Heitere Gelassenheit in Ihringen

Zu Gast in Ihringen – im Weingut Gerhard Karle und bei der Winzergenossenschaft

Gerhard Karle

In Ihringen trifft sich an diesem Sonntag im Oktober alles, was irgendwie mit Wein zu tun hat – auf Erzeugerseite sind das schon sehr viele, der Rest, so scheint’s, steht genießend am Straßenrand. Die Winzer feiern Erntedank und fahren symbolisch den letzten Erntewagen durch Ihringen. Treffpunkt ist der arg romantische Innenhof des Weinguts von Gerhard Karle, ein Privatwinzer mit 13 ha Rebfläche und viel Lob von den Kritikern („alle 2013er Spätburgunder sind äußerst empfehlenswert!“ schreibt beispielsweise der aktuelle Gault & Millau).

Gerhard KarleWir waren (im Rahmen unserer kleinen Pressereise im Oktober 2015 durch Baden) vor den Feiernden dort, um uns im genossenschaftlich geprägten Baden mit einem Vertreter der eher übersichtlichen Familienbetriebe zu unterhalten. Gerhard Kahle, der Lagen im Ihringer Winkler- und Fohrenberg ökologisch bewirtschaftet, betreibt das Weingut in vierter Generation. „Wein wird hier schon seit 400 Jahren gemacht – allerdings anfangs nur für den Eigenbedarf,“ weiß Karle zu berichten. Wirtschaftlich sei die Sache erst Anfang des 20. Jahrhunderts geworden – und seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geht es am Kaiserstuhl insgesamt bergauf. „Die Burgunder aus der Gegend sind spitze!“ sagt Karle, und nach einigen Proben (auch aus den Fässern – wenn man schon mal vor Ort ist!) möchte man dem nicht widersprechen. Wobei natürlich von nichts auch rein gar nichts kommt: „Man muss sich anstrengen, um die anderen zu überholen!“ sagt Karle, und auch dies: „Man muss unter den Besten sein!“

Gerhard Karle80 Prozent seiner Reben sind Burgunder, der Rest Silvaner – „in Ihringen ist das ja beinahe Pflicht!“ So als Alltagswein, zum Spargel, zum Fisch. Aber der Silvaner will gepflegt sein, damit er gute Ergebnisse bringt. „Der Silvaner bringt Kilo“, erzählt Karle, „das hat die Genossenschaftler früher gefreut – als sie noch nach Kilo bezahlt wurden!“ Das werden sie so ganz ohne Einschränkungen mittlerweile nicht mehr, auch in den Genossenschaften geht seit einigen Jahren Klasse vor Masse. Einen Unterschied zum Einzelwinzer freilich gibt es dennoch: „Alles Trauben hier sind handgelesen – und alle werden hier verarbeitet!“ Man könnte auch sagen: Wo Gerhard Karle draufsteht, ist Ihringen drin…

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Festumzug Ihringen

Die Teilnehmer des Umzugs zur Einfuhr des letzten Erntewagens versammeln sich vor dem Weingut von Gerhard Karle. 300 Winzerfamilien gibt es in Ihringen – was heißt: ein Drittel der Gemeinde macht mit beim Umzug. Die Wagen sind geschmückt – mit Trauben natürlich, aber auch mit Obst und mit Blumen. Zivil gekleidet ist hier kaum jemand – wenigstens als Winzer*innen geben sich die Damen und Herren zu erkennen, aber auch einen Schulmeister entdecken wir, einen Pfarrer und natürlich die Herolde: sehr farbenfroh, das alles. Noch mehr Stimmung kommt allerdings nicht von den Kostümen, sondern von den Menschen am Straßenrand. so eine heitere Gelassenheit, so ein fröhlich-lockeres Miteinander erlebt man nicht oft. Die Einheimischen, denen der letzte Erntewagen als Brauchtumsereignis ja nicht fremd ist, hatten nahezu alle ein Glas dabei – aus gutem Grund: die auf den Wagen hatten nahezu alle Wein dabei. Wir, die wir ahnungslos aus der Ferne gekommen waren, mussten dennoch nicht darben: die Ihringerinnen reichten uns einfach ihre Gläser. Gemeinsam hat man eben doch mehr Spaß!

Winzergenossenschaft Ihringen | Klicken öffnet mehr

FassreinigerZiel des Umzugs ist die Winzergenossenschaft Ihringen. Die hat an einem Tag wie diesem natürlich auch offen – aber nicht zum Arbeiten (jedenfalls nicht für alle: es gab Führungen, man konnte Wein kaufen…).  Geschäftsführer Volker Paschke und Kellermeister Werner Hassler führen durch die Keller, und das sind nicht irgendwelche: Ein riesiger Holzkeller erwartet uns, mit großen Fässern und den kleinen Barriques. 320.000 Liter fassen die Eichenholzfässer im Rotweinkeller, 470.000 die im Weißweinkeller – die Edelstahltanks gleich nebenan allerdings reichen zur Lagerung von 920.000 Litern. Insgesamt, so Volker Pasche, halte man 1,2 Mio l Holzweinkapazität vor: „der Welt größter!“ Sollten die Fässer mal leer sein, müssen sie gereinigt werden, von innen. Bei einem kann man sehen, wie besonders klein gewachsene Menschen das Fass putzen. Die Kerze (beim Wachsmodell nicht angezündet) ist ein wichtiger Überlebensindikator: so lange sie brennt, gibt es reichlich Sauerstoff. Geht’s Lichtlein aus, lautet die Devise: schnell raus aus dem Fass und draußen gut durchatmen…

SpätburgunderWir tranken im Probierkeller, denn ein wenig Show muss natürlich sein. Ein Ozeanfindling aus dem Indischen Ozean, viele kleine Holzfässer – und auf dem Tisch ein Spätburgunder der Spitzenlinie der Genossenschaft, Uringa 962. In der Flasche die beste Qualität (aber zu sehr zivilem Preis, der von uns probierte 2012er kostete 12,70 € ab Genossenschaft). Auf der Rückseite eine ausführliche Erklärung, wie es zu dem Namen kam (im Jahr 962 wurde Ihringen am Kaiserstuhl als Uringa erstmals urkundlich erwähnt). Ertragsreduziert, handgelesen, im Eichefass gereift: ein schöner Wein für kalte Tage…

Weingut Gerhard Karle
Scherkhofenstraße 69
D-79241 Ihringen

Telefon: 07668-5252
www.weingut-gerhard-karle.de

Öffnungszeiten:
Mo-Fr: 8-18 Uhr, Sa: 9-16 Uhr oder nach Vereinbarung

Kaiserstühler Winzergenossenschaft Ihringen
Winzerstraße 6
79241 Ihringen, Deutschland

Tel: 07668 / 9036-0
www.winzergenossenschaft-ihringen.de

Hinweis:
Der Besuch fand statt im Rahmen einer von der Gemeinschaftswerbung für Badischen Wein gesponsorten Pressereise statt.

Am 23. und 24. April 2016 ist die Weinmesse Baden-Württemberg Classics zum 6. Mal zu Gast in Dresden. Fast 50 Winzer und Weinerzeuger laden von 11 bis 18 Uhr in das Internationale Congress Center ein.

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