Die älteste Insel des Liparischen Archipels ist auch die kleinste: Panarea. Man könnte ja nun sagen: Alter Stein, wie schön – aber was soll’s? Darauf gibt es eine begehbare Antwort: Die Landzunge der Punta Milazzese ist ein Ort, an dem schon vor etwa dreieinhalbtausend Jahren Menschen gelebt haben. Das mag ja schon erstaunlich sein, vielleicht auch schwer vorstellbar – ist ja ein ganz schönes Stück Zeit. Aber noch verwunderlicher ist, dass das prähistorische Dorf von der Punta Milazzese erst vor sehr überschaubarer Zeit entdeckt wurde: Luigi Bernabò Brea, ein bekannter Archäologe und Namensgeber des Museums auf Lipari, hat 1947 bis 1950 auf Panarea geforscht und ist fündig geworden.
Der Ort war unter dem Gesichtspunkt optimaler Verteidigung hervorragend gewählt: nur ein schmaler Isthmus verbindet die Punta Milazzese mit der Restinsel – und die Ebene fällt rund 50 Meter steil ab ins Meer. So war die Landzunge leicht zu verteidigen – aber wenn man sich die Reste der 23 gefundenen Hütten ansieht, dann fragt man sich schon, warum die sich da so eng zusammenfanden. Gefroren werden sie doch nicht haben? Und ob’s Bäume gab, damals, um Schatten zu spenden? Das sind so Fragen, die wohl schwer zu beantworten sind. Leichter sind andere Beobachtungen zu deuten: „Die Tatsache, dass Töpfe und andere Gegenstände in situ in vielen der Hütten gefunden wurden, zeigt, dass das Dorf die gleiche gewaltsame Zerstörung erlitt, die während dieser Zeit für alle Äolischen Siedlungen festgestellt worden ist“, lesen wir auf der Panarea-Seite des Forschers.
Die Eroberer des 21. Jahrhunderts sind Touristen, und die sind offensichtlich sehr willkommen: Es gibt einen gepflasterten Weg, es gibt Infotafeln – und es gibt unten in der Bucht einen regen Bootsverkehr, denn baden kann man hier ganz vorzüglich. Für die, die mit dem Boot kommen, bietet die Cala Junco vorzügliche Bedingungen. Wer per Pedes unterwegs ist, kann da zwar auch hinunterstapfen, ist aber an der sandigen Spiagetta dei Zimmari bestens aufgehoben (die natürlich auch von Seglern und anderen Booten angefahren wird). Dieses Mal gab’s erfreulicherweise auch keine Quallen, das hatten wir schon anders erlebt.
Das Ristorante Zimmari am Anfang der Bucht lädt zum Wein ein. Und während das Essen wie überall auf Panarea ein wenig teurer ist als auf den anderen Inseln, konnten wir beim Aperitivo nicht meckern: Es gab zum schön frischen und kühlen Weißwein ein Schälchen Pistazien, eine treffliche Aussicht auf Badebucht und Geschichtsfelsen – und das alles für akzeptable 10 Euro.
Der Weg zurück zum Hafen ist ein schöner Spaziergang. Die Häuser von Panarea sind schnieke, alle offensichtlich jährlich mindestens einmal geweißt. Vom Hauptweg führen hin und wieder Stichstraßen zum Meer: unbedingt mal reingehen und die Aussicht genießen! Die Kirche von San Pietro wurde 1681 errichtet und seitdem mehrfach umgebaut. Sie ist immer einen Besuch wert – innen gegebenenfalls aus profanen Gründen, weil es so angenehm kühl dort ist und außen, weil man mal wieder diese schon mehrfach erwähnten einzigartigen Blicke genießen kann. (Merke: immer wieder und einzigartig schließen sich offensichtlich nicht aus!) Man möchte bis zum Sonnenuntergang bleiben – wenn das Boot nicht wieder zurück fahren würde. Also machen wir, was alle machen: Richtung Hafen gehen und dort eine der vorhandenen Bars aufsuchen, bis das Aliscafo sich nähert.
Unsere Wahl fiel auf die Bar da Carola. Die ist unter anderem bekannt für ihre Granite, die sich durch zwei Dinge auszeichnen: sie sollen vorzüglich schmecken und sie sind mit bis zu fünf Euro doppelt so teuer wie die extrem guten granite bei Alfredo auf der Nachbarinsel Salina. Aber die muss man ja nicht nehmen – wir entschieden uns für eine neue Runde aperitivo. Zu den beiden Weißweinen (Donna Fugata bianco) kamen hier ein Keramikschälchen mit Chips und ein Teller mit fünf bruschette. So einen Service lob‘ ich mir – und mit zehn Euro wahrlich nicht überbezahlt.
Das Boot kam (ich bin geneigt zu schreiben: natürlich, denn so spät abends im letzten Turn haben wir es nie pünktlich anknattern hören auf Salina) zu spät. Eigentlich eine gute Idee, denn so ist noch Zeit zum Abschied nehmen. Ein Blick gen Stromboli, der in der Abendsonne den Nebel fast abgestreift hat, dafür aber deutlich Rauchsignale gen Himmel schickt.
Außerdem warten wir ja nicht allein: Die piazza wird zum Wohnzimmer. Die Elektro-Taxen stehen zu dritt nebeneinander und blockieren die Straße, was keinen stört, denn wer will schon hin, wer will schon weg – solange das Aliscafo nicht da ist? Vor der Enoteca Tesoriero sitzen die Männer auf der Treppe. Sie haben sich viel zu erzählen, es war ja ein langer Tag…
(Teil 1 der Wanderung)
Sehr schöner Artikel, der einen direkt nach Milazzese bringt 🙂 Das ist die Lebenseinstellung, von der ich träume. Einfach auf der piazza chillen und das Leben genießen ^^