Farbenprächtig

Besuch im Ven im Rahmen der Kochsternstunden

VEN

Essen kann manchmal ganz schön bunt aussehen. Bewusst gemacht und geschickt arrangiert ist das für die Kategorie Das Auge isst mit manchmal ja durchaus gewollt. Im Restaurant VEN haben es die Designer jedoch ein wenig arg getrieben: keine 50 shades of grey, aber etliche Schattierungen von lila werfen ihr Licht auf Speisen und Getränke. Gewöhnungsbedürftig ist das, aber so kritisch wie die Kamera ist der Mensch nicht: Auge und Hirn arbeiten da ganz toll zusammen und filtern sich das Essen korrekt zurecht. Nur den Wein sollte man nicht gegen das Licht halten!

Wir waren dort, um den neuen Stil des Hauses zu probieren: Tradition trifft Moderne – Sächsische Traditionen … neu interpretiert lautet die Devise vom neuen Chefkoch Sten Fiedler, die es im Rahmen der Kochsternstunden als 4-Gänge-Menü (46 €, inkl. Weinbegleitung 67 €) bzw. als 3-Gänge-Menü ohne Forelle (35 € / 51 €) gab.

Mit dem neuen Chef in der Küche kehrt ein wenig vom alten Glanz zurück ins Restaurant: Fiedler war Souschef bei Christoph Mezger, den es nach München verschlagen hat (und der dort im Tian dem Vernehmen nach eine grandiose vegetarische/vegane Küche anbietet – da müssen wir mal hin!).

Unverändert vom setting geht es los im VEN: Brot in der glänzenden (und lila reflektierenden!) Schüssel, Salz und Aufstrich in drei Schälchen auf knorrigem Geäst. Das Brot ist schlicht sensationell: Kruste außen, fluffig innen und würzig – das kann man auch so mumpeln. Was danach kommt, ist aber durch die Bank auch trefflich, es ist farbenprächtig komponiert, ansprechend arrangiert und – dies vor allem – alles mit fein herausgekitzeltem Eigengeschmack.

Hinter „Sächsische Brotzeit“ verbargen sich Gewürzbrot mit körnigem Frischkäse und Kräutern, eingelegtes junges Gemüse, Kirschtomate und Wachtelei. Fast schon ein wenig zu viel für einen Starter, aber aus der Rückschau dann doch noch gut, weil alles zusammen genau einen Magen voll ergab. Dazu tranken wir – einen Goldriesling! Wir sind ja eigentlich eher so die Skeptiker bei dieser Rebe und dem, was daraus wird, machen aber gerne ein oder zwei Ausnahmen: der von Tim Strasser und der von Schloss Proschwitz (2013 probiert, letzter Absatz hinterm Link!). Wir bekamen den ganzen Abend Proschwitz-Weine zum Essen, was ja nicht die schlechteste Idee ist – also auch den Goldriesling des Prinzen. Jahrgang 2013, und der war: nett. Zur Brotzeit passend, aber nicht umwerfend.

Grüne Zeiten standen uns für die kommenden beiden Gänge bevor: ein Regiefehler in der Optik, nicht im Geschmack. „Forelle Müllerin – Interpretation“ nennt sich die Kombination aus Moritzburger Forellenfilet in Nussbutter konfiert, mit Petersilienpüree, Kartoffelespuma, Zitronengel und frittierter Petersilie. Espuma und Pürree, von der Forelle das Filet – ein seniorengerechter Gang ohne Biss. Dazu schlürften wir die 2012er Cuvée „VEN Restaurant & Bar“ vom VDP-Weingut Schloss Proschwitz, in der sich Weißburgunder und Müller Thurgau zum geschmacklichen Hochgenuss zusammen gefunden haben. 

Die aufregendste Decollage erlebte wir beim Gang, der da „Unser Würzfleisch –VEN 2015“ heißt und Kalbsfilet mit Käsekruste, Deutscher Soße und Worcestergel, Erbse: Püree & Schote, Estragon-Champignons auf dem Teller vereint – genau so getrennt identifizier- und schmeckbar. Der erbsengrüne Pürreespiegel bot einen tollen Kontrast zum rosaroten Kalb, das durch die Käsekruste herzhaften Geschmack bekam. Der Proschwitz zum Kalb: ein 2013er Blanc de Blanc.

„Gaffee un Guchn“ zum Nachtisch mit richtigem Hotelkaffee und einer Dessert-Interpretation sächsischer Kaffeekultur klang bemüht sächsisch, schmeckte aber Sachsen wie Nicht-Sachsen am Tisch – und alles ist gut…

VEN restaurant & bar
INNSIDE by Meliá Dresden
Rampische Straße 9 | 01067 Dresden

Tel. 0351.795151021
www.ven-dresden.de

Öffnungszeiten:
Mo – Sa 18-22 Uhr

[Besucht am 23. März 2015 im Rahmen der Kochsternstunden | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

 

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