„Der ächte Doctor“ steht an der Tür, die wie ein früher Comic bebildert ist und den berühmten Doctorkeller zusperrt. Von hier aus geht es nicht auf, sondern in den Weinberg, der als der teuerste in Deutschland gilt und aus dem begehrte und sehr einzigartige Weine kommen. Aus der Tür guckt Max Ferger. Der kommt gebürtig aus Bremen (für Wein eher von der Händler- und Trinkerseite bekannt, Stichwort Ratskeller) und wollte eigentlich Tierarzt werden, kam dann aber doch irgendwie (also nach dem ein oder anderen Glas Wein) zum Studium in Geisenheim und direkt danach 2008 als Jungwinzer zum Weingut Witwe Dr. H. Thanisch, Erben Müller-Burggraef.
Die für Außenstehende vielleicht verwirrende Namensähnlichkeit der beiden Weingüter, die erst mal gemeinsam Witwe Dr. H. Thanisch heißen, ist im Podcast 66 aufgedröselt, kann man hier nachlesen und -hören. Wie das ist, wenn ein Weinberg (nach napoleonischem Recht, so lang wirkt der kleine Franzose nach) geteilt wird, erfahren wir beim Hochstapfen. Eine Treppe führt hoch, die weinbergstypisch nicht unbedingt bequem zu laufen ist. Links, lesen wir auf einem Schild, stehen die Weinstöcke der Erben Thanisch, und rechts (wieder ein Schild) die der Erben Müller-Burggraef. Wir nutzen die volle Breite der Treppe, um bergan schnaufend zu plaudern.
Oben am Weinberghäuschen (Gebiet der Erben Thanisch…) steht es sich bequemer als im Steilhang. Der Ausblick dürfte allerdings überall nahezu gleich gut sein. Wir stehen, keine Frage, im Doctor. Der ist vergleichsweise klein, 3,2 ha nur (Versuche, den wohlklingenden Namen zu nutzen und die Lage zu erweitern, wurden erfolgreich abgewehrt – ein Gericht bestätigte sogar die Einzigartigkeit (Quelle)). Dabei sind die Lagen nebenan nicht wirklich schlecht – aber eben auch nicht sooo einzigartig. Badstube, Lay und Graben, jeweils mit dem Vorsatz Bernkasteler, gesellen sich zum Doctor, der sich auch im Ortsnamen abhebt: Berncasteler. Tradition, Dude! Maximilian Ferger steht da, zeigt in die Gegend und erklärt. Als Geo-Banause sieht man, ohne genau zu wissen, nur grob – da hilft eine kleine Animation auf der Webseite des Weinguts, die die Lagen bei Bernkastel visualisiert.
Unser Podcast ist die (gekürzte) Mitschnitt dessen, was Max Ferger dem Journalist*innen-Trupp bei der Herbstreise des Moselwein e.V. (hat sich die Imagepflege und Absatzförderung der Weine von Mosel, Saar und Ruwer auf die Fahnen geschrieben) erzählte – natürlich habe ich ihn gefragt, ob das OK sei. Fragen zwischendurch stellten die Kolleg*innen. Die unterschiedliche Akustik ergibt sich aus den unterschiedlichen Orten im Weinberg und im Keller.
Wir kamen in den Genuss einer Doctor-Vertikale: drei Berncasteler Doctor Auslesen, Jahrgänge 2017-2018-2019. Und einen Aufsacker gab es auch, ein 2016er GG aus der Magnum.
