Kamelienblüte in Pillnitz

Kamelien

Sie sei eine dendrologische Kostbarkeit in Europa, kann der Besucher an der Informationstafel lesen, die vor der etwa 240 Jahre alten Kamelie im Schlosspark Pillnitz bei Dresden steht. Das mag sehr wohl sein, aber vor allem ist sie – hübsch. Wie sie da so zu blühen begonnen hat, tiefrot und vor allem massenhaft: Das hat einfach was. 35.000 Blüten trägt die Pillnitzer Kamelie, die fast neun Meter hoch ist und einen Kronendurchmesser von 12 Metern hat. Die Blüte dauert von Mitte Februar bis Ende April, und besonders schön ist es, wenn die ersten Blätter abgefallen am Boden liegen und sich immer wieder neue Knospen öffnen.

Solange es draußen empfindlich kalt ist, steht die Kamelie in einem High-Tech-Haus, das 1992 den Vorgängerbau ersetzte. Das Glashaus ist fahrbar und unterscheidet sich nicht nur dadurch von all seinen Vorgängern, sondern auch durch die Computersteuerung von Temperatur, Belüftung, Luftfeuchte und Beschattung. Das Haus ist 13,2 m hoch, wiegt 54 Tonnen und umfasst einen Luftraum von 1864 Kubikmetern.

Im KamelienhausT1348Die Kamelie ist noch nicht lange in Europa bekannt. Sie stammt eigentlich aus Südost- und Ostasien, und von dort brachten im 17. Jahrhundert Kaufleute die Camelia japonica mit nach Europa. Der Pillnitzer Baumstrauch (auch so ein Wort von der Info-Tafel…) soll der schwedische Botaniker Karl Peter Thunberg (1743 – 1828) von seiner Japanreise 1779 mitgebracht haben, aber so genau weiß man das nicht. Thunberg brachte vier Kamelien mit in die Königlichen Botanischen Gärten Kew bei London. Eine blieb dort, die anderen drei kamen in die Gärten Herrenhausen bei Hannover, Schönbrunn bei Wien und Pillnitz. Wenn die Geschichte bis dahin stimmt, dann ist die Pillnitzer Kamelie die einzig überlebende; zwischen 1780 und 1790 kam sie an den Dresdner Hof.

KamelienAb 1801 sehen wir klarer: Da pflanzte der Hofgärtner Carl Adolf Terschek die Kamelie an ihren heutigen Standort. Von Anfang an wurde sie vor den Winterfrösten geschützt, zuerst mit Stroh- und Bastmatten, später durch Holzhäuser, die immer mühsam auf- und abgebaut werden mussten. Einmal, es war der 2. Januar 1905, brannte das Holzhaus lichterloh. Die Kamelie überstand den Brand, weil es bitterkalt war: Bei minus 20 Grad gefror das Löschwasser und schützte die Pflanze, die im Frühjahr wieder austrieb, als sei nichts gewesen.

So derbe geht man heute nicht mehr mit der sensiblen Seltenheit um. Die Temperatur ist computergeregelt, die gleiche Technik bewegt Lamellen und schützt die Kamelie vor zu viel Licht und Wärme. Und die Technik bewegt das Haus: Wenn es draußen warm genug ist, öffnen sich alle Tore und das Haus fährt dezent hinter die Kamelie…

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Ulrich van Stipriaan

Originalbeitrag STIPvisiten · 16. März 2003

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