Fleißig war er, der Vincent Willem van Gogh: ungefähr 900 Gemälde und 1.000 Zeichnungen hat er hinterlassen, darunter etliche Dinge, die man sogar als Kunstbanause zuordnen könnte. Sonnenblumen, Getreidefelder in Gewitterstimmung und Selbstportraits mit und ohne diesem abgehaunen Ohr, das ja auch zum fundierten Halbwissen über ihn gehört. Man könnte in Museen gehen (am besten gleich ins van-Gogh-Museum in Amsterdam) – oder, seit heute und noch bis zum April diesen Jahres, einen recht zeitgenössischen Ansatz und Blick auf das Genie van Gogh bekommen: bei einem Besuch von „Van Gogh – The Immersive Experience“ in der Dresdner Zeitenströmung.
Da stolpert man natürlich gleich mal über den Titel, der hübsch modisch-international ist, aber auch übersetzt nur bedingt weiter hilft, denn der schwierigste Teil ist ja immersive, und das heißt auf deutsch eben genau so (ohne „e“ am Ende, aber das spricht man ja auch englisch nicht mit). Also fragen wir den Produzenten der Ausstellung, Oliver Forster – den kennen wir ja schon vom Banksy-Event: „In einem „immersiven Erlebnis“ taucht der Betrachter in die multimediale Illusion aus Bild und Ton ein und empfindet diese als absolut real – ermöglicht durch ein innovatives 3D-Mapping-Projektionssystem.“ Aha. Klingt technisch, ist es auch (mit wabernder Musik aus guten Lautsprechern und einem auch ein wenig im Gleichklang zur Musik waberndem Film rundum) – aber: man sitzt da und kann sich gut eine halbe Stunde in die Endlosschleife einklinken und in der Tat abtauchen in die Welt des van Gogh.
Es sind beeindruckende Bilder (mit einer bemerkenswerten Technik und Perfektion). Da fliegen Vögel aus dem Bild und dann rund um die Wände, da krabbelt ein Krebs und sucht sich seine Position im Gemälde, da öffnen sich die Schleusen und das Meer ergießt sich gen Publikum (nicht wirklich, natürlich: alles nur gefilmt!). Portraits morphen sich vom Mann zur Frau, vom Jüngling zum Greis. Garniert ist das alles mit Zitaten, die es in sich haben. „Ich habe mein Herz und meine Seele in die Arbeit gesteckt und habe dabei meinen Verstand verloren“ ist einer meiner Favoriten, aber auch „Ich denke oft, dass die Nacht lebendiger und farbenprächtiger ist als der Tag“ lohnt das Innehalten.
Die Dresdner Show ist sozusagen der immersive van Gogh 2.0 – die ursprüngliche Ausstellung (in Berlin kamen über 70.000, um zu staunen) wurde geclont sowie dabei überarbeitet und ergänzt. Die Fläche ist groß in der Zeitenströmung (fast 2.500 qm), da bleibt zum Beispiel Platz für das Schlafzimmer von van Gogh (als Bild gibt es das in drei Versionen, mit feinen Unterschieden, wie man lernt). Ja, man lernt (so man will) in der Tat, denn alles ist gut beschildert. Und wenn das Lesen zu anstrengend wird: man kann mit 3-D-Brille auch virtuell ins Leben des Vincent eintauchen. Oder sich, gleich nebenan, hinsetzen und Vorlagen ausmalen. Wenn van Gogh das Vorbild sein sollte: der hat zeitlebens auch nix verkauft (ein Bild, sagt man – von all den vielen).
„Van Gogh – The Immersive Experience”
28. Januar – 24. April 2022
Montags geschlossen!
Sonderöffnungstag: Ostermontag, 18.04.2022
Zeitenströmung
Königsbrücker Str. 96
01099 Dresden
Tickets und Info: van-gogh-experience.com
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