Uralte Buchen, tiefe Seen und sanfte Hügel

Unterwegs in der Feldberger Seenlandschaft – mit Rad, Boot und zu Fuß

Breiter Luzin

Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Paddelboot: es gibt viele Möglichkeiten, sich fortzubewegen im Gebiet der Feldberger Seenlandschaft. Was wie eine Landschaftsbezeichnung klingt, ist aber auch der Name der flächengrößten Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern. 200 Quadratkilometer könnten ja ausreichen, um spannende Dinge zu erkunden oder dem Gezwitscher der Vögel zu lauschen – aber haste Dich nicht versehen, biste raus aus Mecklenburg und in Preußen, also mittlerweile Brandenburg. Wie schön, dass man ehemalige Grenzen heute allenfalls noch an historisierenden Schildern erkennt! Wir wurden jedenfalls, obwohl ich ja weder Mecklenburger noch Preuße bin, bei unseren zahlreichen Grenzübertritten weder behindert noch zurückgewiesen. Geht doch!

Carwitz

CarwitzDas alte Fischerdorf (bereits 1216 erwähnt, somit nach Quellenlage nur zehn Jahre jünger als Dresden!) gefällt mit schmucker Optik, auch wenn man bei der Ankunft erst einmal einen eher holprigen Eindruck hat. Das liegt am Kopfsteinpflaster des im Rahmen der Städtebauförderung von 1992 bis 2007 gründlich sanierten Dorfs. Radfahrer (und Fußgänger sowieso) umgehen die Holperstrecke mit dem Weg neben der Straße, der nicht mehr historisch-matschig ist. Carwitz ist Fallada-Stadt: der Schrifsteller Hans Fallada (Kleiner Mann – was nun?) lebte, schrieb und trank elf Jahre in Carwitz. Man kann am einen Ende des Dorfes sein Grab besuchen und dabei einen so ruhigen wie besinnlich-romantischen Ort mit Blick auf den Schmalen Luzin genießen, der hier an seinem einen Ende allerdings gerade in die Breite geht. Etwas mehr los ist am anderen Ende des Dorfes im Fallada-Museum, das auf einem 15.000 qm großen Gelände von Bienen, Blumen und Büchern handelt. Die Infrastruktur von Carwitz ist arg touristisch, will heißen: es gibt Gaststätten (unter anderem das vorzügliche Café Sommerliebe), aber (von einem Bäckerwagen morgens am Campingplatz abgesehen) keinerlei Geschäfte für den Alltagsbedarf. Die Gaststätten haben einen gewöhnungsbedürftigen Öffnungsrhythmus – Ende Juni, wenn die Tage am längsten sind, um 19 Uhr zu schließen – das hat schon was… Aber es gibt Badestellen, eine Windmühle, eine Kirche mit dem vielleicht kleinsten Kirchturm (Turm, naja…) überhaupt sowie Anmietstellen für Fahrräder und Paddelboote. Von Carwitz aus hat man’s nie weit bis zum nächsten See: Schmaler Luzin, Zansen, Carwitzer See und Dreetzsee umzingeln das Dorf. Am Rande des Dorfes gibt es einen Findlingsgarten – entstanden aus einem Bürgerprotest und mittlerweile ein so sehenswerter wie informativer Ort für alle, denen die großen Klunker ein Rätsel aufgeben.

Fridolinwanderung

FridolinwanderungAls Hans Fallada in Carwitz lebte, schrieb er auch Geschichten für Kinder – sein Sohn Uli wurde 1930 geboren, Lore 1933 und Achim 1940. Die Geschichten aus der Murkelei erschienen erstmals 1938, die „zwei- und vierbeinige Geschichte“ vom „Fridolin der freche Dachs“ schrieb Fallada für seine Tochter Lore, genannt Mücke, zu Weihnachten 1944. Natürlich kommt die Landschaft rund um Carwitz immer wieder vor – da hatten die Kinder zwischen den fantastischen Geschichten immer wieder reale Anknüpfungspunkte. Auf den Spuren vom frechen Dachs führt die Fridolinwanderung durch die Endmoränenlandschaft am Ufer des Schmalen Luzin entlang bis zur Luzinfähre, die manchmal handbetrieben und manchmal etwas schneller mit Motorkraft Wanderer ans andere Ufer bringt. Dort gibt es das Hotel und Restaurant Hullerbusch – wenn man so losgegangen ist, dass man exakt zur Mittagszeit hier ist: reingehen. Danach (oder eben sofort) geht’s weiter mit Fridolin, vorbei am oberen Ende des Schmalen Luzins und dann rüber zum Zansen und oberhalb seines Gestades über den Hauptmannsberg zurück.

