Jungweinprobe Sachsen Saale-Unstrut

Christin Lustik

Jungweinproben sind das neue Primeur-Süffeln. Irgendwie sehr gehypt, wider besseren Wissens (Genuss geht anders) mitgemacht – aber dann doch irgendwie aufschlussreich. Jung, jünger, am jüngsten – die meisten Weine des Jahrgangs 2012 können noch nicht mal krabbeln und werden dennoch auf große Fahrt geschickt. Winzer, die was auf sich halten, wissen: Mancher Wein gehört noch nicht auf Flaschen gezogen, und wenn er da (es gibt ja manchmal auch Sachzwänge) dennoch schon sein sollte, sollte er auch erst mal drin bleiben, in der Flasche. Aber sich ganz dem Hype entziehen mag sich kaum einer.

Erlwein-Capitol Wir auch nicht. Deswegen besuchten wir am Freitag das Mega-Ereignis in Sachen Jungweinproben hierzulande: Knapp 200 Weine (und Sekte) wurden bei der 23. gemeinsamen Jungweinprobe der Anbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut im Dresdner Erlwein-Capitol vorgestellt. Das ist, den Nicht-DresdnerInnen sei’s gesagt, eins der chic restaurierten Gebäude im Gelände des ehemaligen Schlachthofs. Der Herr Hans Erlwein, nachdem das Gebäude benannt ist, war Stadtbaumeister in Dresden und Architekt des Ensembles. Nun ist der ehemalige Schlachthof Ort der Messe Dresden und Platz für Events.

Grüner Wein? Und genau das ist so eine Jungweinprobe auch: Event. Also läuft (nicht schlimm) klassische Musik im Hintergrund, also gibt es (auch nicht schlimm) eine Bühne mit schönen Weinbergsbildern und hin und wieder Reden mit und ohne Weinhoheiten (die – wie die Sächsische Weinprinzessin Christin Lustik oben auf dem Bild – aber auch interessiert probierten). Aber es gibt auch viel farbiges Licht. Grüner Wein in einer ganz wörtlichen Bedeutung – naja.

Gusseks Blanc de Noirs Die Weine waren: Nicht verblüffend. Will heißen: Es gab keine wirklichen Überraschungen. Noch anders ausgedrückt: Die Weine der Guten sind auch in diesem Jahr wieder gut (die Vier vom VDP – Zimmerling, Proschwitz, Lützkendorf, Pawis – sowieso, aber auch etliche aus der 2. Reihe – dazu gleich mehr), die anderen sind so wie sie immer waren. Entdeckungen gab’s dennoch – persönliche zumeist. Zum Beispiel die Weine vom Winzerhof Gussek (Naumburg, Saale) – der im Eichenfass gereifte 2012 Blanc de Noirs ging runter wie Öl.

Felix Hößelbarth, Matthias Hey Nachdem wir einige Weine vom Weingut Hey probiert hatten, war es dann schon nett, Matthias Hey auch vor Ort zu treffen. Er stand zusammen mit Felix Hößelbarth, dem Leiter Weinbau / Kellerwirtschaft des Weinguts Hoflößnitz – und beide fachsimpelten. Sie kennen sich, weil sie zusammen in Geisenheim studiert haben und nun, jeder auf seine Weise, Spuren in der Weinbauregion hinterlassen. Man sollte mal ihre Weine gegeneinander probieren! Und wir sollten die Gegend an Saale und Unstrut unter vinophilen Aspekten demnächst näher erforschen!

weiss-grau-schwarz Klaus Zimmerling, der seine 2012er alle noch im Fass hat und „frühestens im Juni – frühestens!“ den vergangenen Jahrgang in Flaschen zeigen will, stellte zwei 2011er an, Martin Schwarz landete mit seinem 2011 Weißburgunder-Grauburgunder den Knaller schlechthin. Bei etlichen anderen Winzern kamen die 2012er aus dem Fass (Lützkendorf, Winzer Lutz Müller, Tim Strasser zum Teil) – und das ist dann natürlich für die Nicht-Superprofis unter den Besuchern schon eine Herausforderung, das Potential dieser Weine richtig zu erkennen.

Goldriesling Die Weine standen nach Rebsorten gegliedert, so dass man schön die unterschiedliche Herangehensweisen vergleichen konnte. Ein Weißburgunder vom Gut Pesterwitz hat’s dann naturgemäß sehr sehr schwer, wenn er direkt neben dem vom Weingut Schloss Proschwitz steht. Tapfer probierten wir uns durch die Goldrieslinge, die in diesem Jahr besonders gepuscht werden: Seit hundert Jahren gibt’s diese Rebe in Sachsen, und nicht wenige Kenner sagen: Das hat schon seine Gründe, dass man andernorts sehr gerne darauf verzichtet. Die Sachsen aber setzen auf den leichten Sommerwein, weil er pflegeleicht ist: 23 ha davon gab’s im Jahrgang 2012, fast doppelt so viel wie noch 2006. Das Alleinstellungsmerkmal zieht und rechtfertigt in der Marktwirtschaft hohe Preise. Dass das keineswegs alles Gold ist und schon überhaupt kein besserer Riesling: Das können die Touris ja durch Probieren selbst erfahren. Und die von Tim Strasser (Rothes Gut) und Prinz zur Lippe (Schloss Proschwitz) hatten sogar was – wenn man sich die Sonne und den Blick auf die Elbe dazu dachte…

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