Triepkendorf. Das ist doch … also nein: Triepkendorf? Noch nie gehört. Also auch nicht den Namen des Gasthofs dort im Süden Mecklenburgs zwischen Feldberg im Mecklenburgischen und Lychen im Brandenburgischen: Tenzo. Klingt nach japanischer Küche, was aber nur beinahe stimmt. Tenzo, lesen wir in der Speisekarte, sei japanisch und stehe für den Koch in einem Kloster, der für das Wohlbefinden aller verantwortlich sei und dafür sorge, dass man zufrieden zur Ruhe komme und gestärkt wieder erwache. Nicht schlecht, denke ich und blätter weiter. Die ständige Karte ist übersichtlich: je drei Vor- und Hauptspeisen, Eis, Pralinen und Käse fürs Danach. Aber zusätzlich liegt ein Blatt in der Karte, das Tagesaktuelles listet. Darauf auch der Hinweis, dass man sich sein Menü (ab drei Gänge) selbst zusammenstellen können – was wir dann auch gerne taten (und dabei selbstverständlich auch aus der Standardkarte wählen durften).
Der Gasthof im Herzen von Triepkendorf ist in einer alten Schule beheimatet. 2007 begannen die Gastleute Katarina Hering und Marcus Sapion, die alte Dorfschule in einen Gasthof umzubauen. Es war, wie sie (auch in der Speisenkarte) schreiben, die Mischung aus „ein bisschen Selbstverwirklichung“ und einem „neuen beruflichen Abenteuer“. Daraus ist nun ein gut laufender Betreib geworden – wir waren an einem Montag da und froh, dass wir reserviert hatten, denn im gar nicht so kleinen (und erfreulicherweise auch nicht super gestylten, sondern gewachsenen Garten unter Maulbeer- und Apfelbäumen) wäre sonst kein Platz mehr frei gewesen. Und am nächsten Tag, an dem wir spontan wieder kommen wollten, vertröstete man uns auch acht Uhr, weil vorher nichts frei sei. Wobei Kenner der Gegend dort in diesem Satz eine kleine Sensation entdecken werden: die meisten Gaststätten schließen bereits zwischen 18 (!) und 20 Uhr…
Die Gerichte der Karte lesen sich speichelflussanregend – man spürt einerseits den regionalen Ansatz (mit Zutaten wie Damwild, Wels oder Maulbeeren) und andererseits den Anspruch der Küche, daraus nichts Banales zu machen (Konfiertes Rind mit Togarashi, Hullerbusch-Lammzunge mit … Harissa-Joghurt, etc). Erfreulicherweise signalisiert dann auch schon gleich der Gruß aus der Küche, den uns ein immer freundlich lächelnder Service (am ersten Abend: zwei Frauen, am zweiten Abend: zwei Männer) bringt, dass wir besser mal schlucken, denn es geht weiter mit Speichelfluss: eine kleine feine Caponata, in der Aubergine mit Tomaten und Fenchel eine innige Verbindung eingingen. Süß und sauer muss eine Caponata ja qua definitionem eh sein, diese brachte auch noch eine angenehme Schärfe mit.
Das eigentliche Menü startete mit Vorspeisen, die so farbenfroh wie gartenfrisch waren. Könnte das etwa gesund und schmackhaft sein? Oh ja: Warmer Ziegenkäse mit Salat, Quittenmark und Kürbiskernöl (12,50 €) und Geräucherter Saibling mit Forellen-Kaviar und Rösti, dazu Holunderöl-Mayonnaise (14,80 €) regten auf jeden Fall die Geschmacksknospen nachhaltig an. Zum Thema gesund können und wollen wir hier nichts schreiben, aber ich denke mal: war es! Sonderpunkte für schmackhafte Blüten auf beiden Tellern und Quitenmark auf dem einen sowie die leichte und nur einen Hauch nach Holunder schmeckender Majo auf dem anderen Teller!