Sturm auf dem Carwitzer See

paddeltourEine Paddeltour gehört zum guten Ton bei einem Aufenthalt in der Feldberger Seenlandschaft – mindestens eine. Der Bootsverleih in Carwitz grenzt an den Dreetzsee, so dass man erst einmal die kurvenreiche und so schmale wie schilfreiche Verbindung zwischen den Seen schaffen muss. Dabei verlässt man Mecklenburg-Vorpommern und schippert durch Brandenburg (einen sehr kleinen Teil Brandenburgs…), um letztendlich wieder in Mecklenburg-Vorpommern zu landen. Gut, dass diese Grenzen nur noch auf den Karten eingezeichnet sind – obwohl: wir hatten nichts zu verzollen! Der Vermieter ist ein lustiger Typ, und Tipps hat er auch parat: wo es beispielsweise weiße und/oder gelbe Seerosen gibt. Wo es eine Badestelle gibt, wussten wir selbst – dass da nichts los war, gehörte zu den Überraschungen des Tages. Die folgenden Überraschungen hießen, Wind, Wellen, starker Wind, höhere Wellen, schlimmer Wind, schlimme Wellen. Wenn man alter Paddelhase ist, sicher ein großer Spaß. Wenn man nur alt ist, ganz schön aufregend. Außerdem ließ der Wind ja kurz vorm Ziel nach, was ein elegantes Anlegen erheblich erleichterte.

Die Vier-Seen-Tour

Vier-Seen-RadtourMit dem Rad merkt man schnell, warum die Seenlandschaft auch was mit Bergen zu tun hat. Okay, Hügel wäre korrekter, aber es kommt auf so einer Tour der eine oder andere Höhenmeter zustande. In Verbindung mit (wahlweise) Sandboden oder Gegenwind sinkt die Fahrgeschwindigkeit schon mal auf Fußgängertempo (das eines Rad schiebenden Fußgängers…) herab – aber wo es hoch geht, geht es auch mal runter, und so kommt man von Carwitz (See 1: Schmaler Luzin) über den namensgebenden Ort Feldberg (See 2: Haussee) zum Alten Zollhaus, das zur Pause einlädt. Anschließend gilt des den Breiten Luzin (See 3) zu umradeln – Badestopp inklusive. Die nächste Beule des Luzin heißt Lütter See (See 4) und verdient eine komplette Umradelung, die schon Teil des Rückwegs ist. Lang geht es flott hügelab – sehr angenehm. Wenn es zeitlich passt, kann man noch schnell  in der Schäferei Hullerbusch herein schauen. So oder so hat man am Ende der rund 30 Kilometer langen Tour tolle Landschaften mit Buchen- und Nadelwäldern, Seen und Feldern erlebt.

Thomsdorf

Kunstkate Kunsthandwerkerhof„Thomsdorf ist ein Wohnplatz im Ortsteil Funkenhagen der Gemeinde Boitzenburger Land im Landkreis Uckermark in Brandenburg.“ So steht es in der Wikipedia – und deutlicher kann man nicht formulieren, was für ein Nest Thomsdorf sein könnte, wenn – ja: wenn da nicht die Künstler wären. Der Thomsdorfer Kunstkaten ist seit 1996 Treff namhafter Künstler, unter anderem mit einer beachtlichen Sammlung von Werken von Armin Müller-Stahl – aber nicht nur großartig Kunstbegeisterte kommen, denn der Kunstkaten ist mit seinem großen Garten ein gelungener Ort der Ruhe und Einkehr (wenn denn nicht allzu viele Touris da sind…). Gegenüber der Kirche – in der 2. Hälfte des 13. Jh. als Wehrkirche mit Turm erbaut, seit Ende des 18. Jh. allerdings turmlos – wartet der Kunsthandwerkerhof Thomsdorf mit vielen Angeboten auf. Derzeit arbeiten bzw. präsentieren 11 Künstler und Handwerker ihre Arbeiten in den Räumlichkeiten und bieten diese zum Kauf an, Kunsthandwerkermärkte, Kurse und Konzerte bringen ebenfalls Leben auf den Dreiseithof. So wird beispielsweise mit einem Dorffest am 20. und 21. Juli 2018 Wohnplatz-Jubiläum bzw. offiziell 625 Jahre Thomsdorf gefeiert.

Krüseliner Mühle und See

Krüseliner Mühle und SeeDie Mühle am Krüseliner See ist ein sehr beliebtes Ziel bei Touristen. Wir waren mit dem Rad unterwegs von Carwitz über Thomsdorf und hätten ja gerne in der Krüseliner Seeschänke etwas gegessen – aber die Ansage des Kellners von „mindestens einer Stunde Wartezeit“ erzielte die gewünschte Wirkung:  wir tranken nur etwas und trugen zur Entlastung der Küche bei. Ein alter Grenzstein macht darauf aufmerksam, dass wir hier permanent von Preußen nach Mecklenburg wechseln – und umgekehrt. Von der Mühle kommt man, wenn es genug Wasser in den Zwischenläufen hat, paddelnd bis nach Lychen. Erstens war der Wasserstand mit unter 30 Zentimetern aber nicht ausreichend und zweitens traten wir ja gerade die Pedale, so dass wir drittens erst mal zurück nach Carwitz radelten und von dort anderntags mit dem Auto nach Lychen fuhren.

