Aus der Serie „Merkwürdigkeiten, von denen keiner eine Ahnung hat“ heute die Folge „Die Riesenseerose Victoria“. Auf der Seite der TU Dresden fand ich heute eher zufällig den Hinweis auf die Riesenseerose Victoria. Seit 150 Jahren blüht die jedes Jahr im Botanischen Garten von Dresden auf – und jede Blüte tut dies nur an genau zwei Tagen oder besser, weil genauer: in zwei Nächten. Die eine Nacht blüht Victoria weiß, die andere rot. Das Tropenhaus Victoria (aha, daher der Name!) hatte heute bis 22 Uhr geöffnet, damit man sich die weiße Phase ansehen konnte.
Wir waren – natürlich! – zu früh da: Um halb sieben schien noch die Sonne, da hatte Victoria noch keinen Bock auf Blüte. Statt dessen gab es nettes Licht und noch wenige Zuschauer, was ja auch Qualitäten sind! Die Seerose, die in unseren Breiten nur als einjährige Pflanze ein kurzes Leben fristet, machte sich unter unglaublicher Demse im Becken breit, Ansätze einer Blüte waren zu sehen. Eine freundliche Mitarbeiterin (oder Studentin, habe ich nicht nachgefragt…) stapfte durchs Wasser und schnitt ein Blatt ab, um den sonst nur Fischen zugänglichen Blick auf den Unterbau zu ermöglichen. Ein zweiter Blick auf das aushängende Infoblatt fasst in Worte, was man da sieht: „Die Blätter besitzen nadelstichfeine Poren und eine Einkerbung im hochgewölbten Rand, damit Regenwasser rasch ablaufen kann. Stabilität und Schwimmfähigkeit verdanken sie einem leistenförmigen Stützgewebe auf der Blattunterseite, das dem Adernetz folgt. Es enthält große, lufterfüllte Interzellularen. Alle unter Wasser liegenden Pflanzenteile sind durch harte, spitze Stacheln vor Fischfraß geschützt.“
Aha. Etwas platter formuliert: Die Blätter sind riesig, haben bis zu zwei Meter Durchmesser, und tragen eine Menge Gewicht. Fotos mit Kindern drauf kommen oft vor, eins mit einem deutlich „mehr-als-60-Kilo-Menschen“ ist auch zu sehen. Aber Fischen gegenüber verhält sich Victoria fies, weil sie sich eben mit Stacheln schützt.
Biologisch stecken zwei Arten hinter der Victoria: Victoria amazonica (wächst im Einzugsgebiet des Amazonas) und Victoria cruziana (wächst weiter südlich im Flusssystem des Rio Paraná). Beide Arten lassen sich kreuzen, was in Botanischen Gärten oft der Fall ist.Besagte Info-Tafel macht übrigens wirklich schlau: Entdeckt wurde die Victoria erst relativ spät, nämlich 1832 von Eduard Friedrich Poeppig, einem in Plauen im Vogtland geborenen Botaniker. Ihren Namen bekam sie erst fünf Jahre später, als Sir Robert Schomburgk im Auftrag der Königlich Geographischen Gesellschaft von London in Guayana die Seerose ein zweites Mal entdeckte und sie – zu Ehren der englischen Königin Victoria (1819 – 1901) – Victoria nannte.
[Etwas sachlicher auch als Beitrag für die Wikipedia] [Update 23. September] Dr. Barbara Ditsch vom Botanischen Garten schreibt mir: „Jede individuelle Blüte blüht ausschließlich zwei Nächte lang; die ganze Pflanze dagegen bringt über mehrere Wochen hinweg immer wieder neue Blütenknospen hervor, die sich – wie bei anderen Pflanzen auch – nacheinander (und dann jeweils für zwei aufeinanderfolgende Nächte) öffnen. Man sollte also nicht davon sprechen, dass „die Victoria“ nur zwei Nächte lang blüht.“ Danke für den Hinweis – ich habe das im Text (und natürlich auch bei der Wikipedia) korrigiert. Es lesen ja nicht immer alle bis unten…
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