Weinkönigin Juliette Glockner entführt

Improvisationstheater "Für Garderobe keine Haftung" spielt online: Rettet die Weinkönigin

FGKH

Der Mörder ist immer der Gärtner, wusste Reinhard Mey. Was aber, wenn gar kein Gärtner im Spiel ist? Und vor allem: was tun, wenn noch gar nicht klar ist, ob es einen Mörder gibt oder nur einen Entführer (m/w/d)? Das sind Fragen, die man sich tagtäglich und gerne in Wiederholungen vor der Glotze stellen kann oder – nicht alltäglich – bei einem Online-Krimi Spiel. Mit Live-SchauspielerInnen! So preisen die Damen und Herren des Wiesbadener Improvisationstheaters mit der Vorliebe fürs Binnen-I das Stück „Rettet die Weinkönigin“ an.

Diese lebenden Schauspieler sind vom Ensemble mit dem schönen Namen FGKH, was das Kürzel ist von „Für Garderobe keine Haftung“. Das ist ja einer der bezauberndsten Schildersprüche überhaupt und konkurriert hart mit „Draußen nur Kännchen“. Wir saßen aber drinnen, sogar zu Hause auf dem Sofa – denn zwischen Schauspielern und Zuschauern steckt bei diesem Online-Krimi die Technik in Form des Programms Zoom. Tagsüber für viele Home-Office-Geknechtete nicht so das Lieblingswerkzeug im Arbeitsalltag, verwandelte es sich unter dem Einfluss von FGKH zu einem flexiblen Instrument der Kommunikation. Klingt langweilig? Ist es aber nicht. Okay, im Vorfeld waren wir nur zurückhaltend begeistert. Aber als die Vorstellung – ein Special auf Einladung des Deutschen Weininstituts exklusiv für Medienschaffende – begann, wich die Skepsis der Spannung.

Und das kam so.

„Ihr freut euch auf ein Treffen mit der beliebten Weinkönigin Juliette Glockner. Die örtliche Zeitung hat den PR-Termin organisiert – doch schnell wird klar: Juliette wird nicht kommen – sie wurde entführt.“ Schöner Name für eine Weinkönigin, oder? Da schenken wir uns doch gleich mal ein Glas Wein ein (die Theatergruppe empfiehlt zwei Weingüter, von denen ich leider nichts im Keller hatte. Aber egal) und harren der Dinge, wie sie sich entwickeln.

Und nun wird’s spannend: Wie sich die Dinge entwickeln, bestimmen wir. Nicht allein, sondern in kleinen Gruppen. Unsere war – einem gelangweilten und vorzeitig die Vorstellung verlassenden Kollegen sei Dank – klein und effizient. Die Gruppen treffen sich in eigenen virtuellen Räumen und bekommen Besuch: von Verdächtigen und suspekten Subjekten. Der klassische „Whodunnit“ (wer war’s) nimmt seinen Lauf. Aber die Schauspieler verraten live natürlich nur, was man sie fragt. Und da sie – das neue Digital ist das alte Analog! – reihum die einzelnenen Gruppen besuchen, wissen nie alle Gruppen alles gleichzeitig.

Verwirrend? Nun ja. Vielleicht. Aber andererseits gibt’s ja Informationen: eingespielte Filme, Briefschnipsel, so was. Und lebenslange Tatort-Erfahrung. Also fragen wir, stellen Theorien auf, trinken Wein (unsere Mit-Ermittler aus Dortmund übrigens Roten aus Baden vom Johner, wir Weißen aus dem Rheingau), verwerfen Theorien, entwickeln Strategien, nippen am Wein, finden die Zeit viel zu kurz. Kommt da schon wieder jemand in den Raum rein und stört – ach nee, das ist der Spielleiter Frederik Malsy. Er hat im Jahr 2000 das Ensemble „Für Garderobe keine Haftung“ gegründet und gibt uns einen Tipp, ohne was zu verraten. „Wenn ich ein Kleidungsstück wäre, dann wäre ich ein Gürtel: Ich halte die Szene in Form und verbinde Anfang mit Ende und andersherum“, beschreibt sich der Schauspieler auf der Webseite des Ensembles. Passt.

Wenn ich ein Kleidungsstücke gewesen wäre in diesem Stück, dann vielleicht eine Socke. Manchmal, vor allem nach Waschmaschinenwäschen, kommt sich die eine oder andere verloren vor. Aber im Laufe des Jahres – oder wie man heutzutage gerne sagt: am Ende des Tages – findet sich dann doch alles zusammen. Beim Online-Krimi muss jede Gruppe dem Spielführer sagen, wer der oder die Gesuchte sein könnte. Wenn man Glück hat und alles richtig kombiniert hat, ist man auf der Gewinnerseite. Wie nach der Sockenwäsche, wenn alles passt.

Die nächsten Termine des Krimis findet man online.

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