Lychen

LychenWenn man den Begriff Feldberger Seenlandschaft politisch nimmt, gehört Lychen nicht dazu: Brandenburg, Uckermark, sieben eigene Seen. Aber hier hängt in Wirklichkeit doch alles mit Allem zusammen, und so kann man sich die Flößerstadt, wie sich Lychen seit 2008 nennt, ja mal besuchen. Wir taten das ganz selektiv: es gibt in Lychen ein bed and breakfast, dessen Betreiber ein guter Bekannter ist – in Dresden war Friedrich W. Niemann zur Eröffnung des Kempinski Hotel Taschenbergpalais fürs Marketing zuständig, später mal General Manager des Berliner Waldorf-Astoria – und nun ist er mit seinem Bruder Konrad zusammen Gastgeber eines kleinen Hauses mit vier Zimmern und zwei Studios. mein.lychen heißt das B&B, das keine Fernseher auf den Zimmern hat, dafür aber das Frühstück in drei opulenten Gängen serviert – an einem großen Tisch für alle Gäste. Da kommt man ins Gespräch… – Von den sieben Seen nahmen wir nur den Zenssee in Augenschein bei einem Abendspaziergang, was schon wegen der fünf eleganten Beinpaare im fotogenen Abendlicht eine gute Entscheidung war. Dass zahlreiche Datschen über eine weite Strecke den direkten Zugang zum See verhindern, fanden wir erst blöd – aber als ein Wochenend-Besucher uns mit frischen Brombeeren in ein Gespräch lockte, stimmte uns das dann doch noch milde.

Heilige Hallen

Heilige HallenDie Heiligen Hallen gelten als Deutschlands ältester Buchenwald – so alt, dass viele der bis zu 50 Meter hohen Buchen sterben und sich der Wald zunehmend verjüngt. Man sieht im 66,5 ha großen Naturschutzgebiet viel Totholz, das – weil seit 1959 keinerlei Bewirtschaftung mehr stattfindet (lediglich die Wege werden freigehalten) – den über 300 Jahre alten Buchenwald zu einer wilden Angelegenheit werden lässt. Heilige Hallen, wie der Wald wegen der hoch aufragenden Buchen mit ihren dichten Kronen genannt wurde, sind das also nur noch dem Namen nach – aber man kann dem Strelitzer Großherzog Georg schon dankbar sein, dass er Mitte des 19. Jahrhunderts verfügte, dieses Waldgebiet für alle Zeiten zu schonen. Und irgendwann werden die jetzt jungen Bäume ja auch mal wieder alt…

Gastronomie

Feldberger Seenlandschaft – GastroDas Schlaraffenland stellt man sich anders vor. Und selbst für Bratkartoffel und Sülze muss man sich beeilen, denn die Küche schließt mal um 19, mal um 20 Uhr. Ausnahmen findet man freilich auch hier im kulinarischen Niemandsland: Mit der Alten Schule in Fürstenhagen verfügt die Gegend sogar über eine Sternerestaurant (Bericht) – mit der entsprechenden Preisgestaltung. Günstiger geht’s in einer anderen alten Schule, nämlich der von Triepkendorf. Im Tenzo sind die Öffnungszeiten auch nicht so ländlich – einmal wurden wir sogar gebeten, erst um acht zu kommen (Bericht). Dass wir zwei Mal da waren, ist kein Zufall… In Carwitz unbedingt besuchenswert ist das Café Sommerliebe – mit hausgemachtem Kuchen und einem schönen Garten. Wer da am Nachmittag zugeschlagen hat, braucht abends eh kein Restaurant mehr – aus Vernunftgründen 😉

Adressteil

Essen, Trinken, Schlafen

Café Sommerliebe
Carwitzer Str. 37
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 39831 59109

Restaurant Alte Schule Fürstenhagen
Zur Alten Schule 5
17258 Feldberger Seenlandschaft / OT Fürstenhagen
Tel. +49 39831 22023
www.restaurant-alteschule.com

TENZO Gasthof
Alter Schulweg 2-4
OT Triepkendorf
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 39820 33940
www.tenzo-gasthof.de

mein.lychen
Berliner Str. 43
17279 Lychen
Tel: +49 39888 522188
www.meinlychen.de

Ferienwohnungen Haus Seeblick
Andrea Schulze
Carwitzer Straße 82, OT Carwitz
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 039831 27220
www.haus-seeblick-carwitz.de 

In Carwitz

Hans-Fallada-Museum
OT Carwitz
Zum Bohnenwerder 2
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 39831 20359
www.fallada.de

Paddelbootverleih
Norbert Fleege
Carwitz – Carwitzer Str. 30
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 162 4100406
www.carwitz-fleege.de

Fahrradverleih
Manfred Fleege
OT Carwitz, Carwitzer Str. 26
17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. +49 39831 52943

Übersicht der besuchten Orte

 

 

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