Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand. An der Theke sitzt in sich versunken ein grauhaariges Mütterchen im rotweißkarierten Kleid mit weißer Kittelschürze – immer, denn es ist eine Puppe. Das war’s aber auch schon an Irritationen im Restaurant „An der Rennbahn“. Die anderen Plätze sind mit Menschen aus dem wirklichen Leben besetzt, die sich bei unseren beiden Besuchen aufs Angenehmste unterhalten – eine nette Atmosphäre…
…die ihre Fortsetzung findet in vielen anderen Dingen. Wir treffen auf eine superfreundliche und schnelle Bedienung, die (später, als es um den passenden offenen Wein zum Essen geht) sich kurz entschuldigt und die beiden zur Frage stehenden Flaschen bringt und uns probieren lässt. Wir bekommen ein Essen, das als „gutbürgerliche Küche“ (so steht’s auf dem Auto hinterm Haus) trefflich umschrieben ist: Es gibt reelle Kost zu vernünftigen Preisen – und manchmal auch eine Überraschung.
Für die Überraschungen in der Küche sorgt Ivan Arestov. Er ist hiesigen Restaurantgängern kein Unbekannter, denn er hat schon im Grumbacher „Julius Kost“ und in der Striesener „Kanzlei“ Akzente gesetzt. Jetzt kann man „An der Rennbahn“ die Koch-Einflüsse seiner russischen Heimat schmecken. Zum Beispiel bei der Soljanka, die bei unserem ersten Besuch der Herr am Nebentisch so dolle lobte, dass wir sie bei der zweiten Stipvisite im Restaurant selbst probierten und ebenfalls beglückt waren: gehaltvoll, fein säuerlich abgeschmeckt, beste Qualität der Zutaten. Die andere probierte Suppe, eine Kürbiscremesuppe, wies allein gelöffelt wenig Eigengeschmack auf, aber Dank reichlich gebratener Knoblauch-Salami hinterließ sie insgesamt doch einen positiven Eindruck.
Immer in der ersten Woche eines Monats ist seit Neuestem die „Russische Woche“ angesagt, weswegen wir zum Hauptgang in der Spezialkarte fündig wurden: Die „Spitzkohlröllchen mit Lammgehacktem“ sind als deftige Einmaligkeit in Erinnerung geblieben, dazu gab es Kartoffel-Kürbis-Puffer, die eine nette Idee sind, aber ein wenig krosser hätten sein können. Das „Stroganoff“ mit Gemüse-Reis ist (wie erwartet) eher ein normaler braver gut schmeckender Klassiker – eben gut und bürgerlich.
Die Portionen sind groß, aber am Nachbartisch haben sie alle ihre Teller leer gegessen. Wir sparten uns ein Loch im Magen – für köstliche Desserts. Alle mit Eis sind besonders zu empfehlen – denn das wird selbst gemacht, was man eindeutig herausschmeckt!
PS: Wenn wir wieder hingehen, werden wir sicher auch mal das Ostalgie-Menü aus der Speisekarte von 1984 probieren. Da hatte Familie Bolz das Haus übernommen – und es erfolgreich über die Wende geführt. Anlässlich des 25jährigen Jubiläums steht nun Eierflockensuppe, Leberscheiben vom Schwein mit gebratenen Zwiebeln und Kartoffelbrei sowie als Dessert Ananaskompott mit Sahnetupfer auf der Karte. Für 6,85 M (zu zahlen allerdings 1:1 in Euro).
Hotel und Restaurant „An der Rennbahn“
Winterbergstraße 96, 01237 Dresden
Tel.: 0351/ 212500
http://www.hotel-an-der-rennbahn-dresden.de
geöffnet: täglich ab 11.30 Uhr
[Besucht am 15.10. & 5.11. 2009 | Beitrag zuerst erschienen am 12. November 2009 in PluSZ, Beilage zur Sächsischen Zeitung]
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