufmerksam. „Uns geht es im Brief vor allem um das Gesuch nach Gesprächen, Förderungen, Zuschüssen und Lösungen, wie der Ausstieg aus dieser Misere zu finden ist“, heißt es dort. Lars Rohwer, für die CDU Mitglied im Sächsischen Landtag, nahm Brief und zahlreiche Visitenkarten – stilgerecht in einem großen Kochtopf überreicht – stellvertretend entgegen.
Weiter heißt es in dem Schreiben:
Aus gesundheitlichen Gründen können wir die Maßnahmen der Regierung alle nachvollziehen – wir verstehen aber nicht, warum es für unsere Branche keine Soforthilfen wie in anderen Bundesländern gibt:
– Die entgangenen Umsätze können wir nicht nachholen – Die Kredite können wir kaum zurückverdienen
– Die zusätzliche persönliche Haftung stürzt uns noch tiefer in die persönliche Krise.
Wir benötigen dringend Zuschüsse, wie fast alle anderen Bundesländer sie gewähren.
Wir benötigen schnelle, unbürokratische Kredite, um unsere Gehälter zu bezahlen.
Wir benötigen ein Zukunftsszenario, wie wir unsere Investitionen wieder zurückverdienen können (z.B. 7 % MWSt)
Wir haben Zukunftsangst – um uns, um unsere Läden und um unsere Mitarbeiter – aber auch um unsere Städte, die durch Gastronomie, schöne Hotels und Veranstaltungen lebenswert werden.
Weitere Infos: www.networks-pr.de/leere-stuehle/
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