Wein (und Essen) rund um Lissabon

Rund um Lissabon

Weine aus Portugal sind mittlerweile keine großen Unbekannten mehr bei uns – wobei die eigenen Wissenslücken immer noch groß sind. Im Rahmen der Wine&Travel Week hatte ich Gelegenheit, auf Einladung der Great Wine Capitals vier Weingüter rund um Lissabon zu besuchen. Die ersten beiden gehören zur Weinregion Lissabon, die anderen beiden liegen auf der Halbinsel Setúbal – der Heimat des berühmten Moscatel de Setúbal.

  • Quinta de Sant’Ana
    Überraschung: Hier gab es zur Begrüßung Riesling!
  • Casal Sta. Maria
    Das westlichste Weingut Europas nennen sie sich…
  • Fonseca
    Das Geheimnis des Weines, der in Fässern um die halbe Welt schippert
  • Bacalhôa
    Erlebnisweingut mit Museum und blauen Bäumen

Besuchte Restaurants:

  • Immerso
  • Mesa de Frades
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Quinta de Sant'Ana

Riesling fast am Atlantik – das überrascht dann doch. Aber cool climate gibt’s eben auch nicht weit entfernt von Lissabon in Gradil auf der Quinta de Sant’Ana. James Frost und seine Frau Ann von Fürstenberg (die in Münster Grafik-Design studierte, als sie James kennen lernte, der seine Armeezeit im Westfälischen verbrachte) haben aus der 40 ha großen Quinta de Sant’Ana ein Genussrefugium geschaffen: Es gibt Wein (13 ha), aber man kann auch übernachten oder heiraten (oder beides machen). Und das alles im Einklang mit der Natur – seit 2018 ist das Weingut zertifiziert für ökologischen Weinbau.

Mehr dazu im eigenen Beitrag.

Quinta de Sant’Ana
Rua Direita 3
Mafra, 2665-113
Gradil, Portugal

Tel. +351 261 963 550
quintadesantana.com

Casal Sta. Maria | Klicken öffnet mehr

Casal Sta Maria

Mit Superlativen sollte man sich (nicht nur als Journalist) zurückhalten, die meisten sind eh fragwürdig und halten einer Überprüfung nicht statt. Das gilt auch, wenn sich ein Weingut mit dem Satz „The most Western Vineyards of Europe“ schmückt: der Claim trifft allenfalls fürs europäische Festland zu (auch auf den Azoren, die zu Portugal gehören und damit europäisch sind, machen die Leute auch Wein!). Mit diesem Gruß aus Korinth steigen wir also aus dem Bus und sind im Casal Sta Maria – wo die westlichsten Weinberge Europas (in der Nichtschwimmer-Version) stehen.

Die Geschichte des Weinguts ist auch die des Baron Bodo von Bruemmer, der das Weingut im zarten Alter von 96 Jahren gründete und 2016 mit 106 Jahren verstarb. Sein Wahlspruch steht immer noch auf den Etiketten: „It’s never too late“. Die Geschichte des Baron Bodo von Bruemmer kann man (Google hilft!) nachlesen, auch hat er selbst in einem Brief an die Nachgeborenen aufgeschrieben. Eine beeindruckende Geschichte, die man als Besucher natürlich auch im Weingut live erfährt.

João Ribas ist Leiter der Abteilungen Weintourismus und Weinhandel im Weingut. Der Titel verrät: hier geht’s nicht nur um Wein, hier geht es gezielt auch um Touristen. In dieser Position hat er natürlich alle Tricks parat, verweist beispielsweise auf den kalten Nordwind, der uns um die Ohren pfeift und sagt: der sei typisch für die Gegend, er lobt, dass man in der Ferne den Ozean sieht – was wegen des Nebels oft nicht der all sei. Und  er verspricht besseres Wetter „für morgen“ – aber da sind wir ja schon wieder fort.

