Hotelrestaurants haben nicht immer einen guten Ruf, zu oft bekommt der Gast da Beliebiges serviert und hat daher den meist auch eher ungemütlichen Ort außer zum Frühstück zu meiden gelernt. Andererseits befinden sich die besten Restaurants der Republik ausnahmslos in Hotels – mal sehen, welchem der beiden Extreme sich der Wintergarten im Hotel Maritim hingezogen fühlt.
Wer in den Wintergarten will, muss sich erst einmal durch den halben Erlweinspeicher mühen, durch das Foyer mit seiner beeindruckenden Höhe und dann durch den für Frühstück und große Gesellschaften vorgesehenen Teil des Hotelrestaurants: EIn belastender Gang. Hotelarchitekten werden es wohl nie lernen, dass auch große Hotels für ihre kleinen feinen Restaurants einen separaten Eingang benötigen.
Der Wintergarten liegt ganz am Ende, einige Stufen über dem Rest des Restaurants. Den Pianospieler, der weiter unten spielt, hört man natürlich dennoch – und man fragt sich, ob das ein Gewinn ist ob des Repertoires aus den 60ern und 70ern (Roy Black wird auch in der Flügelversion nicht besser!). Doch irgendwann hört man drüber weg und widmet sich der Karte. Schon beim Lesen merkt man, dass der Koch einerseits eine Vorliebe für herzhaft-süße-Kombinationen hegt und andererseits gerne exotisch würzt. Wir lassen uns drauf ein und werden, was die Geschmacksnerven anbelangt, nicht enttäuscht.
„Winterlich gebeizter Lachs mit Schokolade, Chili und Linsen“ war ein vergnüglicher Auftakt des Erlweinmenüs, wobei die Chili-Schoko-Lachs-Kombination in bester Erinnerung blieb. Die Suppe zum Menü greift alte regionale Hausmannskost auf und verfremdet angenehm: Steckrübensupppe (köstlich mit Sahne aufgeschlagen) mit Birne und scharfer Chorizo – so hätten es unsere Altvorderen auch gerne mal gegessen! Weniger Zufriedenheit beim Gegenüber: Der „Winterliche Gewürzsud mit Süßkartoffel, Granatapfel, Koriander und Jacobsmuschel“ war leider nicht mal lauwarm, und falls die Idee war, die Süßkartoffel im heißen Sud ein wenig nachgaren zu lassen, so scheiterte das auch an der Temperatur. Schade, denn die Geschmacksnerven jubilierten bei der Kombination, die bei uns intern unter „Jacobsmuschel im Yogitee“ lief.
Wir reklamierten beim übrigens nicht nur an unserem Tisch hervorragend verbindlichen, schnellen und freundlichen Kellner und wurden versichert, dass er es der Küche sagen würde. Zum Ausgleich avisierte er uns schon mal einen Espresso auf Kosten des Hauses.
„Lamm mit Salsiccia, Aubergine, Zucchini, Tomate, Pesto und Oliven“ aus dem Erlweinmenü waren perfekt fürs Auge wie für den Gaumen – sogar die Temperatur stimmte! Anders wieder beim Gegenüber: prima rosa gebratenen Entenbrust mit Wirsing, der nahezu Rohkostqualität aufwies was Temperatur und Garpunkt anbelangt. Darunter litt dann auch der Rest (Bananen, Kokos, Rosinen) sowie der ebenfalls handkühle Quark-Mohn-Knödel. Er wisse auch nicht, sinnierte unser Lieblingskellner, was los sei. Wir einigten uns auf den schönen Begriff „Hollebolle in der Küche“ und nahmen sein Angebot an, noch ein Dessert auf Kosten des Hauses bringen zu dürfen? Die Käsevariation kam so kalt wie wir sie erwartet hatten!
Eine lustige Angelegenheit war das Dessert aus dem Menü: „Dresdner Stollen Dessert in vier Phasen“ mit blauer Zuckerwatte obenauf und drei süßen Schichten drunter in einem Glas erinnerte an Stollenteignascherei – fehlte nur der Stollenlikör dazu!
Womit wir bei den Weinen wären: Auf der Karte stehen erfreulich viele offene und, für die etwas gehobenere Qualität, auch autofahrerfreundliche halbe Flaschen. Dazu ein umfangreiches Angebot an Flaschenweinen aus Deutschland und der Welt – keine Spitzenweine, aber ordentliche Qualität mit verträglichen Preisen.
Wintergarten
im Hotel Maritim
Devrientstr.10/12
01067 Dresden
Tel.: 0351/2160
http://www.dresden-congresscenter.de/de/maritim-hotel/gastronomie/restaurant-wintergarten
Geöffnet: täglich 18 – 22.30 Uhr
[Beitrag erschienen am 26. November 2009 in PluSZ, Beilage zur Sächsischen Zeitung]
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