Seit die Restaurants alle schließen mussten, werden immer mehr Gastgeber zu Versorgern zu Hause. Ob als Lieferservice oder im Laden (bzw. am Fenster oder der Nebentür): man kann sich auch zu Hause ziemlich abwechslungsreich verköstigen lassen. Wir haben neben unseren regelmäßigen virtuellen Besuchen bei Tresen-Skypes in der Weinzentrale nun schon einige Male auf das bunte Angebot für Essen zum Mitnehmen der hiesigen Gastronomen zurückgegriffen. Denn wenn uns schon die Pandemie das Leben versaut, wollen wir uns doch möglichst dem Virus mit Macht und Genuss entgegen stemmen!
Schmidt’s Restaurant, Hellerau
Schmidt’s bietet ein Freitagsmenü zum Abholen an. Das muss man im Online-Shop des Restaurants vorab bestellen (und via PayPal bezahlen) und kann es dann am jeweiligen Freitag in Hellerau abholen – an einer Seitentür mit ausreichend Platz für eine wahrscheinliche Schlangenbildung. Es gibt eine (für mich nicht wirklich nachvollziehbare) Mindestbestellmenge für zwei Menüs – aber wir wollten eh drei Portionen haben, also egal. Unser Drei-Gang-Menü vom 17. April kostete 39 Euro pro Person und sah so aus:
- „Schmidt’s Frühlingsspaziergang“
Grüner Spargel, Rhabarber, Radieschen und junge Radebeuler Salate - Kalbsschnitzel, Nieschützer Spargel, Zitronenbutter und Bärlauch-Kartoffeln
- Rhabarber-Crumble mit Joghurtmousse
Das Menü ist als Halbfertiggericht gedacht, getreu dem Motto: alles ist fertig, es muss nur noch gemacht werden. Man sollte es am gleichen Tag oder spätestens am nächsten essen, hieß es auf Facebook, wo die Menüs beworben werden. Gute Ansage – und mit etwas Wissen sollte man be diesem Menü auch nicht den Samstag abwarten: die Schnitzel sind paniert, der Crumble liegt auf dem Rhabarber: das hält sich zwar und wird nicht schlecht, aber so richtig chic wie im Restaurant ist es nur, wenn es möglichst schnell verarbeitet wird. Diese Woche gibt es übrigens (weil Freitag Feiertag ist, schon am Donnerstag) ein in dieser Hinsicht unkomplizierteres Kalbsfilet mit Trüffelsauce…
Das Abholen gestaltet sich unkompliziert: da alles vorbestellt und bezahlt ist, tritt man mit An- und Abstand an die Tür, nennt den Namen und bekommt seine Tüte mit dem Menü und einem Zettel, der bei der finalen Bereitung des Essens hilft. Das ist ein ebenso hilfreicher wie flott geschriebener Text – beim Lesen habe ich mich fast wie im Restaurant in Hellerau gefühlt: gut aufgehoben!
Unsere Bestellung war verpackt als 1×3 und nicht 3×1 – mathematisch ist das zwar gleich, im wirklichen Leben aber nicht unbedingt: was wäre denn gewesen, wenn wir zu zweit hätten essen wollen und eine Portion dem Nachbarn geben? Das wäre nicht gegangen, weil die jeweiligen Einzelzutaten (Schnitzel, Kartoffeln etc) in einem Beutel waren. Bei uns war’s kein Problem, wir waren zu dritt und konnten dann auf den Tellern teilen.
Die Zubereitung – laut Anleitung in 30 Minuten zu erledigen – klappte prima. Reichlich Butterschmalz bot den Schnitzeln (einzeln gebraten, natürlich) ein köstliches Bad, um Farbe anzunehmen und zu garen. Den Salat aßen wir nicht vorab, sondern zum Schnitzel. Der Spargel war uns etwas zu weich geraten, aber er schmeckte! Die Zitronenbutter, beim Lesen eher eine Kleinigkeit am Rande, wurde zum heimlichen Star: genial. Das Dessert hatte eine eingebaute Falle: Crumble auf Rhabarber – da knackt sehr schnell nichts mehr.
Fazit: tolle Produkte, guter Geschmack – aber einige Details, die deutlich zeigen: im Restaurant selbst geht’s besser als im Seitentürservice.
Gräfe’s Wein & fein, Radebeul
Das kleine Ladenlokal in der Radebeuler Hauptstraße mit immer mehr Restaurantbetrieb gehörte mit zu den ersten im Raum Dresden, die auf die Pandemie reagierten. Statt des üblichen Pastatags am Donnerstag Mittag gab es das Angebot einer Wochenkarte, die täglich angeboten wurde. Ganz im Stil des Hauses mit einfachen Gerichten, die gut schmecken – oder, wie Matthias Gräfe sagen würde: Einfach. Gut. Neu waren die Öffnungszeiten: täglich außer montags ab elf Uhr, anfangs noch bis 20 Uhr, ab der zweiten Woche dann bis 19 Uhr. So ist’s immer noch – im Prinzip. Sonntags machen sie um 14 Uhr dicht, weil danach eh keiner mehr kam – und diese Woche gönnt sich das Team sogar eine Auszeit vom 1. Mai bis zum Sonntag einschließlich. Gut so.
