Winzers Lieblinge

Jungweinprobe der Gemischten Bude bei Gräfe's Wein & fein

Gemischte Bude

Falls es jemand noch nicht mitbekommen haben sollte: 2015 war endlich mal ein Jahrgang, wo die Winzer nicht viel zu meckern hatten – zumindest die in Sachsen haben es rein wettermäßig ganz gut gehabt. Nun naht die Zeit, wo man langsam zu trinken bekommen kann, was beim Weinmachen herausgekommen ist. Die Jungs (und Mädels) der Gemischten Bude – ein lockerer Verbund von fünf Weinmachern und einem Weinhändler – luden zu ihrer Jungweinprobe bei Gräfe’s Wein&fein – und es war, wie in den Jahren zuvor, ein Vergnügen mit Überraschungs- und Lernpotential.

Die Winzer der gemischten Bude eint ja mehrere Dinge: ihnen ist gemein, dass sie über wenig Rebfläche verfügen und von daher manchmal Wein nur in homöophatischen Mengen anbieten. Das ist in diesem Jahr erstmals ein wenig anders, denn nicht nur war der Jahrgang 2015 auch mengenmäßig ganz in Ordnung – und zweitens mehren sich die kleinen Flächen auf wundersame Weise (na gut, nennen wir es weniger prosaisch: durch gezielten Zukauf). Also standen während der Probe 37 Weine und Sekte der fünf Winzer an, und wem das nicht reichte, der konnte aus den Kooperationen von Matthias Gräfe auch Außersächsisches probieren. Wir haben bei einem eher kurzen Besuch längst nicht alles probieren können, sondern sind eher lustvoll von Stand zu Stand gewandelt und haben dort probiert, was der jeweilige Winzer selbst als besonders gelungen empfahl – für individuelle Querschnittsproben wird sich im Laufe der Zeit sicher noch die eine oder andere Gelegenheit ergeben.

Bernd KastlerBernd Kastler (kastler-friedland) musste erst ein wenig überlegen bei der Frage nach seinem eigenen Lieblingswein. Bei den beiden Winzern hat sich die Weinmenge ja auch gehörig erweitert, es gibt mittlerweile Wein von 3,5 ha. Zwei Hektar davon sind eigene, der Rest ist dazu gekauft. „Aber nur von Winzern, die wir selbst sehr gut kennen!“ fügt Kastler hinzu und lächelt damit weitere Fragen hinfort. Mit dem neuen Wein kamen neue Sorten. Dornfelder, Spätburgunder und Scheurebe gab es erstmals, natürlich mit neuen, eigenen Tier-Etiketten. Und einen von diesen nannte Kastler dann letztendlich auch: die Scheurebe. Einerseits, weil die Scheurebe in diesem Jahr hundert Jahre alt wird und andererseits, weil sie ihm besonders gut gelungen ist. Schwarze Johannisbeere, aber nicht zu vordergründig: passt. Was man, das nur nebenbei bemerkt, dringend auch probieren sollte, ist der Silvaner. Davon gibt’s aber nicht so arg viel…

Lutz GerhardtNur Fassproben hatte Lutz Gerhardt (Haus Steinbach) mitgebracht – er lässt seinen Weinen schon immer viel Zeit. Anders als die anderen ist sein erklärtes Ziel, seinen gesamten Wein von den 1,2 ha am Fuße des Radebeuler Goldenen Wagens selbst zu vermarkten – Stichwort Besenwirtschaft und so. Da ist also noch Bewegung drin – und Lutz Gerhardt lernt von den studierten Winzerkollegen bei jedem Treffen und jeder gemeinsamen Probe dazu. Auch bei seinem diesjährigen Liebling, einem Kerner. „Ich mag ihn, weil das Bukett so schön ist!“ Sein einzig halbtrockener Wein im Angebot, der Rest ist trocken ausgebaut.Geerntet mit 99 Oechsle, was gut klingt – aber Lutz Gerhardt meint: „Die Gefahr besteht ja, dass der Wein zu fett wird!“ Da muss er jetzt durch, noch mal an den Schrauben drehen. Denn eigentlich meint er ja, dass schlank besser sei als fett.

