Eigentlich ist es ja nicht unsere Art, ganz kurz nach der Eröffnung eines Restaurants dort essen zu gehen, um anschließend drüber zu schreiben. Man sollte den Leuten in Küche und Service Zeit geben, sich mit dem Neuen anzufreunden. Nun waren wir aber sogar in einem Restaurant, das eigentlich noch gar nicht wirklich geöffnet hat, sondern (seit einer Woche erst) im Probebetrieb läuft. Und es war so, dass man zwar mit dem Schreiben warten könnte – aber warum? Es war doch alles prächtig, das Fleisch (das im Estancia Beef Club selbstredend eine Hauptrolle spielt) vom Vorzüglichsten, der Service frisch und freundlich, auskunftfreudig und charmant – wenn das der Probelauf ist, freuen wir uns sehr auf den Regelbetrieb.
Wer beim Restaurantnamen zuckt und denkt: Estancia, da war doch was? – der (oder die, es soll ja durchaus Frauen geben, die sich an Steak nicht satt genug essen können) liegt richtig. Steffen Zuber, der bei unserem Besuch im Beef Club unermüdlich von Tisch zu Tisch groovte, um mit den Gästen Small Talk zu plaudern und/oder Aufklärungsarbeit in Sachen Fleisch und Wein zu leisten, betreibt schon seit Jahren das Estancia im Artushof (Striesen) – und hat sich für das neue Restaurant vorgenommen, das Niveau auf allen Ebenen hochzuheben: Qualität, Geschmack, Service. Leicht ist das nicht, da wir ja (bis auf die Beleuchtung und die Einrichtung) im Estancia recht zufrieden waren. Aber es scheint zu klappen.
Der erste Eindruck, also der allererste, ist eher befremdlich: das Restaurant befindet sich in einem Haus, das beim Wettbewerb um hässliche Zweckbauten durchaus Chancen auf einen der vorderen Plätze hätte. Es kann also nur noch besser werden, und hinter der beigen Fassade mit den Plastefenstern fühlten wir uns dann gleich besser. Was nicht nur an der Beleuchtung lag, die uns schon deutlich mehr entgegen kam. Schöne Lampen, wie überhaupt sehr gediegenes Interieur erwartet die maximal 55 Gäste. Wir kamen unangemeldet und hatten Glück, den letzten freien Tisch zu bekommen – alle anderen waren besetzt oder reserviert. Lerne: Auch in der Voreröffnungsphase besser vorher mal kurz anrufen!
Wenn es nicht nur an der Beleuchtung lag, woran denn dann noch? Na, an den Menschen! Der Chef kam aktiv auf uns zu und übergab uns nach ersten freundlichen warmen Worten unserer Bedienung, die sich fortan vorbildlich um uns kümmerte: nicht aufdringlich, aber dennoch stets präsent. Sie erklärte die Fleischsorten, sie gab Empfehlungen – und, was wir ihr besonders hoch anrechneten: sie verwies auf den Kollegen (bzw. auf ihren Chef), als die Fragen zum Wein heftiger wurden. „Wir haben ja gerade erst aufgemacht und ich weiß noch nicht alles – da hole ich Ihnen lieber jemand, der sich wirklich auskennt!“ sagte sie sinngemäß. Respekt, das muss man erst mal draufhaben – die meisten hätten doch lieber irgendwas Belangloses geredet statt so ehrlich zu sein.
Das Fleisch für die Steaks kommt aus Argentinien, Australien, den USA und Irland. Rumpsteak und Filet gibt’s auch in klein (180 g), ansonsten sind 250 g und 400 g die gängigen Größen. XXL gibt es RibEye Steaks (550g) und das Tomahawk Rib on Bone (ca ein Kilo, Knochen inklusive). Die Preise bewegen sich zwischen 18 und 85 Euro, ja nach Qualität und Größe. Wir hatten ein Rumpsteak (22 €) und ein Rib Eye Dry Aged aus Irland (29 €) – beide in der 250-g-Variante und mit dazu gehörigem Salat. Die Jungs am Grill scheinen sehr genau zu wissen, was sie tun, denn wir erhielten, wie bestellt, unser Fleisch medium rare. Zusätzlich hatten wir etwas Kräuterbutter (2 €) und Pimientos de Padrón (5 €) bestellt – vor allem die Pimientos erhalten hiermit eine ausdrückliche lobende Erwähnung, weil wir die außerhalb Spaniens schon häufig sehr niewiederhabenwollend bekommen haben. Und das Fleisch? Na: super! Vorzüglichste Qualität, feiner Geschmack, einmal vom Fleisch selbst und dann auch vom Holzkohlegrill. Das schiere Essvergnügen!
Bei den Weinen sind wir übrigens, nach einigem Probieren von argentinischen Weinen, bei einem Italiener gelandet – weil wir ja eigentlich gar nicht testen wollten, sondern nur einen schönen Abend genießen. Und da waren uns die Malbecs zu vanillig (auch Dieter Meiers Puro, der uns im Estancia so gefallen hatte, kam an diesem Tag bei uns nicht so gut an) und die Cabernet Sauvignons nicht rund genug. Insgesamt aber bietet die Karte schon eine eher überdurchschnittliche Auswahl – mal sehen, was uns beim nächsten Besuch gefällt…
PS: Weil wir das ja nach schwärmerisch positiven Berichten immer mal wieder gefragt werden: Nein, vom Chef bis zur Bedienung kannte uns keiner, wir waren ganz normale Gäste und zahlten auch brav das, was wir gegessen und getrunken haben. Wer mehr Grundsätzliches dazu lesen will: bitte (mit weiterführendem Link am Ende).
Estancia Beef Club
Bautzner Str. 93 / Ecke Forststr. 1
01099 Dresden
Tel. +49 351 / 81157899
www.estancia-dresden.de
Öffnungszeiten
Mo-Fr 12 – 15 und 17 – 00 Uhr
Sa 17 – 00 Uhr
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