Unter all den sinnlosen Wettbewerben sind die mit dem Ziel, ein Wort oder Unwort des Jahres herauszufinden, die bedeutungsschwangersten. Wir machen da nur insofern mit, als dass man ja mal kurz kräftig ablachen kann und dann sagt (oder, wie hier, schreibt): Trinkfluss ist das Wort des Jahres. Denn keins habe ich so häufig gehört – und das immer im netten Kontext. Da, lieber Erich K., bleibt das Positive! Trinkfluss ist zwar oft und gerne da, aber manchmal braucht’s ja auch etwas, was diesen Trinkfluss erregt bzw. anregt: das ist im allgemeinen Sprachgebrauch dann meist ein Wein, den süffig zu nennen man sich nicht traut, weil lauter Fachleute um einen herum sind. Süffig ist die kleine Schwester von lecker – wer so spricht, spricht banal. Glauben die Kenner.
Neulich auf dem schönsten Weihnachtsmarkt in Altkötzschenbroda mussten wir natürlich auch wieder Glühwein probieren, das ist ja erste Weihnachtsmarktbesucherbürgerpflicht. Aber bevor man sich da in das heiße Vergnügen stürzt, sollte man bei den anwesenden Winzern vorsichtig nachfragen, ob’s denn was Neues gebe. Und siehe da: der Fred schmunzelte seinen ganzen Pariser Charme raus, griff nach unten wie früher® und holte Bückware hervor: „Mein Müller ist fertig!“ Wenn Frédéric Fourré seinen Müller freudig präsentiert, dann sollte man nicht lange überlegen: „Los, schenk ein!“ Natürlich hatte der Radebeuler Winzer auch ordentliche Weingläser dabei und selbstverständlich schenkte er flott ein.
Aber bevor wir das Glas in die Hand nehmen und zur Nase führen, sehen wir uns erst einmal das Etikett an: Herrlich frisch und bunt – und was drauf steht, ist kein Druckfehler: Müller Primör. Nun kann der Herr Fourré ja besser französisch als deutsch, also ist der Spaß kein Fehler. Es ist ja auch kein Primeur, aber ein schneller Müller ist es schon: In diesem Jahr kam er rechtzeitig zum ersten Advent heraus – und es gibt ihn (wenn er denn so lange hält) nur in diesem Monat. „Danach gibt’s dann meinen richtigen Müller“ meint Frédéric Fourré.
Der Müller Primör im Glas beschert der Nase einen Ausflug in wärmere Jahreszeiten: ein voller Fruchtkorb hängt da unter der Nase – und nun stellt sich, nach ein wenig vom üblichen Weingeplänkel, genau das ein, was uns zum abschweifigen Einstieg bewogen hat: Trinkflussanregung. Der sorgfältig auf Riecherhöhe gebrachte Arm senkt sich, die semiprofessionell kreisende Hand kommt zur Ruhe und vollzieht einen eleganten Aufschwung – und haste nicht gesehen, ist schwups ein Schluck Müller Primör im Mundraum. Vorsichtshalber sagen wir an dieser Stelle kein einziges Wort, aber geben allen einschlägigen Aromaempfängern in der Höhle des Weinseligen eine Chance. Und schon spucken wir nicht aus, sondern schlucken genussvoll runter. Wir bewundern die Wandlung vom Fruchtkorb zum Gaumenschmeichler, wir würden vor Freude niederknien vor dem Winzer Frédéric Fourré und seiner Partnerin und Geisenheim-Studentin Amrei Niessen, wenn das nicht so sinnlos wäre (die Beiden steht in der Verkaufsbude, wir davor. Sie stehen im Warmen und trocken, wir trotzen dem kalten Wind und dem leise rieselnden Schnee). Also lassen wir den Kniefall und tun das einzig Richtige in so einer Situation: wir bitten um ein weiteres Glas.
Weinbau Frédéric Fourré
Kleiststraße 12
D – 01129 Dresden
Tel: +49 179 – 67 90 863
www.weinbau-fourré.de
PS: Wir haben diesen famosen Trinkflussprimör beim diesjährigen WineWichteln verschickt – einer tollen Aktion vom Wein-Blog Drunkenmonday mit aktiver facebook-Gruppe, an der in diesem Jahr 1664 Wein-Enthusiasten teilgenommen haben (im vergangenen Jahr waren wir noch 1280). Unsere vorherigen #winewichteln-Beiträge.
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