Andrea Mönkhoff | Stefan BönschStefan Bönsch musste nicht lange überlegen. Bei der Frage nach seinem eigenen Lieblingswein schaute er bei Liebling seine Partnerin Andrea Mönkhoff und bei Wein seinen Riesling an. Weil er von seiner ältesten Terrasse kommt, aus der Radebeuler Hoflössnitz. „Es ist ein Charakterwein“, sagte er und berichtet von Kunden, die zu ihm kämen und sagen: Ich mag keinen Riesling. „Denen gebe ich dann diesen – und dann sagen sie: Oh, den schon!“ Er ist straight, hat Körper, nicht zu viel Säure. Ein voluminöser, schöner Wein. Und natürlich nicht der einzige. Den Blanc de Noir hatten wir ja schon bei den Kochsternstunden probiert und uns für Weitertrinken entschieden, den Spätburgunder (aus dem Jahrgang 2014) kannten wir noch nicht. Für einen sächsischen Rotwein von erstaunlicher Fülle und Sanftheit! Wie schreibt der Winzer? „Filigran, behütet von sächsischer Eiche!“ Für die Chronik: auch Stefan Bönsch, der Hektar-Minimalist, hat in puncto Rebfläche ordentlich zugelangt. 800.000 cm2 klingt zwar mächtig gewaltig, sind allerdings auch nur 0,8 ha. Die neue Fläche liegt linkselbisch am Burgberg in Niederwartha, mit Blick in den Tännichgrund.

Andreas KretschkoNoch’n Riesling, aber das verwundert uns ja nicht: Andreas Kretschko, der sich 2012 mit 0,1 ha als Winzer klein und mächtig in den Markt sächsischer Weine mogelte, hat flächenmäßig den Zahlendreher vollzogen (er bewirtschaftet jetzt 1,0 ha) und gilt bei Kennern (und Kennerinnen, soviel ist sicher!) als gesetzt für charaktervolle Weine. Seine Philosophie ist, „Weine zu schaffen, die Lebensfreude bringen und polarisieren.“ Wobei uns das mit der Lebensfreude meist einfacher fällt als das mit der Polarisierung. Worüber sollte man den bei seinem Liebling, dem 2015er Riesling, uneinig sein? Er bringt die Spannung aus Frucht und Säure mit, die dem Wein nicht nur Geschmack geben, sondern auch ein erstaunliches Alterungspotential. Acht bis zehn Jahre gibt er dem Riesling – bei insgesamt nur 800 produzierten Flaschen (mehr gibt seine Fläche am Goldenen Wagen nicht her) eine sehr asketische Übung. Wer übrigens vom Lieblings-Riesling des Winzers nichts abbekommt, könnte auch mal was Neues probieren. Offroad heißt die Idee, in der Riesling auf Solaris trifft – das könnte dann in der Tat mal polarisieren oder wenigstens ausreichend Gesprächsstoff bieten für den Abend…

Frédéric FourréFrédéric Fourré, der sächsische Franzose der Gemischtbudler, wartete gleich mit mehreren Überraschungen auf – aber hatte ganz klar einen Favoriten, bevor er über die anderen Dinge ins Schwärmen geriet. Voilà, sein erster Sekt! 2014 Chimäre de Saxe, brut nature. In der Nase Ananas und im Mund das, was andere im Bauchnabel haben oder gerne hätten) – dieses feine Kribbeln. Grau- und Spätburgunder vom Jungfeld wurden für diesen Sekt zusammen gekeltert, der seit Januar auf der Feinhefe liegt. 1.600 Flaschen gibt’s davon, das ist für Kleinwinzerverhältnisse ja schon fast ’ne ganze Menge. Aber so wie der schmeckt, wahrscheinlich doch zu wenig. Und sonst so? Naja, zum Beispiel der MoMu fortified. Morio Muskat mit Schuss, erinnert an südfranzösische Dessertweine. Wem die 15,5 Vol.-% zu viel sind, muss ihn mit Eis und Tonic mischen. Echt geiles Zeuchs, nicht nur für den Sommer…

Nächste Möglichkeit, die Gemischte Bude zu treffen: Radebeuler Weinfrühling am 7. und 8. Mai 2016, jeweils 14-19 Uhr im Radebeuler Kulturbahnhof.

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