„Just a curiosity: on your arrival date: 10/05 in Vieste will be holy day, in fact on 09/05 is holy day for Santa Maria di Merino (Vieste‘ patron Saint). So do not scare yourself because on about 12.00 in the night will hear fireworks !!!!“ Schrieb mir Anna vom Reisebüro, das die Anlaufadresse für unsere Ferienwohnung war, im Februar.
Als wir am 10. Mai in Vieste ankamen und die Vermieterin des Hauses anriefen, damit sie uns den Weg zeigen konnte, war sofort klar: Das muss ein wichtiges Fest sein, denn Signora und ihr Mann waren schon festlich gekleidet. Ihr Ziel war, gleich nach der Ankunft, auch unser Ziel: Das historische Zentrum von Vieste, dort die passegiata auf dem Corso Lorenzo Fazzini – das Schaulaufen der lokalen Schönheiten und der (im Mai noch nicht so zahlreichen) Touristengockel.
Wenn Italiener ein Kirchenfest oder einen Heiligen (respektive Maria als kirchliche Quotenfrau) feiern, gibt es ein ganz bestimmtes Setting: Ein paar Tage zuvor kommt ein Lastwagen mit drei, vier wohlgelaunten jungen Männern vorbei, die dann bunte Lichterbögen aufbauen. Also streng genommen sind es weiße Bögen, an denen bunte Lampen hängen. Nächtens sieht das wunderbar kitschig aus, aber für eine festliche Promenade unterm Lichterbogen muss das so sein.
Die Promenierenden machen sich hübsch, dass es nur so eine Art hat: Stöckelschuhe (die Frauen) und die edlen Braunen (die Männer), feinen Zwirn, frische Frisur, güldene Handtäschchen (Ladies only) – schlampert läuft man da besser nicht rum! Die Eisdielen (davon gibt es reichlich!) haben zusätzliche Stühle herausgestellt und Schülerinnen als Aushilfskräfte engagiert, die munter giggelnd ihre Nachbarn, Lehrer und zukünftigen Lover bedienen. Freundlicherweise gibt es in den Eisdielen auch Wein und, wenn man mehr als ein Glas bestellt, etwas zu knabbern.
Gleich nebenan kann man Pizza zum Mitnehmen erstehen, der Laden ist höchstens zehn Quadratmeter groß. Über dem Kühlschrank mit nur alkoholfreien Getränken lächelt Padre Pio milde auf den Trubel herunter, neben ihm kämpft einer vom Pferd aus mit irgendeinem Unbill, wahrscheinlich ein Drachen (das war damals so). Aber wer sieht da schon hin und kümmert sich um die jungen und alten Heiligen? Hier sind alle, trotz der Enge, gut drauf, und der Chef weist darauf hin, dass man doch bitte gerne die Stühle und Tische draußen nutzen könne. Die stehen (schließlich ist das kein Restaurant) nur während der Feierlichkeiten hier, werden aber gerne genommen. Nebenan spielt eine Band den üblichen Italoschmalz, der die Herzen bewegt und die Füße klammheimlich mitwippen lässt.
Auf dem Weg zur Felsspitze wird es ruhiger, an einem Tisch sitzen alte Männer am Straßenrand und plaudern, ohne auch nur ein Getränk vor sich zu haben: das sind Zuständigen des Kommitees für das nächste Fest. Die Altstadt, die sich auf dem Felssporn ins Meer streckt, ist an diesem Abend ruhig: Heute wird rund um den Corso gefeiert!
Um Mitternacht, hatte Anna geschrieben, soll es ein Feuerwerk geben! Das wollten wir von unserer Unterkunft aus ansehen, die bergan mit Blick auf Hafen und Altstadt praktischerweise mit einem begehbaren Flachdach ausgestattet war. Nahezu pünktlich um Mitternacht Londoner Zeit ging es dann auch los – ein wenig unspektakulär im Bereich des neuen Hafens, also nicht vor der klassisch-schönen Kulisse. Nach und nach steigerte sich das Feuerwerk zu einem ganz ansehnlichen pfffft und rmmmmms in rot und grün und gelb und weiß und manchmal auch in blau.
Ach, dachte ich und hob genießend das Glas, eigentlich könnte man doch als ankommender Tourist immer so begrüßt werden!
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