Hier der rote Faden der Aufzeichnungen:
- 01:30 Max Ferger: ich glaub‘, ich bin halbwegs gut bewandert…
der berühmte Berncasteler Doctor – das Romani Conti der Mosel?
er ist nicht der steilste Weinberg, aber er hat was Besonderes
die Reben in diesem Berg sind bis zu 200 Jahre alt
es sind wurzelechte alte Reben
Boden ist Kombination aus grauem und blauem Schiefer
erkennbares Geschmacksprofil beim Doctoren egal welcher Jahrgang, welches Prädikat
’n Doctor ist nichts für Normaltrinker
es ist ein komplexer und sehr anspruchsvoller Wein
wer einen Doctor trinkt, sollte sich Zeit nehmen und das genießen
- 03:28 der Doctor ist 3,2 ha groß
bis 2016 drei bzw vier Mitspieler
wir haben ungefähr einen Hektar
das Weingut Wegeler hat exakt einen Hektar
Sofia Thanisch hat ca 8.000 m2
Lokalpatriot Patrick Lauerburg
die Heilig-Geist-Parzelle – die wurde immer verpachtet an die ursprünglichen Doctor-Winzer, je über neun Jahre
2016: neue Preisvorstellungen und neu gewürfelt
die Zahl der Interessenten weltweit war groß…
die Parzelle hat knapp 3.000 m2
Markus Molitor und Thomas Haag von Schloss Lieser bekamen den Zuschlag
zwei Super-Weingüter – was besseres kann uns nicht passieren
jeder hat seine eigene Philosophie, seinen eigenen fingerprint
typisch für den Doctor ist immer: zuerst eine rauchige Nase
dann wird es kräutrig …und Fruchtnuancen
zum Schluss immer ein salziges finish
es ist ein Gedicht – glauben Sie mir
der Doctor-Kabi ist ’ne benchmark
für die TBA muss ich den Lesern Finderlohn geben – da kommt nicht viel Menge bei raus! Aber unfassbare Qualität!
der Saft, der da rauslief, war kein normaler Most, das war Extrakt pur
daraus Weine machen zu können: das macht Spaß
Trockenstress war 2022 eine große Thematik
besonders jüngere Anlagen haben dieses Jahr schwer gekämpft
das wird eine Thematik der kommenden Jahre: Trockenheit. Obwohl die alten Reben tief wurzeln…
er ist nicht einer der steilsten Weinberge
seit wann ist die Thanisch-Erben-Trennung (fragt UVS) - 16:32 wir sind im Keller
the private well and spa – die Bernkasteler Badstube
ich habe da was vorbereitet: eine Doctor-Vertikale: 17-18-19
2019 ist ein Versteigerungswein
zuvor zum Eingrooven im Glas: 2016 Bernkasteler Doctor GG aus der Magnum, natürlich trocken
Fakten zum Doctorkeller
ein Gewölbe, das ca 400 Jahre alt ist
…zuerst als Kühlschrank für die Stadt Bernkastel
…auch schon als Bierkeller genutzt
Hinweis auf Spucknäpfe darf nicht fehlen 😉 (sie blieben leer)
Plädoyer, nicht zu lange zu warten bei gereiften Weinen. Man könnte auch Pech haben!
die (leere) Flasche kann ich mir noch Jahre lang anschauen – und ich weiß, was ich davon gehabt habe!
Preis für so was Großes?
37 Euro für 0,75 l – Magnum entsprechend mehr…
die Franzosen, Schweizer & Co lachen uns aus für den Preis…
tut mir leid, ich muss einmal nachschenken
generell entwickeln sich alte Doctoren phänomenal, sie erzählen noch mehr
Bezug nehmend auf die Schatzkammer: der älteste Wein da ist die berühmt-berüchtigte 1921er Trockenbeerenauslese
diese Trockenbeerenauslese war die allererste TBA an der Mosel
unfassbarer Wert – wir reden nicht drüber, aber deuten an (einen Urlaub und ein nettes kleines Haus)
kann man 100 Jahre alten Wein trinken? Wenn die Farbe fast schwarz ist? – JA!!!
da ziehe ich heute noch meinen Hut und sage: deswegen mache ich das - 24:42 wir probieren drei Auslesen: 2017-2018-2019
Wein ist ein Genussmittel – da sollte man sich und dem Wein Zeit nehmen zum Genießen
im Glas 2017er
Aufgabe, die Theorie in der Praxis zu schmecken (rauchig – kräuterwürzig- salzig)
ich habe den Wein nicht mit Restsüße erschlagen, das brauche und will ich nicht
traditionell wird der Kabinett aus dem Doctor restsüß ausgebaut – „ich finde, dass gehört sich so“
besser probieren als Zahlen/Werte studieren!
