Traubenannahme mitten in der Stadt

Winzerverein Meersburg: 30 Winzer, 50 ha – und der Keller mitten in der Stadt

Weißherbst vor dem Schloss

Wenn es um die Sprache geht, muss man ja immer aufpassen. Im Süden der Republik kommen allerdings noch ein paar Hindernisse hinzu: Steckt hinter dem Begriff Magische Säule der Hinweis auf eine vielleicht schmackhafte oder besondere Schweinerasse? Oder handelt es sich doch eher um einen bemerkenswerten Pfosten? In Meersburg, der so traumhaft am Bodensee gelegenen Stadt, erhebt sich die Frage nicht: Die Magische Säule ist ein außergewöhnliches Kunstwerk des Bodmaner Bildhauers Peter Lenk, das satirische Portraits bekannter Persönlichkeiten aus der Meersburger Stadtgeschichte zeigt.

Magische SäuleDie Magische Säule steht seit April 2007 auf der Mole und ist ein Hingucker. Wie es sich für einen überschaubaren Ort wie Meersburg mit seinen heute knapp 6.000 Einwohnern gehört, hängt nicht nur auf der Säule alles mit Allem zusammen. Annette von Droste-Hülshoff, die die letzten sieben Jahre ihres Lebens am Bodensee lebte, logierte in der alten Burg bei Ihrem Schwager Freiherr Joseph v. Laßberg. Sie ist oben auf der wundersamen Säule als Möwe zu sehen, die sich nach dem Wind richtet – ein Symbol der Freiheit. Der Schwager unter ihr ist im Visier des Meersburger Amor – da weißte Bescheid… („Amor vincit omnia“- Die Liebe besiegt alles lautete die Liebeslehre des Fürstbischofs Ende des 13. Jahrhunderts – seitdem verteilte der Liebesschütze Amor seine Pfeile in Meersburg. Er traf manchmal gut und manchmal schlecht, den späteren Burgherren Joseph von Laßberg mehrmals [Quelle]).

MeersburgDer Bummel auf die Mole ist ein Muss bei einem Meersburg-Besuch, nicht nur der Säule wegen. Der Ausblick auf den Weinberg direkt am See ist fantastisch. Ein Spaziergang an der Seepromenade ist natürlich auch obligatorisch, auch immer mal mit dem Blick nach oben gen Schloss und dann wieder auf den See mit seinen Schiffen. Ober- und Unterstadt liegen rund 40 Höhenmeter auseinander: man sieht’s und ist daher drauf vorbereitet, zur Erholung ein Gläschen Wein zu nehmen. Gelegenheiten dazu gibt es mannigfach – ein Ort, dem man (pardon für das schräge Bild) quasi in die Arme läuft, ist der Ausschank des Winzervereins Meersburg in der Unterstadt. Man findet ihn leicht, denn bei gutem Wetter bildet sich vor dem Gebäude schnell eine Traube fröhlich schnatternder und probierender Menschen!

Valentin WagnerHinter den Kulissen des Winzervereins werkelt Kellermeister Valentin Wagner. Seit 2016 ist der erst 29 Jahre alte Kellermeister dabei und hat schon die ersten Preise mit seiner Art, Wein zu machen, eingeheimst. „Voraussetzung ist allerdings, dass die Winzer gutes Traubenmaterial abliefern – und das tun sie!“ sagt Wagner. 30 Winzerfamilien bewirtschaften zur Zeit 50 ha – eine Ausweitung auf 60 ha ist geplant. Die Winzer sind, wie nicht selten am Bodensee, zumeist Mehrfachkünstler, betreiben Wein- und Obstbau und kümmern sich um Touristen.

Wagner kümmert sich um die Trauben. Er arbeitet in einem Keller, der seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht umgebaut ist. Die Traubenannahme mitten in der Stadt ist dann zwar alle Jahre wieder eine große Gaudi für die Touristen der Stadt, aber für die Winzer eher suboptimal – zu eng ist es da in der Stadt. So, wie er das sagt, hat er damit eine Herausforderung gefunden: die fehlende automatische Temperatursteuerung beispielsweise, die beim Gärprozess eine geschmacksprägende Rolle spielen kann, muss er eben auf die alte Weise mit der Wasserberieselung der Stahltanks kompensieren. Neue Keller, neue Herausforderungen – auch wegen der alten Hefen, die in jedem Weinkeller vorhanden sind. Aber es sind eben immer andere…

Altes HolzfassDer Meersburger Winzerverein ist die zweitälteste Winzergenossenschaft Badens (1884 von Karl Benz gegründet, damals mit 32 Winzern und 126 ha Rebfläche). Heftige Fröste am Bodensee minimierten die Fläche immer wieder, und nach dem Frostjahr 1956/57 hätten die Winzer beinahe ganz aufgegeben. Weniger als 1.000 l Wein wären schon ein Grund für viele Winzer, aufzugeben. Doch das Winzerleben ist bekanntlich ein Auf und Ab, 1959 war wieder ein guter Jahrgang. Mittlerweile schwankt die Jahresproduktion zwischen 400.000 und 450.000 l – ausreichend, um auch (1974 war das) gegen eine Zusammenlegung mit dem benachbarten Winzerverein Hagnau zu stimmen.

WeißherbstFür den Kunden hat die Nicht-Zusammenlegung unter anderem den spürbaren Vorteil, dass die Meersburger ihre eigene nicht ganz so trockene Geschmacksrichtung hegen und pflegen. Mit dieser fruchtigen Stilistik und dem (das Seeklima! Die tollen Böden!) passenden Säurerückgrat entstehen Weine, die man früher® mit dem heute eher verpönten Wort süffig charakterisierte – heute spricht man ja lieber davon, dass die Weine trinkig seien oder großartigen Trinkfluss hätten. So oder so: Müller Thurgau (mit 35 % die am meisten angebaute Rebsorter) und Weißherbst vom Spätburgunder (30 % Rebfläche) heimsen oft Preise ein – und schmecken. Meist nach mehr…

Winzerverein Meersburg
Kellereiverkauf
Unterstadtstraße 11
88709 Meersburg

Tel. +49 7532 / 43 16 -0
www.meersburger.de


Hinweis:

Der Besuch fand statt im Rahmen einer Pressereise auf Einladung vom Weininstitut Württemberg GmbH und der Badischer Wein GmbH im Vorfeld der Baden Württemberg Classics am 26. und 27. Mai 2018 in Dresden. Der Winzerverein Meersburg ist in diesem Jahr nicht mit auf der Messe vertreten, hat aber einen Webshop.

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