Zu den täglichen Wochenkartengerichten kam schnell der Sonntagsbraten – da hätte ich bei Rouladen ja beinahe schon zugeschlagen. Aber kurz davor hieß es: „Wir haben Hummer Hummer Hummer…“ Mit Pasta und (laut Ankündigung) Wurzelgemüse für 19,50 €. Wir schlugen zu und nahmen zwei Portionen. Zwei ausgelöste (aber noch rohe) Hummerzangen lagen obenauf: „Die macht ihr bitte dann in der Pfanne nach unten, die Nudeln drüber und erwärmen. Die Zangen haben dann den richtigen Gargrad, wenn die Nudeln warm sind!“, lautete die Kochanweisung bei Übergabe des Behälters. So machten wir’s dann auch, alles easy.
Wir waren nicht böse, dass kaum Wurzelgemüse und statt dessen Abschnitte vom grünen und weißen Spargel den Weg in die Pasta gefunden hatten, öffneten die ebenfalls vor Ort gekaufte Flasche Wein und genossen die flinke Pfanne für Genießer in der untergehenden Sonne auf der Terrasse.
Fazit: es muss nicht immer Kaviar sein! (Übrigens auch nicht immer Hummer – wir hatten uns noch Räucherlachs mit Pellkartoffeln und jener legendären Hausfrauensoße mitgenommen. Aus Pell wurde bei uns Brat, die zur Soße gemachte Hausfrau war genial!)
Raskolnikoff, Dresden
Unser Lieblingsrestaurant in der Neustadt hat ja diese legendäre Hausfront – mit Fenster und Fahrrad sowie roter Lampe oben drüber ist das ja ein begehrtes Fotomotiv. Derzeit stört das Fahrrad manchmal, denn ein Fenster zur Küche ist geöffnet für den Verkauf von feinem, einfachem Essen, und zwar als Mittagstisch zwischen 12 und 15 Uhr sowie als Feierabendfenster zwischen 17 und 20 Uhr. Wir kamen nach einem ausgiebigen Stadtspaziergang kurz vor knapp vorbei und dachten schon: oh, alles aus? Aber nein: „Natürlich geht das noch!“ sprach es uns hinterm Mundschutz freundlich an.
Wir bestellten einmal Pelmeni – sie waren mit Bergkäse gefüllt, lagen in Ratatouille und bekleckerten sich wie immer an diesem Ort mit Ruhm und Schmand. Preis für eine ordentliche Portion: 7,50 €. Gericht zwei hieß Käsespätzle mit Röstzwiebeln und Kräutern (6,50 €) – die Portion kam mir unbewältigbar groß vor, vielleicht weil’s die letzte war (die ist ja meist entweder zu klein oder zu groß…). Uns gefielen nach einigen hin-und-her-Genasche die Pelmeni besser. Das kann aber auch daran liegen, dass die Tochter im Schwäbischen uns bei Besuchen immer das Spätzle-Verwöhn-Programm angedeihen lässt und der Vater der Tochter – das muss in aller Bescheidenheit einmal geschrieben werden dürfen – mit Engelsgeduld die großartigsten Zwiebeln schmelzt (oder schmälzt???). Die Menge der dabei zum Einsatz gebrachten Butter hat er übrigens im Raskolnikoff gelernt…
Außerdem nahmen wir noch ein Boeuf Bourgignon im Glas mit – eingeweckt, obwohl das Glas gar nicht von einem Nachfahren des Herrn Weck war, sondern aus Italien kommt. Aber man kann natürlich auch mit Fido einwecken, und ob die Italiener das dann fidomentare nennen? Nee, natürlich nicht, sie sprechen von der conservazione! Wir haben das Glas noch im Kühlschrank, wo es sich (das entnehme ich einem facebook-Beitrag) „bei Kühlung mindestens fünf Tage hält. Mit Sicherheit auch mehr.“ Das Boeuf Bourgignon im Glas kostet 18 € und reicht mit seinen 950 ml bei uns sicher nicht nur für zwei, sondern für zwei Personen mit Resteessen – ich werde da zum gegebenen Zeitpunkt mal nachtragend sein…
Fazit: Wie immer im Raskolnikoff: einfach und gut sowie immer den Preis wert.
WeinKulturBar, Dresden
Wir hatten einen Termin an diesem Donnerstag-Abend in der WeinKulturBar von Silvio Nitzsche. Nein, falsch: wir hätten einen Termin gehabt! Aber statt um 19 Uhr, wie annonciert, schlugen wir um 17 Uhr auf – denn auch die Kultweinbar in Striesen bietet tagsüber Wein und Käse an. Gemäß der Devise never change a running system erstanden wir einen Fakebesuch: mit dem bei uns so beliebten Einstiegscrémant und zwei Flaschen Burgunder. Natürlich wurden wir gefragt, ob’s einer sein sollte, der Spaß macht oder einer zum sich dran Abarbeiten, natürlich beantworteten wir diese oder-Frage mit einem beherzten „nun ja…“
Den Käse ließen wir uns in größeren Portionen geben als in der Weinbar üblich: zu Hause kann ja gerne für den Morgen danach was übrig bleiben. Wir hätten ihn auch auf den hauseigenen Platten mitnehmen können, haben uns aber für die einfache Variante entschieden, also schlicht fachgerecht verpackt. Am Abend gab’s das denn, unaufwändig zum selbst gebackenen Brot mit Salz aus Mallorca sowie etwas selbst verfeinertem Senf aus Bautzen und sardischen eingelegten Artischocken – wenn’s uns schon schlecht geht, lassen wir es uns gerne gut gehen!
Natürlich fehlte dann am Abend @home aber doch etwas: die charmanten Erklärungen der Weine durch Silvio Nitzsche oder die profunden Erklärungen der Besonderheiten dieses oder jenes Käses durch Jana Weiske. Ich bin mir sicher, dass wir das Original nachholen werden!
Fazit: Keine Reservierung platzen lassen!
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