Der Umweg lohnt, heißt es beim Michelin, wenn es um Restaurants mit zwei Sternen geht. Die Herrschaften nehmen dann weite Wege in Kauf und kommen natürlich meistens mit dem Auto. Wir haben rund zwölf Kilometer Fußweg Anlauf genommen, um Stubbe’s Haring zu besuchen – und würden jederzeit wieder hin, gerne auch mit der Tram näher ran. Stubbe’s Haring hat aber gar keine zwei Sterne, es ist nicht einmal ein Restaurant, sondern eine Imbissbude. Aber eine mit Stil!
Was dem Bochumer seine Currywurst und dem Dresdner sein Döner, ist dem Amsterdamer der Hering. Vor allem Ende Mai/Juni, wenn die Matjes (die Jungfräulichen, oder niederländisch Maatjesharing) auf den Markt kommen. Wir waren Anfang Mai da und aßen also den ollen Hering – aber egal, denn der schmeckte uns nach dem Fußmarsch auch. Und Hollandse Nieuwe haben wir dann später in Dresden gekauft.
Zurück zur Familie Stubbe, die ihren Imbiss an der Haarlinger Schleuse am Anfang des Singel (so heißt die innere Gracht) seit 1903 platziert hat. Der Platz liegt strategisch gut am Anfang der Haarlemer Straat, einer belebten Einkaufs- und Kneipenstraße, und ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Im Angebot sind allerlei Dinge aus dem Meer, was man so an Fischbuden erwartet: Krabben, Aal, Makrelen, Lachs – und alles sieht gut aus. Aber wenn der Ort schon Stubbe’s Haring heißt, dann sollte man doch, bitteschön, auch Hering bestellen. So taten wir es und all die anderen auch.
In Schickimicki-Restaurants würde man von einer offenen Showküche sprechen, hier ist es einfach das Setting einer Imbissbude: Vorne nehmen (ich werde nicht müde zu betonen: wie immer im Amsterdam) freundliche Frauen die Bestellung entgegen, hinten stehen zwei andere Frauen und säubern in stoischer Ruhe unermüdlich die Heringe. Sie (die Heringe, nicht die Frauen) glitschen dann auf ein Blatt Pergamentpapier, die Service-Mädels schneiden die nun grätenfreien Tiere mit sechs flinken Schnitten in mundgerechte Stücke und drapieren auf Wunsch Zwiebeln und/oder Gurken. Fertig – fast: Zwei flaggenverzierte Zahnstocher sind Schmuck und Esswerkzeug zugleich.
Dieses häppchenweise Essen ist ein Zugeständnis, aber ein nettes. Denn eigentlich nimmt man sich ja die kopflosen Heringe und führt sie schwanzunten peu à peu in den Mund. Das ist für den Handgeruch wie auch für den Geschmackszusatz Zwiebeln/Gurken nicht so effektiv, und da kann man ja auf Tradition schon mal verzichten. Ansonsten fanden wir den Hering superlecker, frisch und – wie eingangs erwähnt – wiederkommenswert.
Stubbe’s Haring
Singel Haarlemersluis
1013 GA Amsterdam
Tel. +31 20-6233212
a.stubbe@tiscali.nl
Geöffnet: 10 – 18 Uhr, sonntags geschlossen
[Besucht am 4. Mai 2012]
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