diese Süße wirkt nicht aufgesetzt
Szenen einer Ehe: „Das waren eben mal gerade 85 g Restzucker!“ – „Aber der ist doch gar nicht süß?!“
stellen Sie sich sowas mit einem Wildschweinragout und Trockenpflaumen vor!
der Zigarrenclub, der zum Schmöken Doctor Auslese genießt
das Ding ist: der hört ja nicht auf!
ich mag Weine, die Ecken und Kanten haben
ich mache ja nicht viel: wir lesen die Trauben – ich bin ein großer Fan von Standzeiten und von Malolaktik
bei uns ist alles spontane Vergärung
Erfahrung und Panik aus seinem ersten Jahr im Betrieb - 34:10 im Glas 2018er (BSA-Story geht später weiter!)
Maischestandzeit
lange Presszeiten
während die meisten Winzer*innen ihre Trauben in drei bis fünf Stunden pressen, dauert es bei ihm zehn Stunden und mehr. Lange bei wenig Druck.
zurück zum BSA
Anruf beim Prof: „Das gibt’s nicht!“
und dann das Magische: mit den Frühlingswinden ging es wieder weiter. Restsüße war ja noch da
…und die neuerliche alkoholische Gärung hat das Buttrige rausgeblasen
es gibt kein Patentrezept, jedes Jahr ist anders…
so bizarr wie 2022 war’s noch nie
wer findet 17 besser, wer 18? Ergebnis 50:50
wir sind in der Bernkasteler Badstube – eine der kleinsten Großlagen
innerhalb der Großlage gibt es den Doctor, die Lay, den Graben (alles immer mit Bernkasteler davor!) - 39:43 im Glas 2019er
Auflösung: ausgebaut im neuen Barrique
ich bin ein großer Verfechter von Holz
Wein wird ja nicht automatisch besser, wenn man ihn ins Holz legt
ich selber bin begeistert, hatte aber riesengroße Diskussion bei der Taxprobe für den Bernkasteler Ring
„Das ist KEINE typische Auslese! Das ist NICHT Mosel!“
„das ist aber ehrlich gesagt gar nicht schlecht…“
Riesling KANN im Holz reifen und großartig werden
ich bin nicht der reduktive Mensch, ich arbeite mit viel Luft
polarisierender Wein
Nachschlag irgendwer?
Nachfrage zu den Lagen
Alle Lagen unterscheiden sich in den Böden - 48:01 that’s the place to be: Schatzkammer
der gesamte Keller ist geschichtsträchtig, aber dieser Teil hat noch ein paar mehr Stories…
hier liegen ein paar Schätzchen
vom ältesten Jahrgang 1921 TBA liegen hier nur noch zwei Flaschen (aber es gibt noch mehr…)
1921: ein Jahrhundertjahrgang
es war die erste Trockenbeerenauslese an der Mosel
die Geschichte von der zusätzlichen Mauer und den geretteten Weinen
der neue Betriebsleiter Anfang der 1970er erfuhr Erstaunliches…
das hier war das Weingut, hier wurde alles gemacht…
der Name Thanisch kurz ansatzweise erklärt
Erkenntnis von alten Karten: die Wälder auf den Höhen waren die Thanisch-Wälder
die Doctor-Story
…soll der Weinberg der Bernkasteler Doctor sein
der ächte Doctor!
Fazit: wir haben Medizin getrunken!
Witwe Dr. H. Thanisch, Erben Müller-Burggraef
Junkerland 14
54470 Bernkastel-Kues
Tel. +49 6531 / 91790-10
www.dr-thanisch.de
Auf ein Glas – der Podcast der STIPvisiten. Gespräche beim Wein. Über Wein. Über Essen. Und übers Leben, natürlich.
Alle Folgen unter diesem Link: podcast.stipvisiten.de
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