Das Restaurant von Gräfe’s Wein & fein auf der Radebeuler Hauptstraße überrascht uns ja immer wieder. In diesem Jahr während der Kochsternstunden beispielsweise dadurch, dass man dort – zumindest vordergründig – das Kochen den Gästen überlässt. „Gäste kochen für Gäste“ heißt das Format – und eigentlich ist es nicht neu. Erfunden haben es Matthias Gräfe und Ines Kuka, als sie 1999 bis 2007 gemeinsam die Hoflössnitz bewirtschafteten und dort frühe Akzente für regionalen Genuss gesetzt haben! An insgesamt acht Terminen kommen im Rahmen der Kochsternstunden die – im wahrsten Sinne: – Gastköche in die Küche des Wein & fein, um jeweils vier Gänge kochen. Im Gastraum gibt es (auch immer andere) Winzer, die das Menü mit ihren Weinen begleiten.
Am vergangenen Samstag war Ines Kuka die Ideengeberin für die Küche, in der seit Anfang des Jahres Birka Schabehorn verantwortlich kocht. Verantwortlicher Winzer an Bord war Stefan Bönsch. Der ist Weinküfermeister und Winzer und hat Weinlagen in der Oberlößnitz (Albertsberg Radebeul), im Meißner Rauhental (ehemaliger Klosterberg) und linkselbisch im Burgberg (Niederwartha). Kleine Lagen sind das, zwischen 0,1 ha und 1,0 ha – aber wenn irgendwo der abgedroschene Spruch „klein aber fein“ passt, dann hier. Das merkte, wer wollte – aber wer wollte denn nicht? –, gleich zu Beginn. Denn kaum war man drin im Laden von Wein & fein, begrüßten Hausherr Matthias Gräfe und Winzer Stefan Bönsch die Gäste: Sektchen? Natürlich! Auch wenn ein Blick auf die gekühlten Flaschen merkwürdig anmutete: Kronkorken? Jawohl, Kronkorken: der Sekt ist noch im Werden. Er liegt schon seit zwei Jahren auf der Hefe und soll das auch noch ein weiteres halbes Jahr. Gemacht ist er aus der Rebsorte Bronner – noch nie gehört. Aber im Sekt brut nature kommt sie echt gut!
Abende im Wein & fein haben ja immer etwas Familiäres – mit dem Vorteil, lustiger zu sein. Die Gäste sitzen an einer langen Tafel (24 Leute passen da im Normalfall ran) und kommen über die gemeinsamen Themen Essen und Trinken meist schnell ins Gespräch. Die kenntnisreiche und extrem lockere Moderation von Matthias Gräfe und die (in diesem Fall: mit trockenem Humor gewürzten, aber natürlich ebenfalls viel Wissen vermittelnden) Ansagen des Winzers trugen ihr Scherflein dazu bei, dass viel und herzhaft gelacht wurde. Und ja, getrunken wurde auch, in großer Vielfalt und passend zum Essen. „Große Sachen kann man machen,“ meinte Matthias Gräfe – „wenn man’s kann!“ Der Bönsch kann’s, fügte er hinzu, und mit dem Einsetzen der Vorspeise Meerrettich-Schaum-Süppchen, geräucherte Forelle und Süßkartoffelchips stellten wir schnell fest: die Damen in der Küche können’s auch! Die Forelle neben der Suppe serviert, aber für die, die Fisch mögen, mit ihr gemeinsam gegessen, ergab ein schönes Aromenspiel!
Er habe allen Gastköchen gesagt: „Stelle Dich auf eine Nicht-Küche ein!“ beschrieb Matthias Gräfe die Enge in der Küche. Viel Platz zum Anrichten großer Mengen ist da nicht, weswegen die Gerichte zwar zügig, aber immer in mittelgroßen Tranchen serviert wurde. Für mich kein Problem: es gab ja Wein und Winzer mit Erklärung, wie sollte es da langweilig werden? Bei der Gelegenheit: wie immer konnte, wer wollte, statt Wein auch eine Saftbegleitung wählen. Die Auswahl der Säfte von van Nahmen ist sensationell, und sie passen in der Tat vorzüglich zum Essen. Zum Zwischengang Schwarzwurzelragout unter der Blätterteighaube mit Fenchelschinken beispielsweise kam Kaiser Wilhelm ins Glas, ein Winterapfel. Oder eben der mineralische Riesling aus Niederwartha, wie der Schinken vom Fleischermeister Stolle (Meißen) ein linkselbisches Produkt. Wer schlechte Erinnerungen an Schwarzwurzel hat: diese waren zart und köstlich. Wie Spargel, nur mit Geschmack!
Die Überraschung beim Hauptgang Dammwild mit Kartoffelschnitte und Sellerie-Krüstchen war das Sellerie-Krüstchen. Aufrecht stehend und schon deswegen herausragend, aber vor allem kein Vergleich zum Allerweltssellerieschnitzel (das meist völlig zu recht flach liegt und sich klein macht). Der Winzer schenkte mit den lapidaren Worten „ein geiler Wein“ seinen Spätburgunder aus – und wer den nicht wollte, konnte den (in Sachsen eher seltenen) Grünen Veltliner als Fassprobe kosten. Wir taten beides (na klar doch) und gaben dem Roten vor dem Grünen klar den Vorzug zum Wildgang. Zwei Weine pro Gang ist ja eh meist eine gute Idee, so auch beim Dessert (von dem es kein Foto gibt, weil zu schnell verputzt…): Bayrisch Creme von der Schokolade mit Kirschcrumble bekamen einen spontan vergoren Riesling (ein Kabi, Sachsen goes Mosel!) oder für die eher traditionell schmeckenden Sachsen einen Traminer zur Seite gestellt. Der war aber weder fett noch blumig, sondern ein mineralisch-dezent-fruchtiger Dessertbegleiter – geht doch, möchte man da sagen!
Am Ende des Abends gab es Blumen für die aktiven Damen in der Küche – und für die Gäste noch einen Reparaturwein, die Scheurebe von Stefan Bönsch. Viel Beifall von den Gästen, die einfach sitzen blieben und nicht flugs nach Hause eilten. Mehr Kompliment geht kaum…
Das Menü
- Meerrettich-Schaum-Süppchen, geräucherte Forelle und Süßkartoffelchips
- Schwarzwurzelragout unter der Blätterteighaube mit Fenchelschinken
- Dammwild mit Kartoffelschnitte und Sellerie-Krüstchen
- Bayrisch Creme von der Schokolade mit Kirschcrumble
Die Getränkebegleitung
alle Weine von Stefan Bönsch, Sachsen
- Sekt („Tankprobe“, liegt noch sechs Monate auf der Hefe)
- 2017 Viermalweiß (Cuvee aus Scheurebe, Riesling, Bronner, Müller-Thurgau)
- 2018 Blanc de Noir, Niederwartha
- 2017 Riesling, Niederwartha
- 2016 Spätburgunder
- 2018 Grüner Veltliner (Fassprobe)
- 2017 Riesling spontan vergoren
- 2017 Traminer
- Reparaturwein: 2016 Scheurebe
Der Preis
4-Gang-Menü inkl. Wein vom Winzer, einen Reparaturwein zum Schluss und Wasser: 69 €
Gräfe‘s Wein & Fein
Hauptstraße 19
01445 Radebeul
Tel. +49 351 / 8365540
www.graefes-weinundfein.de
Kochsternstunden-Menü:
Termine, Köche, Winzer und Menüs auf der Webseite von Gräfe’s Wein & fein.
Etliche Termine sind bereits ausgebucht, also bitte auf jeden Fall vorher reservieren.
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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