Das gomerische Prinzip (die Insel sieht ja aus wie eine Zitronenpresse) führt dazu, dass man gerne mal hoch, runter, hoch und wieder runter muss. So auch bei der blickreichen Rundtour von der Playa de Vallehermoso ins benachbarte Tal von Tamargada. Das Dorf selbst, das als am besten erhaltene Dorf im traditionellen kanarischen Stil gilt, erreichen wir bei der Wanderung aber gar nicht… Aber die anderen Bergdörfer sind auch des Hinsehens wert…
Die Wanderung beginnt und endet an der Playa de Vallehermoso. Das ist die mit den drei bemerkenswerten Dingen: erstens ein Meerwasserschwimmbecken, das immer geschlossen hat, wenn wir da sind – was aber nicht weiter schlimm ist, weil wir ja wandern und nicht baden wollen. Zweitens das meist sehr wellige Meer, dem man schon sehr interessiert zuschauen kann, weil die Wellen imposant anrollen und sich dann gischtig am Felsen in den Wellentod stürzen. Und drittens der Blick zum Castillo del Mar, einer ehemaligen Bananenverladestation, die gerne mal eine Kulturbühne geworden wäre. Thomas „El Fotógrafo“ Müller, Jahrgang 1952, betrieb den Umbau zur Event-Location – doch weder das Glück noch die Behörden waren ihm hold: Freiluft-Konzerte, Kinoveranstaltungen, Vollmondpartys und Kunstgewerbemärkte brachten nicht genug Umsatz, seit 2008 ist das Castillo del Mar geschlossen (auch wenn die Webseite tapfer verkündet, dass die Wiedereröffnung 2015 sei).
Wir lassen das alles hinter uns und begeben uns rapide bergan – mit zahlreichen Stopps, weil der Blick zurück keineswegs im Zorn erfolgt, sondern einfach immer neue Varianten des Küsten-Dreiklangs bietet, aufs Harmonischste ergänzt um die bis zu 600 Meter heranwachsenden Berge der Montaña de Alcalá. Irgendwann lohnt sich das Umdrehen nicht mehr, weil der Blick voraus spannender ist. Er geht in die Weite und reicht von der Playa de la Sepultura ganz links bis weit ins Tamagarda-Tal hinein, wenn man den Kopf nach rechts wendet (im Pano kann die Kamera schielen, was die Perspektive ein wenig verzerrt, aber die Situation doch hübsch anschaulich zeigt).
Bis zum Abzweig zur Playa, den man nehmen kann um von der Punta das Meer zu sehen oder weiter unten an der Playa gar ins selbige zu hüpfen, geht der Weg hübsch bergab. Wie komfortabel! Obendrein ist er dort, wo’s den Hang runter geht, auch noch mit einem Holzzaun gesichert. Sieht nach einer Genusswanderung aus! Aber ich hätte es mir denken können: kaum unten angekommen, geht es wieder hoch. Nicht schlimm, aber 300 Meter sind 300 Meter! Zuerst auf breiterer, dann auf schmalerer Piste, und kurz vor Erreichen des Dorfrands von Tamagarda war’s dann nur noch ein Pfad. Am Hang gegenüber sieht man Terrassen, aber aktiver Landbau schien da nicht mehr betrieben zu werden (aber wer weiß, vielleicht war’s im November ja auch nur die falsche Jahreszeit). [Nachtrag 2022: es scheint sich zu lohnen, eine weitere Schleife zu drehen und über Simancas zu laufen. Dann kommt man auch durch Tamargada durch und streift es nicht nur.]
Einmal geht’s noch gehörig bergan. Ein wenig Schwung holen im Barranco de los Zarzales und dann hoch auf den Kamm des Lomo de la Culata. Das ist, ganz im wörtlichen Sinn, der Höhepunkt der Tour. Von nun an geht’s bergab einerseits, und andererseits sieht man zur Linken den talbeherrschenden Roque Cano. Der ist zwar an diesem Tag nicht von den namensgebenden Wolken umstrichen (roque cano = weißhaariger Fels), aber insgesamt vom Grauen umgeben. Spannend ist es dennoch, ihn von dieser Seite zu sehen, so mit der an den Fels gehauenen Straße. (Bei Sonne und von der anderen Seite hatten wir den Roque, der 650 Meter hoch ist und die im Tal gelegene Stadt Vallehermoso um etwa 400 Meter überragt, auch schon!)
Je weiter man runter ins Tal läuft, desto grüner wird es – Vallehermoso ist ja bekannt für seine üppigen Obstgärten, eine Idee davon kriegt man beim letzten Teil des Weges mit. Naja, eigentlich beim vorletzten, denn der letzte Teil ist ein langweiliges Stück entlang der Straße zurück zum Ausgangspunkt. Einziger Trost: wir sind diesen Teil auch schon mal hoch gegangen, am Ende einer Wanderung mit Start- und Endpunkt im Ortszentrum von Vallehermoso. Das war noch langweiliger und, weil bergan, auch anstrengender…
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