30 Jahre Skulpturen und Wein

Besuch bei Klaus Zimmerling und Małgorzata Chodakowska im Weingut in Dresden Pillnitz

Vinothek

Wir stehen vor der neuen Vinothek vom VDP-Weingut Klaus Zimmerling. Während der Bauzeit bin ich da ja immer kopfschüttelnd dran vorbei gelaufen oder geradelt und dachte: viel zu groß, viel zu wuchtig, warum machen die das? Jetzt, wo sie fertig ist, weiß ich: mir fehlte damals wohl nur die Phantasie, sich den runden zweistöckigen Neubau fertig vorzustellen. Denn natürlich ist alles durchdacht, bis hin zu den Abdeckungen auf dem Kamin, die fast genau so auf dem Dach vom nahe gelegenen Schloss Pillnitz zu finden sind. Allerdings ist dort nur ein Vogel oben drauf, hier bei Zimmerlings sind es zwei. „Es war März, müsst ihr wissen!“, schmunzelt Małgorzata Chodakowska, die großartige Künstlerin und Macherin der Skulpturen, die im Weingut eine integrierte Funktion haben. Skulpturen überall: auf den Dächern, im Weinberg, auf den Etiketten.

Das Weingut liegt in Pillnitz ziemlich weit im Osten des Weinanbaugebiets Sachsen, Klaus Zimmerling ist der östlichste VDP-Winzer. Weiter östlich kommt dann nicht mehr viel, der Königliche Weinberg, zu dem seine Große Lage Rysselkuppe gehört, dehnt sich westwärts aus – da gibt’s neben viel Winzergenossenschaftshobbywinzern auch den einen oder anderen, der sein Ding eigenhändig macht. Zimmerling war schon immer etwas eigen in den Dingen, die er tat. In einem Beitrag für die TaschenbergNews des Kempinski Hotels schrieb ich 1997: „Die Weine könnten „Spätlese“ und/oder „Öko-Wein“ heißen – aber Zimmerling verkauft sie schlicht als „Landwein“. Kenner wissen sowieso, was dahinter steckt…“. Vom Landwein kam Zimmerling erst weg, als er 2010 Mitglied im VDP wurde – die haben da ja ihre eigene Qualitäts-Pyramide…

Von der Pyramide nochmal zum Runden. Schon vor dem (älteren) Weinkeller gibt es zwei Rundhäuschen. „Sie sind entstanden in Anlehnung an die Wächterhäuser im Pillnitzer Weinberg“, erklärt Klaus Zimmerling. Rund ist die neue Vinothek aber nicht nur deswegen, sondern auch, weil kalte Fallwinde bei Frost das Gebäude viel besser umfließen. Und das ist ja bei den Klimabedingungen im winters manchmal very cool climate im östlichen Teil des Elbtals nicht unwichtig.

Für die Optik der Vinothek begab sich das Ehepaar Zimmerling/Chodokowska unter die Sammler: Sandsteine waren ihr Ziel, und sie wurden fündig zwischen Pirna (wo sie ein Lager des aufgegebenen Sandsteinwerks kauften) und Dresden (wo die Kellergewölbe der Herzogin Gärten ihre Aufmerksamkeit hatten). Das Sandsteinlager auf dem Weingut wuchs und wuchs und war dann schon sehr groß – aber „wir haben fast alles gebraucht, es blieb kaum was übrig!“, sagt Zimmerling.

Skulpturen MalgorzataMałgorzata Chodakowska entführte uns beim Besuch in den Skulpturengarten hinter der Vinothek, „so lange es noch nicht so sehr regnet“ – das war dann allerdings mehr frommer Wunsch als Wirklichkeit, so dass die Skulpturen ihre bella figura in sehr diffusem Licht geben mussten und Wasser nicht nur an den von der Künstlerin vorgesehenen Stellen da war – das nur zur Erklärung der meist weniger farbenfrohen Fotos.

Die Skulpturen sehen ja auch an sich schon schön aus – aber wenn das Wasser dazu kommt (also das in den Figuren, nicht das von oben), werden sie erst perfekt: da wachsen Flügel, da entsteht ein Tuch mit Fransen, dort ist es das Tutu der Ballerina: „Das Wasser ist ein Teil der Skulptur“, sagt uns Małgorzata Chodakowska. Was sie nicht sagt ist, dass in der farblichen Komposition eigentlich auch ein blauer Himmel dazu gehört, damit alles wirklich tres chic aussieht. Aber man kann ja nicht immer alles haben, und einmal gab es an diesem Niesel-Schnürl-Regen-Novembertag sogar ein Stück blauen Himmel mit fast einem Herz aus Wolken. Allerliebst.

Kleine Weinprobe mit Weinen von Klaus Zimmerling

Das Weingut feiert in diesen Tagen sein 30jähriges Jubiläum, was man mit Rückblicken würdigen könnte („weißt du noch 2002, als nach der Flut alle Weine im Keller von Schloss Pillnitz im Wasser schwammen?“), aber man kann natürlich das Weingut jetzt besuchen und eine Woche lang gereifte Weine probieren (facebook-Status vom 5. Dezember 2022, falls das jemand viel später liest…). Bei unserem Besuch einige Wochen vorher holte Klaus Zimmerling Weine aus dem Keller, die bis ins Jahr 2016 zurück reichten.

