Dresdner Stollen ist ein Begriff – pardon: – in aller Munde. Der echte hat eine lange Tradition und darf nur in Dresden und Umgebung hergestellt werden. Ein eigenes Siegel gibt es, und ein Schutzverband wacht akribisch, dass auch alles Rechtens ist. Ob mit oder ohne Verband: Alteingesessene Dresdner Bäcker halten es mit der Tradition. Sie stellen ihre Stollen handwerklich her, geben seit Generationen erprobte Rezepte weiter – und machen auch nicht bei der (Un-)Sitte mit, bereits im Juli oder August Stollen anzubieten. „Das ist ein Weihnachtsgebäck, und nur dann schmeckt es!“ sagt Dietrich Grundmann. Er ist Bäcker- und Konditormeister eines Familienbetriebes in der dritten Generation und Produzent des Stollens, der im Kempinski Hotel Taschenbergpalais Dresden zur Vorweihnachtszeit angeboten wird.
Es hat schon einige Überredungskunst gekostet, den Meister zu einem ersten Durchgang der Stollenproduktion im September (als dieses Heft produziert wurde) zu überreden – bei Dietrich Grundmann beginnt die Backsaison erst Anfang Oktober, so dass die Stollen wirklich erst in der kalten Jahreszeit auf den Tisch kommen. In seiner Bäckerei im Dresdner Stadtteil Striesen entstehen Jahr für Jahr etwa 5000 Stollen – unter anderem die, die man auch im Vestibül des Taschenbergpalais scheibchenweise essen oder komplett im hauseigenen Karton für 29 Mark als Mitbringsel oder Mitnehmsel kaufen kann. Ausserdem kann man sich Stollen weltweit zuschicken lassen (dann kommen noch Versandkosten hinzu).
Die Bäckerei, die seit 1907 als Familienbetrieb am gleichen Ort geführt wird, ist eine von rund 150 in Dresden und Umgebung, die das Siegel des Stollenschutzverbandes führen und den echt Dresdner Stollen produzieren.
Das Geheimnis eines gut schmeckenden Stollens ist nicht das Rezept: Was drin ist und in welchen Mengen etwa, das weiß man – auch wenn jeder Bäcker sein seit Generationen genau überliefertes Spezialrezept pflegt. Mehr als auf den Inhalt kommt es aber auf das Wie an: „Es ist das Zusammenspiel zwischen der Rezeptur und der Technologie, wie man es macht, wie lange bei welcher Temperatur man beispielsweise den Stollen bäckt“, meint Grundmann. Diese Erfahrungen weiter zu geben, begründe die Qualität.
Ulrich van Stipriaan
Veröffentlicht in: trialog 4/99 | Beitrag als PDF ansehen (52 KB)
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