Das „mystische Mikroklima“ (so nennt João das) tut dem Wein gut. Die permanente Salzbrise schlägt sich auf den Trauben nieder – die Franzosen haben bei Rindern/Lämmern den schönen Begriff pre salé geprägt. Und diese Salzigkeit ist beim Wein ja das, was man gerne unter dem Oberbegriff mineralisch zusammenfasst – salzig passt da oft viel besser. Die Sintra-Berge im Hintergrund, das Meer in der anderen Richtung, der Wind dazwischen – darum geht’s. Bewässerung ist da übrigens nicht nötig, die Natur schafft das schon.

Welche Rebsorten mögen da gedeihen? Ein bunter Mix aus traditionellen autochthonen und neuen, internationalen Sorten ist es, also Touriga Nacional, Malvasia, Sauvignon Blanc, Chardonnay und andere. 100.000 Liter Wein produzieren sie pro Jahr, zwei Winemaker sind dafür verantwortlich (auf den Datenblättern stehen sie: Jorge Rosa Santos and António Figueiredo).

Rosé ist ihre Spezialität, der Mar de Rosas ist eine Cuvée aus Touriga Nacional, Pinot Noir und Syrah. Anders als die meisten portugiesischen Rosés kommt der überhaupt nicht leichtfüßig daher, und natürlich riechen wir leicht mineralische Noten, am Gaumen ist er frisch und (natürlich – „wenn nicht, ist er nicht von uns“, sagt João) leicht salzig. Auch so gar nicht portugiesisch ist allerdings der Preis des Rosé: 24,50 € ab Weingut.

Der Sauvignon Blanc profitiert vom cool climate und verbindet Noten von Spargel, weißem Pfeffer mit leichter Erdigkeit – und vergessen Sie nicht die Salzigkeit, bitteschön! Der Pinot Noir ist eine Selektion handverlesener Trauben, nach einer leichten Zerkleinerung einer 5tägigen Kaltmazeration in kleinen offenen Behältern (die in Portugal als „Lagares“ bekannt sind) unterzogen. Die Gärung dauerte 3 Wochen mit täglichem Umpumpen. Nach Beendigung der Gärung wurden die „lagares“ geschlossen und 2 Wochen lang gelagert. Der Wein reifte 15 Monate lang in neuen und gebrauchten französischen Eichenfässern von 225 l und 500 l. Im Glas ist der Wein rubinrot mit hellen Reflexen – und natürlich schmeckt man Kirschen, aber wer mag, findet auch reife Himbeeren und Noten von Pilzen und Kiefer.

Bei der Weiterfahrt nach Lissabon gib’s dann im Vorbeifahren noch einen Hinweis auf den westlichsten Punkt des europäischen Festlands: Cabo da Roca. Wir müssen weiter, aber die Sonne verschwindet auch ohne uns hinterm Kap…

Casal Sta Maria
Rua Principal, nº 18/20
Casas Novas – Colares –
2705-177 Sintra

Tel. +351 219 292 117
casalstamaria.pt

Fonseca | Klicken öffnet mehr

Museumskeller

Weine von Fonseca kennt man in Portugal (und auch darüber hinaus) – die Firma ist groß. Trotz der Größe mit mehreren Weingütern in den unterschiedlichen Anbaugebieten Portugals ist man ein Familienbetrieb geblieben, Bei unserem Besuch zeigte uns Raffael das Museum – was beeindruckende Fasskeller und erstaunliche Geschichte(n) mit einschloss. Und Sofia Soares Franco, die zur 7. Generation der Familie gehört und in der 1834 gegründeten Firma für Weintourismus sowie Kommunikation zuständig ist, nahm sich Zeit für eine Weinprobe und ein Food-Wine-Pairing-Mittagessen.

Mehr dazu im ausführlichen eigenen Beitrag.

