Für das Valle Gran Rey auf La Gomera ist die Küche im Colorado bemerkenswert anders. Der gute Standard im Tal des Großen Königs ist nämlich, was überhaupt nicht schlimm ist, sehr traditionell geprägt – mit Runzelkartoffeln, Mojo und Fisch (wenn er nicht eh schon platt wie ne Flunder ist): aufgeklappt und dann gegrillt. Kann man so machen und schmeckt sogar (wenn man sich nicht die falschen Restaurants aussucht) ganz gut. Aber es geht auch anders, wie wir erstmals 2019 und dann erneut 2022 feststellen durften.
Das Colorado gibt es seit 2008 im Ortsteil La Playa – und es ist fest in deutscher Hand. In der Küche steht Cornelis Günther, seine Lebensgefährtin Viviane leitet den Service. Bei unseren jüngsten Besuchen kümmerten sich insgesamt drei Bedienungen um die Gäste, die (wie es so von den Nachbartischen herüber klang) mehrheitlich aus Deutschland, teils aber auch aus der Schweiz und den Niederlanden kamen. Die drei Damen erledigten ihren Job flink und freundlich, hatten trotz ausreserviertem Haus Verständnis für Gäste-Scherze (oder taten zumindest so…) – wir waren angetan.
Stichwort reserviert: spontan geht hier nix, das haben wir schon 2019 so erlebt. Dafür kann man (muss man) reservieren – entweder für die sonnige Schicht 1 um 18 Uhr oder für die gerne mal kühlere Schicht 2 um 20 Uhr. Wer um sechs kommt, bekommt den legendären Sonnenuntergang nicht live mit, lediglich die Trommler hört man verhalten im Hintergrund. Außerdem muss man natürlich um achte fertig sein mit allem, denn dann scharren die Gäste von Schicht zwei mit den Hufen. Also nur sinnbildlich, denn der Übergang verlief gomerisch gelassen! An vielen Tischen (unserem inklusive) wird am Ende des Abends der Einfachheit halber auch gleich mal „für übermorgen“ reserviert, und wer seine Urlaube langfristig plant, kann ja auch für den zweiten Sonntag im November schon mal vorfühlen…
Im Vergleich zu 2019 ist die Karte deutlich geschrumpft (ich vermute mal als Folge der Pandemie und ihren Einschränkungen), aber die konzentrierten Klassiker fanden wir alle wieder – vom Thunfisch als Tataki und Tatar (12,90 €) übers Rindertatar (13,90 €) und die sehr schöne Kombi Land und Meer (16,90 €) bis zum Schokomalheur (6,90 €). Auch bei den Weinen gab’s den damals bestellten Nebla (nächtens geernteter Verdejo aus der Region Castilly y León) immer noch, natürlich ein jüngerer Jahrgang. Eine Entdeckung war der Vol D’ànima de Raimat Blanc aus dem Anbaugebiet Costers del Segre, bei dem die drei Rebsorten Albariño, Chardonnay und Xarel·lo eine sehr spannende Verbindung eingegangen sind (Struktur und Cremigkeit vom Chardonnay sowie Frische und Säure von den beiden anderen Partnern).
Natürlich aßen wir auch was zu den Weinen! Die Optik und die Zubereitungsart ist, wie eingangs erwähnt, anders als im Valle gewohnt. Moderner, leichter, zeitgemäßer – Begriffe wie diese fallen einem da ein. Da ich die Geschmäcker vom 2019er Besuch in guter (wenn auch nicht mehr präziser) Erinnerung hatte, habe ich zum Vergleich mal im Fotoarchiv nachgeschlagen und gleiche/ähnliche Gänge genommen: Trotz des neuen Geschirrs gefiel’s mir 2019 vor allem beim Dessert und dem Land-und-Meer-Gang besser. Vielleicht auch, weil 2022 das Jahr der Erbsensprosse zu sein scheint, denn die begleitete uns von Dos tipos de atun (Tataki und Tatar, perfekte Frische!) über Geflämmten Lachs / Erbsentortellini / Parmesan Crumble (Erbse zu Erbse: da passte es! Und ja: auch der Lachs war perfekt) und Enten Gyozas (die hatte mein Gegenüber und sagte: jo, kann man so machen!) oder dem Land & Meer (dazu gleich mehr) bis zu den Desserts – alles begleitet von Erbsensprossen. Die schmecken ja, wie man so gerne sagt, „lecker“, sie geben auch netten farblichen Kontrast ab, wenn Tatar, Lachs, Tuna oder Kirschsorbet (rot) und Malheur (schwarz) die Kulisse geben. Aber es gibt doch so viel nichterbsengrün…
Zum Land & Meer war versprochen noch etwas zu schreiben. Auf der aktuellen Karte steht es nicht, aber es gab diesen Gang als Tagesempfehlung beim zweiten Besuch. Wir hatten das Angebot ja schon 2019 wahrgenommen und fanden die Kombination irgendwie genial: Jacobsmuscheln / Riesen-Garnelen / Thunfisch / Chorizorisotto | Koriandermayonnaise war die Kombi 2019, in diesem Jahr ersetzte, wenn ich das richtig gesehen hab, Pulpo die Jacobsmuscheln, Sojasauce die Koriandermayonnaise und selbstredend gab es Erbsgedöns statt Queller und Wakame. Aber die Grundidee war und ist geschmackvoll, mit der Chorizo im Risotto!
Restaurant Colorado
Calle La Noria, 23A
38870 Valle Gran Rey
La Gomera (Spanien)
Tl. +34 922 80 62 17
www.restaurante-colorado.com
Öffnungszeiten
Do–Mo 18–22:30 Uhr
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