Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht. Es dauert etwas, bis die Fotos wieder hier erschienen – sorry.
„Auf der Orgel der Klosterkirche soll 1746 Wolfgang Amadeus Mozart gespielt haben.“ Wenn ich sowas in der Wikipedia (oder sonstwo) lese, bekomm ich die Hummeln: Mal abgesehen davon, dass – wie Käthe korrekt kommentiert – es den Mozart zu dem Datum noch gar nicht gab: Ist die Orgel stolz darauf? Sieht man es ihr an? Klingt sie seitdem beseelter?
Nichts von alledem, sie schwieg bei unserem Besuch im Kloster Strahov. Über den Dächern von Prag liegt das 1140-1143 gegründete Prämonstratenserkloster. Ein schon an sich sehenswertes Gebäudeensemble, aber ein absolutes Muss ist die Bibliothek. Es sind nur zwei Säle sowie der Gang vom einen zum anderen Eingang – aber man mag sich gar nicht satt sehen an der Bücherpracht inmitten der reich geschmückten Räumlichkeiten. Im 17. und 18. Jahrhundert legte man eben noch Wert auf ein bombastisches Ambiente!
Der „Theologische Saal“ der Bibliothek ist der Ursprung der Klosterbibliothek, doch seit 1790 stehen dort nur die theologischen Werke. Er wurde 1671-1679 gebaut und 1721 erweitert. Der „Philosophische Saal“ kam 1783–1790 hinzu, weil die Bände eines anderen (säkularisierten) Klosters dem Bestand hinzugefügt wurden. Beide Räume kann man nicht betreten, sondern nur durch die geöffnete Tür bewundern – aus konservatorischen Gründen nachvollziehbar ist das, und es tut dem beklemmenden Gefühl auch keinen Abbruch, dass einen überkommen kann angesichts der Frage: Ob sich in vierhundert Jahren einmal die Menschen Disketten und Festplatten und all die anderen temporär modischen Speichermedien ansehen werden, die wir heute nutzen?
Da muss man ja kulturpessimistisch werden! Floppydiscs in Sichtbetongemäuern vs. handgeschriebenem Strahover Evangeliar aus dem 9. Jahrhundert im fetten Ledereinband mit Schmuckbesatz – ach ja: The times, they are a-changing… Man verlässt also, obwohl man (hoffe ich doch!) nicht eins der Bücher angefasst hat, beschwingt die Bibliothek und betritt die Kirche. Als wir hereinkamen, wurde sie gerade als halbwegs warme Picknickstätte einer Gruppe fröhlicher Touristen missbraucht, was schon deswegen gemein war, weil auch ich gerne etwas Warmes zu trinken gehabt hätte. Die Orgel, auf der vielleicht Mozart schon mal gerne gespielt hätte, schwieg zu alledem…
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