Casa Museo José Maria da Fonseca
R. José Augusto Coelho 12a
2925-538 Azeitão, Portugal

Tel:: +351 212198940
jmf.pt

Bacalhôa | Klicken öffnet mehr

Bacalhôa

Die Bäume sind teils blau – so wie auch die Kunstwerke, der Blaue Hund oder die hellblaue Terrakotta-Armee. „Unsere Besitzer lieben die Farbe blau, Okay?“, sagt unsere Führerin durchs Bacalhôa Adega Museu – natürlich trägt sie einen blauen Sweater. Dass hier auch Wein gemacht wird, kann man unzweifelhaft der – nun ja: imposanten? industriellen? modernen? – Kulisse entnehmen, vor der im Grunde sehr alte Olivenbäume stehen, denen man aber im Rahmen der gesamtheitlichen Inszenierung keinen feschen Schnitt hat angedeihen lassen.

Bacalhôa ist eine der größten Weinkellereien Portugals und hat Weinkellereien in den wichtigsten Regionen Portugals: Alentejo, Península de Setúbal (da sind wir!), Bairrada, Beiras, Dão und Douro. In vier Weinzentren (Kellereien) werden die Weine von insgesamt 1.200 ha Weinbergen aus 40 verschiedenen Rebsorten vinifiziert. Angefangen hat man klein – das Untermnehmen wurde 1922 als João Pires & Filhos gegründet und war im Fassweingeschäft tätig. Erst 1982 begann man mit der Herstellung von Flaschenweinen.

1998 wurde José Manuel Rodrigues Berardo, allgemein bekannt als Joe Berardo, ist eine nicht unumstrittene Person (Lektüreempfehlung, kann man sich ja übersetzen lassen…), Haupteigentümer. Der Mann ist ein leidenschaftlicher Sammler, was auch die Kunst auf seinen Weingütern erklärt. Für seine andere Qualitäten (siehe auch diesen Beitrag) gab’s bei unserem Besuch keine Zeit, sein Name fiel nicht, er tauchte lediglich als „unser Besitzer“ auf…

Nach ausgiebiger Führung durch das Bacalhôa Wein-Museum mit zwei Ausstellungen („Vergessene Generation“ ist drei Künstlern gewidmet, die durch die Zeit des Holocausts geprägt wurden, „Out of Africa“ ist eine Ausstellung, die der Königin Ginga und drei Landschaftswundern aus Angola gewidmet ist), die von der Leichtigkeit des Weingenusses weiter entfernt sind als die oft oberflächlich-flapsige Art unserer Führerin (nein, nicht alles war und ist Okay!) nahelegte, ging’s in die Keller. Hier war es dunkel, und gregorianische Mönche gaben ihr Bestes, durch monotonen Tonband-Gesang die Qualität des Weines zu steigern.

Der Palácio da Bacalhôa liegt gleich um die Ecke. Ganz im Sinne des modernen story telling gibt es dem Weingut die Chance, von „100 Jahren Bacalhôa und 500 Jahren Geschichte“ zu reden, denn im 15. Jahrhundert gehörte es João, dem Infanten von Portugal, dem Sohn von König João I., als Lustschloss. Mehrfach umgebaut, immer wieder verändert – und sehenswert, auch wenn bei unserem Besuch im Februar die Außenanlagen winterlicher Tristesse angelegt hatten. Aber die Spitzbogengewölbe seiner ältesten Zeit, der Palast mit Fenstern im Renaissancestil, die Türmchen, die die Via Sacra darstellen und dekorative Keramikelemente aus dem 16. Jahrhundert sind bei jedem Wetter gut anzusehen.

Wir probierten hier einen Bacalhôa Moscatel de Setúbal Superior 10 Anos. Er duftet nach Aromen von Orangenblüten, Rosinen, Marmelade, Feigen und Nuancen von Earl Grey Tee, am Gaumen bleiben Rosinen, Feigen und Nüsse in Erinnerung.

Bacalhôa – Vinhos de Portugal
Estrada Nacional 10
2925-901 Azeitão, Portugal

Tel. +351 212 198 060
bacalhoa.pt

 


Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise auf Einladung des Great Wine Capitals Global Network.

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