Zwischen Nachdenken und Amüsieren

Wein – Artisten – Feuer beim 27. Herbst- und Weinfest und dem XXII. Internationalen Wandertheaterfestival

Feuer

Nichts ist für die Ewigkeit, und schon gar nicht ein Staat, der „mal da [und] mal weg“ ist. Labystan ist abgebrannt, und die da Beifall klatschten, waren ausnahmsweise mal die Guten. Der Beifall galt nämlich dem Objektkünstler Reinhard Zabka alias Richard von Gigantikow und seinem Team, die zusammen ein großartiges hölzernes Labyrinth auf die Elbwiese gestellt hatten. Wer drin war – und das waren, dem Beifall nach zu urteilen: alle –, konnte Bürger von Labystan werden und sich auf dem schmalen Grad zwischen Philosophie und Humor zwischen Nachdenken und Amüsieren bewegen.

LabystanDas vergängliche Labystan war Teil des 27. Herbst- und Weinfests und des XXII. Internationalen Wandertheaterfestivals, das am vergangenen Wochenende rund 50.000 Menschen nach Radebeul lockte. Den politisch korrekten langen Titel kennt allerdings kaum jemand, man geht zum Weinfest, allenfalls noch, um sich von dem etwas weiter elbabwärts abzugrenzen, zu dem in Altkö oder Radebeul. Allerdings wäre dieses Weinfest ohne die Wandertheater-Truppen nicht das, was es ist: ein Ort mit ganz wunderbarer Atmosphäre, mit Fröhlichkeit und Tiefgang. Nicht immer findet man so viele freundliche Gesichter um einen herum! Und dann gibt es hier natürlich zwischen den Darbietungen der (in diesem Jahr: 14) Theatergruppen aus Europa und Südamerika die großartigste Pausenversorgung, die ein Dorf bieten kann. Ein Dorf? Na klar: den Charakter hat Altkötzschenbroda sich erhalten, was ja den besonderen Charme der Lokalität ausmacht.

WeinDie besondere Leichtigkeit des Seins ergibt sich ganz ohne Ausrede natürlich auch durch die Anwesenheit der Winzer. Genauer: ihrer Stände, denn etliche der Winzer waren auch an diesem Wochenende im Weinberg, um für Nachschub zu sorgen. Die Lese ist in vollem Gange, da ist jeder Tag ohne Regen ein Segen. Einige hatten Federweißer mit, aber alle auch Wein aus den Jahren 2015 und/oder 2016. Eine gute Gelegenheit, sich die noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen! Erstaunlicherweise gibt es sogar für geübte Weinfest-Gänger noch Überraschungen: Beim Weingut Hanke, das in Jessen beheimatet und somit das nördlichste Weingut im Weinanbaugebiet Sachsen ist, fanden wir einen Traminer – aus Radebeul, denn auch dort gibt es entsprechende Rebfläche. Am Freitag beim Umzug war’s der 15er, am Sonntag kurz vor Schluss der 16er – beide schlank und trinkflussanregend!

ArtistenDas Wandertheaterfestival stand unter dem Motto „Europa, Du Schöne!“, warum auch immer. Die teilnehmenden Truppen kamen ja nicht nur aus Europa, aber schön war’s auf jeden Fall. Am Ende des dreitägigen Festivals gibt es immer einen Sieger, den das Publikum bestimmt. Im vergangenen Jahr war’s die Gruppe PuntMoc, die ihre Siegesinszenierung GAGSonTRIX im Hoftheater vor vollem Haus präsentierte. Gewinner des diesjährigen Publikumspreises ist die Gruppe Circo Ripopolo aus Belgien. In ihrer Inszenierung „A Rovescio“ ließen sie das Publikum hinter die Kulissen des Zirkus blicken. Gemeinsam mit den Zuschauern entdeckten sie unerwartete Aspekte des Zirkuslebens und kamen sich dabei ungewöhnlich nahe. Aber nicht nur die Sieger waren Gewinner, denn regen Zuspruch und Beifall gab’s auch für die anderen Teilnehmer. Mein Favorit war ja das Theaterkarussell von Georg Traber. Angetrieben von zwei Menschen – starke Leistung! – und heftig verschönert mit Musik der clownesken Band „The Bombastics“, die uns schon beim diesjährigen Schaubudensommer das eine oder andere Glucksen hervorlockte.

Festumzug

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