Typisch für die Marken sind die Hügel. Sanft steigen sie an, schöne runde Kuppeln krönen sie. Bei einer Fahrt durch die Landschaft sieht das manchmal so aus wie bei so einem Puppentheater, wo immer mal wieder Kulissen reingeschoben werden. So und nicht anders malen Kinder Berge.
Auf den Hügeln ist entweder nichts, bzw. natürlich doch etwas: Natur oder das, was die Landwirte dort anbauen. Oder aber es gibt eine Stadt obendrauf, und die hat meist neben der obligatorischen Kirche auch ein Castello. Bevorzugt haben sie in den Marken Ziegel verbaut, so dass die Städte im Sonnenlicht schön rot leuchten – im Idealfall eine nette Kombination mit dem Grün der Umgebung und dem blauen Himmel. „Notier mal Orciano und Mondavio. Zwei traumhafte Orte im Hinterland von Fano,“ hatte meine unermüdliche Informantin geraten. Genau das hatten wir also vor.
Als Fotografen muss man allerdings öfter einmal anhalten, um „den Blick“ festzuhalten. Auf Montemaggiore al Metauro zum Beispiel, das Dorf oben auf dem Bild. Aber wenn man sich umdreht, sieht man auch schon Orciano di Pesaro im Gegenlicht. Von diesem Standpunkt aus verschmilzt es optisch mit Mondavio, das auf dem nächsten Hügel dahinter liegt. Die wollten wir uns näher ansehen (mit, Sie ahnen es, Zwischenstopp für eine Aufnahme mit der Sonne im Rücken). Erstes Ziel: Orciano. Zwei Türme dominieren die Stadt auf dem 264 Meter hohen Hügel, und wenn man nur nahe genug dran ist, ist zumindest der eine ganz spannend im Detail – aber das merken wir erst später.
Wir parken in dem, was man am ehesten Neustadt nennen kann – so sich denn bei etwas mehr als 2.000 Einwohnern derlei Unterscheidungen überhaupt treffen lassen. Aber andersrum wird ja doch ein Schuh draus: Das centro storico, der alte Kern der Stadt, liegt (wie es sich gehört) auf der Hügelkuppe. Eingang, auch das gehört sich so, durch ein veritables Tor in der Stadtmauer. Alles macht einen sehr renovierten Eindruck, und mit der richtigen Perspektive sieht man dann auch die Uhr des 40 Meter hohen Torre Civica. Sie hat nur einen Zeiger, und das ist so gewollt. Reicht doch vollkommen: alle Viertelstunde schlägt die Glocke, und so ungefähr weiß man ja eh, wie spät es ist: der Zeiger düst pro Tag viermal rund um die Uhr. Alles ist gut.
Gleich hinterm Tor empfängt uns die Chiesa di Santa Maria Novella. Sie ist 1492 erbaut und gilt als einer der schönsten Renaissance-Bauten der Marken. Schon das Portal ist ein Hingucker: Flachrelief auf weißem Stein, alles streng komponiert. Die Säulen „nach alter Art“ geriffelt – viele Hingucker. Die Tür ist offen – drinnen gehen (das muss so sein) die Blicke nach oben und dann rundrum: Nahezu quadratisch ist der Innenraum, schön hell obendrein, weil die Laterne auf der kleinen Kuppel das Tageslicht herein lässt – weswegen man das Fresko der „Madonna del Parto“ aus dem Jahr 1510 ganz gut bewundern kann. Es zeigt Maria mit Jesus und zwei Engel, die Maria krönen.
Kaum sind wir wieder draußen, gibt es nach wenigen Schritten schon wieder einen lohnenden Blick. Der Malatestaturm wird als der schönste Turm der Renaissance in den Marken beschrieben. Gebaut hat den 45 Meter hohen Turm Galeotto Malatesta 1348 als Wach- und Beobachtungsturm. Wir beobachten den Turm aus der Entfernung, finden ihn pittoresk und belassen es dabei.
Das nächste Ziel, nicht weit entfernt, ist Mondavio. Die Festung Rocca Della Rovere leuchtet ziegelrot ins Land. Gebaut auf Veranlassung von Giovanni della Rovere zwischen 1482 und 1492 als Festung, aber dann doch eher zur Wildschweinjagd genutzt. Außer für die Wildschweine doch eher eine löbliche Angelegenheit, der man jedes Jahr im August rund um den Ferragosto in Mondavio ein großes Volksfest widmet. An den übrigen etwa 360 Tagen des Tages gibt’s ein Museum in der Festung, allerlei martialische Wurfschleudergeräte stehen im Vorhof. Wir haben uns weder die eine noch die andere Attraktion angesehen.
Und warum nicht? Auf unserer Liste empfohlener Restaurants stand die Osteria della Rocca, aber wir hatten vergessen zu notieren, dass sie nur abends geöffnet hat. Schade, denn die Aussicht von dort ist grandios. Wir genossen den Blick in die Landschaft dann eben nicht von der Terrasse der Osteria, sondern pizzafrei ein paar Meter weiter. Insgesamt ist Mondavio doch recht überschaubar, und (nach einer Initiative zur Wiederbelebung des Tourismus im Jahr 2008) bestens ausgeschildert. Wir also, aus Gründen, Richtung ehemaligem Convent der Santa Chiara. Dabei kamen wir unter einer Brücke entlang, die unten (also von unserem Standpunkt aus) mit beachtlichen Figuren bemalt war. Aber noch besser fanden wir, dass gleich danach sich ein Platz mit Restaurant öffnete: Il Giardino. Da wir eh nicht großartig essen wollten, kam uns das Angebot entgegen: Crostini (mit Wurst, Schinken, Pilzen, 3,50 €) und Pizza (6,50 € für die Quattro formaggi), dazu ein schattiges Plätzchen unterm alten Baum mit Blick – für einen Mittagssnack nicht schlecht.
[Besucht am 13. September 2013 | Lage]
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