Die beiden Hauptgänge reflektierten sehr schön die Landschaft der Umgebung, die aus ebenso reichlich Seen wie Wälder aufweist. Bei Zander und Wels mit Wermuthrahm, Meerrettich, Kartoffeln und Salat (21,50 €) muss man nicht erwähnen, dass die beiden Fische bestens auf den Punkt gegart und sehr schmackhaft waren – das muss ja so. Aber der Wermuthrahm! Und frisch geriebener Meerrettich! Eine hervorragende Kombination, das alles. Am nächsten Tag gab es das Gericht übrigens in einer Variation mit der Kleinen Maräne und Kapern statt Meerrettich – das klingt ja fast noch besser! Beim Damwild in Süßholz-Jus mit Spätzle, Gemüse und Maulbeer-Chutney (24 €) fanden wir auf dem Teller auch noch die Blüte der wilden Möhre – eine Premiere für die eigenen Geschmacksnerven, und zwar eine gelungene. Auch Maulbeer-Chutney gab’s bei mir noch nicht, und auch das hinterließ deutliche Spuren im Geschmackgedächtnis. Der Hirsch dazu war sowas von zart und saftig, dass am Tisch gefräßiges Schweigen eintrat und lediglich durch sonore Hhhhmmmms unterbrochen wurde.
Fruchtig und süß endete das Menü: sowohl Johannisbeer-Mousse mit Erdnuss-Bisquit und Eisparfait (9,50 €) als auch Tapioka-Weiße-Schokoladen-Trüffel mit Kokos, Maracujasauce, Früchten und Maulbeer-Sorbet verbanden auf angenehmste Weise heimische mit exotischeren Geschmäckern.
Das alles hatte uns doch so gut gefallen, dass wir das Tenzo am nächsten Tag gleich noch einmal besuchten und nachholten, was wir tags zuvor verpasst hatten. Es war nun ein Dienstag – da ist außer im Juli und August Ruhetag, und es war der erste Dienstag dieser Regelung. Aber die Leute schienen drauf gewartet zu haben: es war rappelvoll im Garten und wir wurden gebeten, erst um acht zu kommen. Na gerne doch! Wir brauchten nicht viel Zeit, weil wir eh nur Verpasstes nachholen wollten. Am Vortag hatten wir immer wieder gesehen, wie offenbar knusprige Schnitzel mit krossen Bratkartoffeln und Salat ( 17 €) an uns vorbei getragen wurden. Das also. Und hausgemachte Ravioli mit milder Ziegenkäsefüllung, dazu Ofengemüse, Pesto und Parmesan (17,50 €), weil wir mit dem Ziegenkäse am Vorabend geschmackvolle Erfahrung gesammelt hatten. Wir hatten gebeten, das Schnitzel nicht über die Bratkartoffeln zu drapieren, weil das eine Unsitte ist, mit der jegliche Krossheit im wörtlichen Sinne weicht. Außerdem kann man das Schnitzel so nicht schneiden und muss sich selbst erst mühsam Schnittfreiheit verschaffen. Fast hatte ich den Eindruck, dass unsere Bedienung den Wunsch dankbar entgegennahm…
…und so waren sowohl das (Schweine-)Schnitzel als auch die Bratkartoffeln knusprig und – wie es sich gehört – nicht vor Fett triefend. Die Bratkartoffeln gingen sogar als Fingerfood von der mitnaschenden Nachbarin ganz gut. Deren Salat sah anders aus als der am Vortag, schmeckte wieder gut und eignete sich auch gut zum Räubern (mit Gabel allerdings). Für Dessert verließen wir dann mal die Region und orientierten uns im bayerisch-schwäbischen Illertissen an den Pralinen von Schokoladenmanufaktur Lanwehr (pro Stück 1 €), von denen es reichlich unterschiedliche Geschmacksvarianten gibt. Und dann steht da auch noch auf der Karte: passt gut zu Wein! Nun denn…
TENZO Gasthof
Alter Schulweg 2-4
OT Triepkendorf
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 39820 33940
www.tenzo-gasthof.de
Öffnungszeiten:
werktags: 17-22 Uhr
Sa, So und an Feiertagen: 12 bis 22 Uhr
Ruhetage September–Juni: Dienstag und Mittwoch
Ruhetag Juli/August: Mittwoch
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