WeineWir starten mit einem 2021 Gutswein Riesling (aus der großen Flasche, also 0,75 l!). Zimmerling lässt sich Zeit, diesen Wein verkauft er erst seit einer Woche. Auch den 21er Jahrgang ziert eine Springbrunnen-Skulptur. Die Skulptur auf dem Etikett entstammt meistens dem gleichen Jahrgang, in dem der Wein gewachsen ist („oder zumindest in der Nähe des Jahres“, wie Zimmerling vorsichtig formuliert). Der Gutswein ist meistens trocken – aber es gibt Ausnahmen. 2018 war so eine und 2021 ist es wieder, da „ist er ein My über trocken“. Aber: man schmeckt das nicht raus, denn eine kräftige Säure steht dem My Restsüße entgegen. Also passt’s. „Säure und Zucker ergänzen sich immer harmonisch bei unseren Weinen. Wir lassen sie lange auf der Maische stehen, das nimmt die Spitzen der Säure“, erklärt Zimmerling.

Klaus Zimmerling ist ein Winzer mit Geduld. Er liest seine Trauben so spät es geht, gönnt ihnen jeden letzten Sonnenstrahl. 2021 hat er bis Ende Oktober hinein die Trauben vom Stock geholt, 2022 waren er und seine Erntehelfer noch im November im Berg. An seinem letzten Lesetag, dem 11. November, brachte die Winzergenossenschaft mit viel Pomp und Bohei bereits die ersten Flaschen fertigen Weins auf den Markt. „Wenn wir merken, dass die Trauben noch nicht reif genug sind, lassen wir sie hängen!“, sagt Zimmerling. Seinen Goldmuskateller (der in Italien zu Hause ist) hat er mit stattlichen 97 °Oechsle gelesen. „Da haben wir uns sehr gefreut, dass wir diese Geduld hatten!“

Klaus ZimmerlingZum Portfolio des Winzers gehören viele Sorten, auf seinen viereinhalb Hektar stehen 40% Riesling, dann gibt’s Weißburgunder, Grauburgunder (den sie in zwei verschiedenen Qualitäten anbieten), Kerner (als Altlast übernommen, die wurden schon 1984 gepflanzt, Spätburgunder für Sekt oder, wenn das nicht klappt, für Blanc de Noir oder Rosé. Vergangenes Jahr hat Zimmerling noch Sauvignon Blanc gepflanzt und – völlig unnatürlich für ihn – schon im 2. Jahr eine Mini-Ernte gehabt, „eine Mischung aus Fleiß und Glück“, wie Zimmerling schmunzelnd in die Runde wirft. Das Gelbfruchtige überwiegt übrigens bei ihm als Geschmacksrichtung – „ich mag die Üppigkeit!“. Außerdem stehen im Berg noch Traminer UND Gewürztraminer sowie ein bisschen Roter Riesling. Der gibt dem vorhandenen Riesling etwas mehr Vielfalt, erfahren wir: „Ich finde ihn solo nicht so spannend, aber als add on bringt er einen zarten Rosaton mit und den Pfirsichton, das rötliche Fleisch. Er schenkt dem weißen Riesling etwas mehr Komplexität.“ Als Zugabe bezeichnet Zimmerling seinen oben schon erwähnten Goldmuskateller. „Man kann ihn lange hängen lassen, aber muss ihn vor Waschbären schützen. Die sind geschickt und können sogar die Schutznetze um die Weinstöcke öffnen.“ Was ja nicht der Plan ist… Aber warum eigentlich diese Sortenvielfalt? „Die Sortenvielfalt gibt mir die Zeit bei der Ernte!“, sagt Zimmerling. Gut genug nur für Riesling sei der Berg, aber im Gespräch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nur Riesling dann doch irgendwie zu eintönig sei…

Der Fotograf fotografiert die Fotografin die die Fotografin fotografieert die die Flaschen fotografiertDer 2018 Riesling Königlicher Weinberg kommt aus der Rysselkuppe und ist eine VDP Große Lage. „Nur Steillage, der steht sofort im Granit!“, weiß Zimmerling. Die Reben sind quer gezeilt, jede Reihe steht für sich in der Sonne. Und es ist ein 2018er, aus dem ersten der trockenen drei Jahre! Es müssen aber nicht immer die Spitzenlagen sein, wo es sich lohnt, die ein wenig zu lagern. Neulich hatte Zimmerling im Kreise von Kollegen einen 2018 Gutswein mitgebracht, der sich erstaunlich präsent zeigte – und im Vergleich zu den jüngeren Weinen der Anderen sich deutlich positiv abhob. Fazit: „Ein sauber gemachter Gutswein hält allemal fünf Jahre – wenn er nicht vorher ausgetrunken ist!“

Es folgte ein 2016 Riesling Königlicher Weinberg, VDP Große Lage. Ein von Zurückhaltung geprägter Jahrgang. Alle Weine waren so eher „lasst mich in Ruhe!“. Zimmerling sagt: „Die Zurückhaltung hat er bis heute, aber ist selbstbewusster geworden.“ Zarter Aprikosenton, der oft erst mit der Reife kommt. Was fehlt? 2017 Riesling Königlicher Weinberg, VDP Große Lage. Da ist schon Botrytis drin. „Auslese geeignet“ steht im Kellerbuch, aber er deklariert es nicht so. Da kommt das alte Landwein-Prinzip ein wenig durch…

Weingut Klaus Zimmerling
Bergweg 27
01326 Dresden

Tel. +49 351 / 2618752
weingut-zimmerling.de

Skulpturen von Małgorzata Chodakowska: skulptur-chodakowska.de

Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Bericht wurden im Rahmen einer Pressereise am 16. und 17. November 2022 vom Arcotel HafenCity Dresden unterstützt. Bericht zur Reise mit Zimmerling-Anteil.

 

 

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